Der Pferdeflüsterer aus Buschhoven Horstmar Schöne genügen Blicke und Gesten

SWISTTAL-BUSCHHOVEN · Für Horstmar Schöne sind Gesten wichtiger als laute Kommandos. Als Pferdeflüsterer kümmert er sich um traumatisierte Tiere. Mit einer körpersprachlichen, gewaltlosen Methode bringt er kaputte Mensch-Pferd-Beziehungen wieder ins Lot.

 Auf die sanfte Art arbeitet Horstmar Schöne auf dem Platz der Roßmöllers in Gelenberg mit Haemir.

Auf die sanfte Art arbeitet Horstmar Schöne auf dem Platz der Roßmöllers in Gelenberg mit Haemir.

Foto: Fuss

Haemir war ein "Problem-Pferd". Der achtjährige Isländer-Wallach der früheren Meckenheimer Birgit und Martin Roßmöller, die sich im Eifeldorf Gelenberg den Traum von einer eigenen Pferdepension erfüllt haben, war ein "brutaler Durchgänger, schwer traumatisiert", wie die erfahrene Reiterin Birgit Roßmöller (59) berichtet. "Er hat mich sogar abgeworfen." Doch jetzt ist das Tier, das das Ehepaar im Januar gekauft hatte, auf dem Weg der Besserung. Und das dank der Arbeit mit "Pferdeflüsterer" Horstmar Schöne, im Hauptberuf Revierförster in Swisttal-Buschhoven.

Die späte Kastration nach einem Hodenbruch und der erzieherische Umgang der Vorbesitzer, so vermutet Schöne, seien für das Verhalten des Pferdes verantwortlich. Der Wallach habe Angst vor jeglichem Equipment gehabt, habe geradezu auf Schläge gewartet, sei schnell in Panik geraten und schon bei normalem Führen durchgegangen.

Seit Mai arbeitet Schöne mit Haemir, davon zwei Monate täglich auf dem Platz am Forsthaus in Buschhoven. Die Fortschritte sind unverkennbar. Und es ist erstaunlich, wie das Tier auf kurze Berührungen, Gesten und Blicke reagiert. Offenbar hat es die Angst vor Menschen verloren.

Die Kommunikation läuft über Körpersprache

Auf der Koppel der Roßmöllers in Gelenberg: Zur Begrüßung ein freundlicher Stupser auf die Nase, dann folgt das Pferd Horstmar Schöne im Kreis. Wichtig ist, dass der 62-Jährige die Schultern parallel zur Laufbahn des Tiers hält, ihm nicht den Weg durch eine imaginäre Wand quasi versperrt. Schöne hebt die Hand, atmet ein, richtet sich auf - darauf trabt Haemir los. Schöne sagt kein Wort, die Kommunikation läuft über Körpersprache.

Wenn er ausatmet und zum Pferd hinüberblickt, bleibt es stehen. Zur Belohnung gibt es eine Streicheleinheit auf den Hals und ein Leckerli. Haemir ist die Ruhe selbst. "Früher hat er gezuckt und gezittert", berichtet Schöne von den ersten "Unterrichtsstunden". Nach 15 Minuten ist die Einheit zu Ende. Mehr braucht es an diesem Tag nicht. Inzwischen übt auch die Halterin mit Haemir, unternimmt mit ihm Spaziergänge. "Irgendwann möchte ich auch wieder reiten", sagt Birgit Roßmöller.

Schöne sieht seine Aufgabe darin, kaputte Mensch-Pferd-Beziehungen wieder ins Lot zu bringen. "Durch Zuhören, Fühlen und Sehen kann man erkennen, was Pferde in ihrer Körpersprache erzählen." Das Problem ist laut Schöne, dass viele Menschen noch nicht einmal die eigene Körpersprache und deren Wirkung auf das Pferd kennen. So komme es zu Missverständnissen.

Für viele Reiter stehe das menschliche Ziel im Vordergrund, sie betrachteten das Pferd als ein Sportgerät, die emotionale und soziale Komponente werde außer Acht gelassen. Das Pferd sei als Herdentier aber ein soziales Wesen. Wenn Pferde sich widersetzen, komme es dazu, dass rangniedere Tiere "gebrochen" würden. Ranghohe, dominante Tiere hingegen würden aggressiv. Schöne: "Das sind dann die so genannten Verbrecher-Pferde, die für den Menschen gefährlich werden können."

Die Haltungsbedingungen seien oft nicht optimal, die Boxen viel zu klein. Ein Pferd brauche zum Schlafen schon eine Fläche von vier mal vier Metern. Eine Gruppe sollte aus mindestens vier Pferden bestehen. Bis zu 20 Tiere auf einer kleinen Weide seien zu viele, denn es komme immer wieder zu Stress durch Rangordnungskämpfe.

Zum Pferdeflüsterer, wie ihn einst Robert Redford im Film verkörperte, wurde Schöne 1994 durch seine eigene Norweger-Stute Schneewittchen. Das Tier ging durch, war auf konventionelle Art nicht kurierbar, wäre ein Fall für den Schlachter geworden. Angeregt durch Bücher von Ferdinand Hempfling, Heinz Welz und Monty Roberts befasste sich Schöne dann näher mit dem körpersprachlichen, gewaltlosen Umgang mit Pferden.

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