45 Jahre in der Politik Ehemalige Landtagsabgeordnete Ilka von Boeselager hat ihre Autobiographie geschrieben

Rhein-Sieg-Kreis · Fast 45 Jahre in der Politik, davon 27 Jahre im NRW-Landtag in Düsseldorf. In ihrer Autobiographie kann Ilka von Boeselager so einiges berichten. Politisches und Privates.

Mit Mut zum Leben: Ilka von Boeselager hat ihre Autobiographie geschrieben.

Mit Mut zum Leben: Ilka von Boeselager hat ihre Autobiographie geschrieben.

Foto: Benjamin Westhoff

„Es hätten auch locker 1000 Seiten werden können“, sagt Ilka von Boeselager und hält ihre frisch gedruckte Autobiographie mit dem Titel „Mit Mut zum Leben“ in den Händen. Es wurden „nur“ 300 Seiten, eine Vorgabe des Verlags. Doch diese 300 Seiten haben es in sich, sind prall gefüllt mit Erinnerungen an Kindheit und Jugend, an die Anfänge ihres politischen Engagements in Swisttal, an die 27-jährige Arbeit im Düsseldorfer Landtag und an Begegnungen mit vielen Menschen: vom Ministerpräsidenten bis zur Mitarbeiterin einer Kleiderstube.

Politisch geprägt wurde die heute 78-Jährige schon früh. Ihr Vater Anton Bodewig engagierte sich in Korschenbroich in der CDU, war dort Ratsherr. Mit seiner Frau Helga betrieb er eine kleine Landwirtschaft und gründete später eine Weberei. Ilka Bodewig lernte den Journalisten Horst Keller kennen, den sie 1965 heiratete. Durch dessen Arbeit bei ARD und ZDF, unter anderem als Moderator der Sendung „Bonner Perspektiven“, lernte sie früh politische Prominenz kennen.

Im Gespräch mit Strauß und Wehner

Den barocken Franz Josef Strauß empfand sie als freundlichen Gesprächspartner. Und auch SPD-Mann Herbert Wehner, der in Bundestagsdebatten schon mal richtig poltern konnte, hat sie angenehm in Erinnerung. Ilka von Boeselager schreibt, Wehner habe ihr gegenüber den Wunsch geäußert, dass sich mehr Frauen in der Politik engagierten. Es ist aber eher nicht anzunehmen, dass sie wegen dieses Vorschlags dann 1974 in Swisttal die CDU-Frauenvereinigung gründete.

Ein Jahr zuvor war sie in die CDU eingetreten. Mit der reinen Männerwirtschaft im Swisttaler Gemeinderat sollte bald Schluss sein. 1975 wurde Ilka Keller mit drei weiteren Frauen in den Rat gewählt. Heute beschreibt sie die Rolle der Frauen in der Politik so: „Für viele Frauen sind Machtspiele in der Politik wie ein Schulfach, das man nicht kennt. Das Prinzip der Intrige ist ein ständiger Unruheherd. Uns Frauen trifft die darin liegende Härte an einer emotional offenen Flanke. Wir wollen gemocht werden und sind oft auf Kompromisse hin sozialisiert.“

Wie ist sie damit umgegangen? „Ich habe immer am offenen Wort festgehalten, nicht immer zu meinem Vorteil“, schreibt sie. Zu Beginn der 1970er Jahre seien viele Frauen von ihren Männern noch finanziell abhängig gewesen, mittlerweile könnten sie selbst entscheiden, ob sie berufstätig sein möchten.

Manchmal war langer Atem nötig

Der Kampf gegen den Quarzabbau im Linksrheinischen prägte viele Jahre die Arbeit Ilka von Boeselagers im Kreistag und im Landtag. Auch durch die Expertise des Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge wurde eine Ausweitung der Abbaugebiete bei Rösberg, Merten und Buschhoven verhindert. Einen langen Atem brauchte sie auch, um die Sanierung der viel befahrenen Landesstraße 182 zwischen Heimerzheim und Brenig durchzusetzen. Es dauerte nahezu 20 Jahre von der ersten Forderung bis zum Bau. Wenn ihr mal wieder ein Projekt zu lange dauerte, schaltete sie bisweilen auch den Verkehrsminister direkt ein, der die zuständige Straßenbaubehörde dann anwies, mal auf die Tube zu drücken.

Ein Ministeramt, etwa das für Europafragen, das sie gerne ausgeübt hätte, blieb Ilka von Boeselager versagt. Von den 27 Jahren im Landtag war sie 22 Jahre in der Opposition. In der Amtszeit von CDU-Mann Jürgen Rüttgers wäre sie eigentlich aufgrund ihrer Erfahrung und ihrer sehr guten Wahlergebnisse „dran“ gewesen. Doch der geografische Proporz verhinderte eine Berufung. Das Rheinland war bereits im Kabinett vertreten, auch Westfalen musste bedient werden. Enttäuscht sei sie damals, im Jahr 2005, gewesen, „aber nicht verbittert“.

Die ersten Jahre waren Lehrjahre

Ihre ersten fünf Jahre im Landtag von 1990 bis 1995 bezeichnet Ilka von Boeselager heute als „Lehrjahre“. Es dauere seine Zeit, bis man sich gute Kontakte aufgebaut und in diverse Fachgebiete eingearbeitet habe. In der Opposition habe sie gelernt, ihre Anliegen mit überzeugenden Argumenten zu unterfüttern, um Erfolg zu haben. Ein simples „Nein“ zu den Vorhaben der Regierung reiche nicht aus.

In ihrem Buch geht Ilka von Boeselager auf viele politische Weggefährten ein, nicht nur aus der eigenen Partei. Gut ausgekommen sei sie beispielsweise mit Hannelore Kraft, der früheren SPD-Ministerpräsidentin. Aus der CDU erwähnt sie Norbert Röttgen, der ein hervorragender Umweltminister gewesen sei, Herbert Reul und Armin Laschet, dessen menschliche Qualitäten sie sehr schätzt. Als unfair bewertet sie, dass Medien und politische Gegner sein Lächeln bei einer Veranstaltung im Flutgebiet der Erft ausgeschlachtet hätten.

Auch Privates kommt im Buch zur Sprache. So schildert Ilka von Boeselager die schwierige Zeit der Trennung von ihrem ersten Mann Horst Keller. Durch starke berufliche Anspannung hätten sie sich auseinandergelebt. Ihre Krebserkrankung im Jahr 2010 hielt sie bewusst im engsten Kreis der Familie, um nicht durch gut gemeinte Nachfragen und Genesungswünsche immer wieder an die Krankheit erinnert zu werden.

Und sie geht auch auf die Vorbehalte ein, die der stark katholisch geprägte Teil der Familie von Boeselager anfangs gegen die Eheschließung mit Antonius von Boeselager hegte. Eine zweite Ehe, die es für beide Partner wurde, sei zwar weltlich möglich, nach katholischen Regeln jedoch nicht vorstellbar, hieß es. Die Trauung fand dann sinnigerweise am Tag der Deutschen Einheit, dem 3. Oktober 2006, statt. Und ein befreundeter Pater spendete wenig später auch den kirchlichen Segen.

Ilka von Boeselager: „Mit Mut zum Leben - Eine Autobiographie“, Barton-Verlag, 25 Euro. Erhältlich im örtlichen Buchhandel.

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