Schöne Historie, wenig Trubel Ortsvorsteher Matthias Simon führte durch Ollheim

SWISTTAL-OLLHEIM · Das 740-Seelen-Dorf fand bereits 1064 erstmals Erwähnung. Noch heute faszinieren zahlreiche Fachwerkhäuser und die alte Kirchenuhr der Sankt Martinus Kirche.

 Beim Rundgang (im Uhrzeigersinn) waren mit dabei (v.l.): Matthias Simon, Heiner Meurs, Alexander Schulte und Waltraud Meurs. Repro: GA

Beim Rundgang (im Uhrzeigersinn) waren mit dabei (v.l.): Matthias Simon, Heiner Meurs, Alexander Schulte und Waltraud Meurs. Repro: GA

"Ollheim hat eine schöne Historie." Mit diesen Worten beginnt Ortsvorsteher Matthias Simon den Rundgang durch das 740-Seelen-Dorf. Die Geschichte des idyllischen Ortes, das zwischen Eifel und Vorgebirge liegt, ist mehr als 900 Jahre alt.

"Darauf sind wir sehr stolz", so Ortsfotograf Alexander Schulte und das Ehepaar Waltraud und Heiner Meurs, die den Spaziergang begleiten. Mit Blick auf die dunstbehangenen weitläufigen Felder geht es in den Ortskern zur Kirche.

Ollheim ist erstmals im Jahr 1064 im Zusammenhang mit dem katholischen Gotteshaus erwähnt worden. So weist die dem heiligen Martin von Tours geweihte Kirche auf die fränkisch-merowingische Zeit hin. Sie war ursprünglich Großkapelle des größten ortsansässigen Hofes. Im Jahr 1732 wurde sie konsekriert.

Aufgrund von Baufälligkeit wurde die Kirche schließlich abgerissen. An gleicher Stelle entstand Anfang des 20. Jahrhunderts im neuromanischen Stil das heutige Gotteshaus. "Die ursprüngliche Kirche stand allerdings längst", erklärt Matthias Simon. Der 40 Meter hohe Kirchturm ist sichtbares Wahrzeichen des Ortes.

Und eine weitere Besonderheit hat die Sankt Martinus Kirche zu bieten: die Orgel. Diese ist vom bedeutenden Orgelbauer des rheinischen Barock Christian Ludwig König erbaut worden.

Vorbei an zahlreichen Fachwerkhäusern, die früher als Bauernhöfe und Handwerksbetriebe dienten, führt der Weg die ehemalige Hauptstraße, die heutige Breite Straße, abwärts. "Hier fehlt Leben", stellt Waltraud Meurs fest. "Eine örtliche Gastronomie im dörflichen Stil wäre schön", wirft Simon ein. Ursprünglich habe sich der Ort selbst versorgt.

Vom Sattler, Schuster und einer Schmiede bis hin zum Bäcker, Metzger und einem Bekleidungsgeschäft fehlte es an nichts. Heute sieht das anders aus. Lediglich ein Friseur, ein Partyservice und zwei landwirtschaftliche Betriebe gibt es im Ort. "Das ist für ältere Menschen sehr problematisch", so Waltraud Meurs.

Für jene, die nicht mehr mobil sind, kommen immerhin einmal die Woche ein Eifler Frischdienst sowie ein Bäcker und bringen Lebensmittel bis vor die Haustür. Nur wenige Meter vorm Ortsausgang machen die vier "Heimatforscher" am Hof der Familie Mainz halt.

Im ländlichen Innenhof der inzwischen ältesten Hofanlage Ollheims fasziniert vor allem die alte Kirchenuhr der Sankt Martinus Kirche. Das noch funktionsfähige Schmuckstück aus Blech stammt vermutlich aus dem Jahr 1911. So heißt es in einer aus diesem Jahr stammenden Postkarte des Architekten der Kirche Jakob Stumpf an den Elektriker Eugen Prinz: "Wo bleibt das Uhrwerk?" Und dieses ziert heute von außen sichtbar den Wohnraum der Familie Mainz. "Hans-Ferdinand Mainz hat die Uhr einst ersteigert. Das Geld wurde in die neue investiert", berichten Kirchenvorstand Heiner Meurs und Alexander Schulte.

Der Weg führt weiter in die Kanalstraße. Dreh- und Angelpunkt des Dorflebens ist der Dorfsaal der Karnevalsgesellschaft "Olleme Bubbelsbröder 1880". Neben zahlreichen karnevalistischen Veranstaltungen finden in dem großen Saal auch jede Menge sportliche Aktivitäten des TV Ollheim statt. Zudem gibt es immer mittwochs einen "Thekentreff".

"Immerhin ab und an ein wenig Trubel", sagt Simon. Direkt nebenan befindet sich die alte Schule aus dem Jahr 1877. "Hier wurde früher zweiklassig unterrichtet", erzählt die Ollheimerin Waltraud Meurs. In den 60er Jahren wurde die unter preußischem Einfluss erbaute Schule aufgelöst. Inzwischen wird das zum Verkauf stehende Gebäude für Versammlungen ortsansässiger Vereine sowie für den Seniorentreff genutzt.

Vorbei an der Feuerwehrwache geht es in die Straße Klein Ollheim, deren Straßenrand eine alte Linde ziert. "Ein wirklich schöner Baum", so Simon, während er auf seine "Perle von Ollheim" zugeht. Das Eigenheim des Ortsvorstehers, das vermutlich aus napoleonischer Zeit stammt, hat der gebürtige Berliner als Ruine erworben. "Ich habe es in Eigenarbeit mit Genehmigung des Denkmalsamtes aufgewertet", erzählt er.

Neben den 100 Jahre alten "Schüttelspannen" (Dachziegeln) begeistern die Fensterrahmen aus rheinischer Eiche und der als Drachenkopf rausragende Dachfirst. "Den Drachenkopf hat mein Vater selbst geschnitzt", so Simon, während er einen Mann im vorbeifahrenden Auto grüßt. "Einer der wenigen Familienväter im Ort", verrät er.

Bevor es zurück zum Treffpunkt an der Kirche geht, müssen die "Ortsexperten" eine weitere Besonderheit vorführen. So geht es vorbei an einer der beiden ehemaligen Schmieden zum Ort der einstigen Mühle. Noch heute erinnert der Straßenname "Mühlenstraße" an diese.

Erbaut wurde sie Mitte des 19. Jahrhunderts von Gottfried Derkum für seinen Sohn Peter Josef. Im Jahr 1868 wurde die Betriebserlaubnis für die Dampfanlage der Mühle ausgestellt, zu der später eine Fruchtmahlmühle hinzukam. "Die hauptsächlich durch Wasserkraft eingesetzte Mühle lässt vermuten, dass damals hinter dem Gebäude ein Bach lang lief", so Waltraud Meurs. In den 60er Jahren wurde die Mühle abgerissen. Heute ist noch das beeindruckende Wohnhaus übrig.

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