Sie haben Psychologie studiert und danach nur kurz als Psychotherapeutin gearbeitet. Wie kam das?
Interview mit Judy Bailey Jugendprojektchor singt mit Judy Bailey bei Reformationsgala
Swisttal · Ihre Musik klingt nach Karibik, nach Stileinflüssen aus der ganzen Welt. Seit fast 30 Jahren ist Judy Bailey – Sängerin und Komponistin christlicher Lieder – auf Tour.
Judy Bailey: Ich habe das Studium begonnen und durchgezogen, weil ich in dem Beruf auch tätig sein wollte. Aber schon während des Studiums habe ich Texte geschrieben und komponiert und bin mit meiner Band und verschiedenen Musikern an den verschiedensten Orten aufgetreten. Während meines Studiums hätte ich nie gedacht, dass ich Musik mal beruflich ausüben würde. Aber der Hang zur Musik war letztlich stärker, Chancen ergaben sich und ich nutzte sie.
Wie kamen Sie zur Musik?
Bailey: Mit acht Jahren fing ich als Sängerin im Kirchenchor an. Mit 17 Jahren lernte ich Gitarre spielen. Dann fing ich an, meine ersten Lieder zu texten und die Musik zu schreiben. Eine Affinität zur Musik gab es schon in meiner Familie. Meine Mutter war im Kirchenchor aktiv, mein Vater spielte Trompete, eine Großmutter Klavier, ein Großvater Orgel in der Kirche. Meine Eltern haben bei mir das musikalische Interesse gefördert. Ich hatte Spaß daran, Musik zu machen und habe mir selber vieles durch experimentieren und hören beigebracht; Noten fand ich eher anstrengend. Auch meine Söhne spielen Klavier, Bass und etwas Schlagzeug; der eine lernt jetzt Gitarre.
Sie komponieren und texten alle Songs selber. Ihre Texte haben einen christlichen Kontext.
Bailey: In meinen Texten geht es immer ums Leben. Und da der Glaube mir eine starke Kraft ist, ist er in vielen Liedern spürbar. Mein Glaube ist mir wichtig, auch wenn ich nicht jeden Moment daran denke. Der Anfang meiner Musik war durch die Kirchenmusik geprägt. Wir haben damals unter anderem klassische Werke gesungen, zum Beispiel Händels „Hallelujah Chorus“. Das singen wir auch beim Reformationsjubiläum in Bonn. Es ist also beinahe so, als ob ich schon mein gesamtes Leben daran übe. Als ich mit der Musik begann, stand für mich fest, dass ich meinen Glauben ernst nehmen möchte. So entstand mein erstes Lied „Where’s the peace“, ein Thema, das heute immer noch relevant ist.
Auch wenn Ihre Songs christlich geprägt sind, so schreiben und singen Sie keine Gospels. Ihre Musik weist viele Einflüsse auf von Pop über Reggae bis hin zum Rock.
Bailey: Das hängt wohl mit meiner Herkunft zusammen. Da ich in der Karibik aufgewachsen bin, ist wohl meine Liebe zum Rhythmus besonders groß. Auch die Musik bekannter US-amerikanischer Sänger und Bands wie Bruce Springsteen konnten wir auf Barbados hören. Das hat mich wohl unbewusst beeinflusst. Außerdem bin ich mit meiner Band in rund 30 Ländern gewesen.
Ihre Musik wird nicht in den Charts gespielt. Trotzdem sind Sie über Deutschland und Europa hinaus bekannt. Wo treten Sie auf?
Bailey: Die Form der Konzerte ist sehr verschieden. So treten wir vor vielen als auch wenigen Leuten auf. Zahlreiche Auftritte finden bei christlichen Gemeinden oder Kirchenfesten statt. Wir waren bei vier katholischen Weltjugendtagen, unter anderem in Rio de Janeiro, und bei über zehn Kirchentagen in Deutschland seit Anfang der 90er Jahre dabei. Allerdings geben wir auch Konzerte bei Stadtfesten und anderen Veranstaltungen. Seit über 20 Jahren leben wir mit und von der Musik. Unsere Musik ist nicht eine Pop-Musik, die jeder macht. Ich könnte nicht nur kommerzielle Musik machen. Für mich kam Musik ohne glaubensrelevante Themen nie infrage.
Sie treten auch gerne gemeinsam mit Laien auf. So wurde ja auch der Jugendprojektchor des Kirchenkreises gegründet. Warum sind Ihnen solche Projekte wichtig?
Bailey: Als Menschen haben wir viele Gemeinsamkeiten. Wir teilen zum Beispiel Hoffnung und Freude, aber auch Herausforderungen im Leben. In meiner CD „One“ wird der Gedanke bereits im Titel deutlich. Deshalb bieten wir auch Workshops an, bei denen gesungen, gefeiert und gegessen wird. Da bringen wir Menschen zusammen. Das gilt auch für den Projektchor. Dass Jugendliche beim Reformationsjubiläum auftreten, macht ja auch Sinn. Junge Leute sind nicht nur Kirche von morgen – sie sind auch Kirche von heute.
Nach welchen Kriterien haben Sie die Lieder ausgewählt?
Bailey: Das war schwierig. Wir haben mit den Veranstaltern die Auswahl gemeinsam getroffen. „Burning brightly“ handelt vom Glauben, der lebt. Das ist ein Thema, das sehr gut zu Luther passt. „Rise like a Champion“ dreht sich um zu nutzende Chancen, und „Hold us together“ macht deutlich, dass Gott immer an unserer Seite war, ist und sein wird wie in den 500 Jahren Reformation zu sehen ist.