Handwerk in Swisttal Annika Schröder restauriert in Heimerzheim alte Holzobjekte

Swisttal-Heimerzheim · Nachdem die Flut einen großen Teil ihres Materials und ihres Werkzeugs zerstört hatte, hat Annika Schröder ihre Werkstatt im Heimerzheimer Ortskern wieder eröffnet. Sie restauriert altes oder beschädigtes Holz. Und derzeit ein ganz besonderes Kreuz.

 Annika Schröder in ihrer Werkstatt an der Vorgebirgsstraße in Heimerzheim. Hinten links an der Wand ist das Wegkreuz "Arma-Christi" aus Brühl zu sehen.

Annika Schröder in ihrer Werkstatt an der Vorgebirgsstraße in Heimerzheim. Hinten links an der Wand ist das Wegkreuz "Arma-Christi" aus Brühl zu sehen.

Foto: Stephan Faber

In der Werkstatt riecht es nach Holz. Und nach Leim. An den Wänden hängt Werkzeug in allen Größen und Formen. Auf Arbeitsplatten liegen oder stehen die Objekte, die Annika Schröder restauriert: Holzmöbel, ein altes Wegekreuz, sakrale Kunst aus Holz. Im März hat die 39-Jährige ihr Geschäft an der Vorgebirgsstraße in Heimerzheim, das stark von der Flut betroffen war, wiedereröffnet.

Moritz Weber, Goldschmiede- und Uhrmachermeister, dessen Geschäft gleich nebenan liegt, hatte Annika Schröder aus Brühl an die Swist gelockt. Die staatlich geprüfte Restauratorin für Holzobjekte eröffnete ihr Geschäft am 1. Dezember 2020. Sieben Monate später kam die Flut und zerstörte das Materiallager im Keller und die Werkstatt im Erdgeschoss. „Auf 1,70 Meter Höhe stand das Wasser hier im Laden“, erzählt die Brühlerin ganz ruhig und gefasst.

Feuerwehr musste Apothekerschrank zersägen

Vor der Flut hatte die Stadt Brühl noch das 1740 errichtete Wegekreuz „Arma Christi“ bei Schröder zur Wiederaufarbeitung gegeben. „Erstaunlicherweise hat dieses Objekt weniger durch die Flut vom Juli 2021 gelitten als der eigene 100 Jahre alte Apothekerschrank im Eingangsbereich des Geschäfts, der so verzogen und beschädigt war, dass die Heimerzheimer Feuerwehr ihn später nur noch zersägen konnte, so Schröder.

Für alle Betroffenen, die Sorge um ihre hölzernen Familienerbstücke hatten, stellte Schröder eine „Erste Hilfe für Holzobjekte“ zusammen, die folgende drei Punkte umfasste: sofort vom Schlamm befreien; mit Spanngurten direkt wieder in die ursprüngliche Form ziehen, damit der wasserlösliche Leim in den Verbindungsstellen bleibt; an einem trockenen, schattigen und gutdurchlüfteten Ort lagern, keinesfalls in Räumen mit Trocknungsgeräten.

Arbeit fast wie Meditation

Die Ereignisse aus dem Sommer 2021 haben die junge Handwerkerin aber nicht aus der Spur gebracht. Am 1. März 2022 hat sie mithilfe von vielen Kollegen, die mit Sachspenden wie neuen Hobeln und Werkzeugen halfen, ihre Werkstatt wiedereröffnet. Dabei hat wahrscheinlich auch ihr Arbeitsstil geholfen, die nötige Ruhe zu bewahren.

„Wenn ich arbeite, ist das fast wie eine Meditation. Ich muss dabei alles andere ausblenden, damit ich mich vollkommen auf meine Arbeit am Objekt konzentrieren kann“, fasst Schröder ihr Handwerk zusammen. „Mir muss es gelingen, den Stil des Holzgegenstandes zu erfassen und dann zu kopieren.“ Dafür werden ihr in Zukunft allerdings zunächst noch einige Materialien fehlen, denn nicht alles ist so schnell zu ersetzen. „Ich hatte zum Beispiel Pyramiden-Mahagoni auf Lager. Das braucht man insbesondere für Stücke aus der Biedermeier-Zeit um 1840.“

Mit Pinzette und Hammer

Ihr Studium zur Restauratorin absolvierte die gelernte Schreinerin von 2006 bis 2009 am Goering-Institut in München. Dabei standen sowohl theoretische Ausbildungsinhalte von Kunstgeschichte bis Chemie als auch praktische Fähigkeiten auf dem Studienplan. „Ob mit Wattestäbchen und Pinzette oder Hammer und Stecheisen, alles kommt zum Einsatz, um Schrank, Stuhl, Tisch oder Kommode wiederherzustellen“, erzählt sie.

Noch bis zum Frühsommer 2023 wird Schröder voraussichtlich im Auftrag der Stadt Brühl am Arma-Christi-Kreuz von 1740 arbeiten. Es stand an der Alten Bonnstraße in Brühl und soll dort nach der Restaurierung auch wieder seinen Platz finden. „Es war in einem desolaten Zustand, weil es in der Vergangenheit durch falsche Hände gegangen war“, sagt Schröder. Deshalb gestalte sich die Restaurierung auch so aufwendig und langwierig. Einige hundert Stunden Arbeit hat sie bereits in die Arbeit am Kreuz investiert.

Analyse der Farbpigmente

Zunächst musste sie die Originalsubstanz herausfinden: Eichenholz. Dann galt es, das teils morsche Kreuz zu festigen. Dies geschieht dadurch, dass Schröder die Fehlstellen durch Eichenholz ergänzt. Die neue Substanz wird mit Knochenleim mit der Originalsubstanz verleimt. Zuvor entfernt Schröder alle aufs Originalholz aufgetragenen Farbschichten. Nach der Analyse der Farbpigmente wusste sie, dass das Original-Kreuz weiße, graue und englisch-rote Farbtöne aufwies. Der Kelch und die Inschrift „INRI“ waren vergoldet. Diese Farben wird sie auch wieder auftragen.

Mit einem Steinmetz wird sie am Schluss der Restaurierung daran arbeiten, dass das Kreuz auch wieder sicher steht, und zwar auf einem steinernen Sockel. Annika Schröder: „Man kann das Kreuz retten. Es kann auch noch 100 oder 200 Jahren erhalten werden. Voraussetzung ist aber eine fachgerechte Wartung.“

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