Morenhovener Kabaretttage Hilde Kappes und Erwin Grosche machen Kabarett in Morenhoven

Swisttal-Morenhoven · Sprache ist Musik, Musik ist Sprache: Die Kabarettisten und Sprachkünstler Hilde Kappes und Erwin Grosche gastieren während der Morenhovener Kabaretttage.

Mainstream war ihrer beider Sache nie. Und überhaupt: Künstler wie Hilde Kappes aus Bernkastel-Kues und Erwin Grosche aus Paderborn möchten wir uns doch auch gar nicht mit Headset auf einer Stadionbühne vor irgendwas um die 70.0000 Zuschauern vorstellen. Wo eine Nuance zwischen zwei Tönen oder eine erhobene Augenbraue Akzente setzen, soll das auch genau so zu hören und zu sehen sein. Und nach nunmehr drei Auftritten der virtuosen Lautmalerin und des Poeten unter den Kabarettisten lässt sich mit Fug und Recht sagen: Hier haben sich Künstler, Bühne und Publikum gefunden.

Sprache ist Musik, Musik ist Sprache: So oder ähnlich könnte man sich dem nähern, was Hilde Kappes' unverwechselbar eigene Note angeht. Die Stimme ist – die Oktaven rauf und runter – ihr Instrument schlechthin, dem sie mal einen indischen, dann einen polynesischen oder russischen Klang verleiht und damit den dazu passenden Landschaften im Kopf ihren Raum gibt. Sie lässt uns am Streit eines japanischen Ehepaares teilhaben, spielt mit Elementen des Jazz, mit Plastikflaschen und Kanalrohren, singt Georg Kreislers Moritat „Der Novak lässt mich nicht verkommen“ und dazu ein „Ave Maria“.

Genau zuzuhören lohnt sich ebenso bei Erwin Grosche, der vor 25 Jahren sein Debüt bei den Morenhovener Kabaretttagen gab und schon zum zehnten Mal dort zu Gast war. Ein Abend mit ihm hinterlässt mit Sicherheit keine hässlichen blauen Flecken auf den Oberschenkeln. Nein, so einer ist er nicht. Vielmehr jemand für die leisen hintergründigen Töne: skurril, mit feiner Ironie. Einer, der sich über Dinge wundern kann, die andere unbeachtet links und rechts liegen und sich somit auch manches Vergnügen entgehen lassen.

Abstand tut gut

Kenner – und das sind bei zehn Auftritten nicht eben wenige – wissen Grosches „Kurzszenen voller Anmut und Lebensfreude“ zu schätzen und wissen mit ihm, dass ein wenig Abstand im Allgemeinen Mensch und Natur gleichermaßen gut tut. Den Blick gen Himmel und anschließend auf den Boden der Tatsachen, denn „kurze Strecken gehen Vögel auch zu Fuß.“ Wer Grosche zuhört, weiß, dass er sich manchmal einen Indianer an seine Seite wünscht, der all das sagt und tut, wozu er und unsereins ganz einfach viel zu gut erzogen sind.

Etwa für ein unverblümtes Eheversprechen wie dieses: „Schatz, wir bleiben so lange zusammen, bis wir uns lieben.“ Oder Betrachtungen zu teilweise ganz unterschiedlichen Talenten: „Es gibt die, die ein Klavier tragen und die, die es spielen können.“ Es gibt aber auch die unerwarteten Triumphe des Alltags, wenn man im ablaufenden Spülwasser noch schnell Tasse und Unterteller sauber macht.

Ein Wettlauf gegen die Zeit sind Grosches Programme zum Glück nicht, sondern vielmehr begleitet von einem feinsinnigen Lächeln. Wer seine Art mag, der mag sie bald sehr. Und fragt sich dabei vielleicht, ob, wie und wo man es eigentlich lernen kann, die Wirklichkeit aus mitunter derart schrägem Blickwinkel zu sehen. Man wird irgendwie das Gefühl nicht los, dass hier einer mehr weiß, als er sagt, Und das ist gut so, denn dieser Auftritt in Morenhoven sollte gewiss nicht der letzte gewesen sein, wenn man den Applaus und die Zugaben recht verstanden hat.

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