Lesung „Gespräch unter zwei Augen“ Kabarettist Werner Schneyder tritt in Morenhoven auf

Swisttal-Morenhoven · Er ist vieles: Kabarettist, Autor, Regisseur, Boxkampfrichter und Sportkommentator. Im Kreaforum Morenhoven stellte der Wiener Werner Schneyder sein Buch „Gespräch unter zwei Augen“ vor.

 Kabarett-Legende Werner Schneyder las in Morenhoven.

Kabarett-Legende Werner Schneyder las in Morenhoven.

Foto: Axel Vogel

Die Chronik aus bislang 30 Jahren Morenhovener Kabarett-Tage liest sich wie ein Who is Who der satirischen Zunft – von Gerhard Polt über Volker Pispers bis Hanns Dieter Hüsch. Einer dieser Großen jedoch hatte heuer noch gefehlt. Nun hat der österreichische Kabarettist, Autor, Regisseur, Boxkampfrichter und Sportkommentator Werner Schneyder diese Lücke geschlossen – mit einem Kompliment an die „abenteuerliche Schönheit dieses Theaters“ und mit einer vergnüglich-kurzweiligen Lesung aus seinem 2016 in Wien erschienenen Buch „Gespräch unter zwei Augen. Dialog eines Lebens“.

Nun könnte man ja meinen, wenn da einer unbedingt meint, Selbstgespräche führen zu müssen, so solle er dies tun; doch weitere Zuhörer brauche es dafür wirklich nicht. Weit gefehlt: Das Kreaforum ist an diesem Frühsommerabend voll Neugieriger, die Schneyder aus dem Fernsehen kennen und dann eben doch gern wüssten, was der Mann sich so zu erzählen hat. Im Alter von 80 Jahren dürfte das ja allerhand sein.

Die Grundidee jedenfalls ist so einfach wie überzeugend. Zwei Männer unterhalten sich. Sie scheinen einander sehr gut zu kennen und über ihr Leben bestens Bescheid zu wissen. Was nicht heißt, dass sie sich einig werden müssten – beileibe nicht. Der eine zum Beispiel kommt eloquent, theatralisch und wohl auch a bisserl selbstverliebt daher. Der andere wiederum neigt zur exakten, leidenschaftslosen Analyse, zur Skepsis, zur Verneinung. Geht es dabei um Theater, Kabarett, Literatur, Bilder, Ehe, Politik, Ökonomie, Schach, Jugend, Religion, Alter oder Sport.

So überrascht uns einer der Schneyders mit dem freimütigen Bekenntnis, er habe schon als kleiner Junge auf dem „Fufatz“ (Fußballplatz) Torwart werden wollen. „Torwartdarsteller“ verbessert ihn der andere. Sei's drum: Schneyder hat „den Kasten“ eine Weile sauber gehalten; wenn die Kulturschaffenden seines Heimatlandes zuweilen nach sportlichem Ausgleich, nach Ruhm und Ehre auf dem grünen Rasen strebten und wurde für seinen unermüdlichen Einsatz von Torwartlegende Sepp Maier mit anerkennenden Worten bedacht.

Gängige Floskeln werden seziert

Ein veritables Vergnügen – was beide Schneyders vom Besuch moderner Operninszenierungen nicht ohne Weiteres behaupten würden. Hier schwingt sich einer der beiden zu wunderbar-boshaften Verschwörungstheorien auf: Dass die Oper längst im Besitz eines Kartells sei, das sie global simplifiziere und mit diesen unerträglichen Laufbändern ausstatte, mit Texten, die wie in der Bahnhofshalle von oben herunterflimmern. Wobei das, was dort steht, mit dem Geschehen auf der Bühne lange nicht mehr konform geht. Ein Ärgernis – zumal derzeit keine Aussicht auf Besserung bestehe.

Mit eben der Zielgenauigkeit seziert Schneyder auch die gängigen Floskeln und Begriffe der politischen Debatten: wie zum Beispiel die „Finanzindustrie“. Was habe das eine mit dem anderen zu tun? „Leitet sich der hintere Begriff doch vom lateinischen Wort für Fleiß ab.“ Und wie fleißig kann der Handel mit Derivaten wohl sein? Gewiss nicht mehr als die allzeit beliebten Betroffenheitsformeln: „Nicht zulassen wollen wir vieles.“ Punktum. Das hat gesessen; so wie einige der Schläge, die Schneyder seinerzeit am Rand des Boxrings notierte.

Stellt sich nach rund anderthalb Stunden zu guter Letzt die Frage: Ist einer der Schneyders oder sind gar beide im Alter womöglich ein wenig milder geworden? „Was man sagen kann: 80 Jahre sind Pflicht, der Rest ist Kür.“ Ob danach irgendwo noch etwas kommt? Der Atheist sagt entschieden: Nein. Sein alter Ego aber möchte das nicht ganz so kategorisch ausschließen. Zumindest gefalle ihm die Vorstellung, dass seine Mitmenschen sich permanent von ihm beobachtet fühlen könnten, dafür viel zu gut.

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