Weizenernte in Swisttal Per Joystick mit dem Mähdrescher über das Feld

SWISTTAL · Die Weizenernte in der Region erledigen hoch technisierte Mähdrescher. Sven Dürrbeck steuert per Joystick über die Felder rund um Swisttal. GA-Reporterin Juliane Hornstein durfte mitfahren.

 Guter Überblick: Autorin Juliane Hornstein und Fahrer Sven Dürrbeck.

Guter Überblick: Autorin Juliane Hornstein und Fahrer Sven Dürrbeck.

Foto: Axel Vogel

Aus der Ferne sieht so ein Mähdrescher wie ein Tier aus. Und man erkennt ihn vor allem an der Staubwolke. Zu hören ist ein dumpfes Dröhnen aus recht großer Ferne, wie mir klar wird, als der Claas Lexion 570 vor mir steht und mich einschüchternd überragt. Es ist Weizenernte in der Region, und ich darf einmal erleben, wie diese gigantische Maschine das erledigt.

Über eine Leiter geht es hinein, neben Fahrer Sven Dürrbeck ist ein einfacher Beifahrersitz. Ohne Anschnallgurt. Den brauchen wir nicht. Wir fahren nur knapp vier Stundenkilometer. Und dann geht es los, wir ernten Saatgut für Grannenweizen.

Mähdrescher fährt von alleine geradeaus

Die erste Erkenntnis: Meine Vorstellungen von Landmaschinen sind völlig veraltet. Im schon neun Jahre alten Mähdrescher erinnert nichts an einen holpernden Trecker. Ich sitze recht bequem. Unter mir ist die Dreschtrommel, in der Spreu und Weizen durch Reibung getrennt werden. Davon merkt man wenig. Während draußen die Sonne auf das Korn brennt, hält die Klimaanlage den Fahrerstand auf angenehmen 22 Grad. Vor uns ist eine Glaswand bis zum Boden. Die Sitzhöhe gibt das Gefühl, über dem Getreide zu schweben. Gleichmäßig verschwindet es unter uns, die rote Haspel, die die Halme in die richtige Richtung biegt, bewegt sich. Es ist fast meditativ. Kaninchen habe er schon gesehen, manchmal Wildschweine. Rehe seien im Getreide selten, so Dürrbeck. Sie fliehen. „Ich bin laut und langsam.“ Bei unserer Fahrt sehen wir keine Tiere. Es gibt ein Lenkrad, das er meist nicht in der Hand hält, ebenso den Multifunktionsjoystick. Einmal eingestellt, fährt der Mähdrescher von alleine gleichmäßig geradeaus. „Fahren kann jeder“, sagt Dürrbeck. „Einstellen nicht. Die eigentliche Arbeit sind die Überwachung und die Feinjustierung.“ Der gelernte Landmaschinenmechaniker zieht seine Schuhe aus und hat Zeit für ein Gespräch.

Die Erntearbeit sei fast ein Hobby für ihn. Dürrbeck arbeitet eigentlich als Servicetechniker in einem anderen Unternehmen. Steht die Getreideernte an, nimmt er dort Urlaub, um für die Firma Althausen Agrarservice den Mähdrescher zu fahren. „Es ist wie ein Virus“, beschreibt er die Begeisterung, die schon als Kind angefangen habe. Seine Frau und die zwei Kinder sehen ihn dann nur selten. Ein Arbeitstag im Mähdrescher ist lang. Mehr als zwölf Stunden sind es schnell. „Manchmal fahren wir sogar die Nacht durch.“ Vor allem, wenn Regen angekündigt ist. Auch mit Beleuchtung nicht einfach, denn der Staub behindert die Sicht.

Staub ist überhaupt eine große Sache. Der ganze Mähdrescher hängt in einer Wolke, schon seit dem Einsteigen bin auch ich überall damit bedeckt. Die Maschine ist leiser als erwartet, das Radio gut zu verstehen. Dürrbeck dreht es nicht zu sehr auf. Er möchte hören und fühlen, ob mit der Maschine alles in Ordnung ist. Fahren nach „Popometer“, nennt er es. Das sei eine Erfahrungssache. Wie die Ernte von „Lagergetreide“, platt gedrückten Flächen. Ansonsten gibt es viel Technik zu beobachten. Auf einem Display stehen verschiedene Angaben. Es gibt eine Kamera nach hinten und ein Signal, wenn das Korn abgeladen werden muss. Es piept, eine Warnlampe außen geht an. Das Zeichen für den Abfahrer, der mit Traktor und Anhänger an der Seite wartet. Die Fahrzeuge bewegen sich nebeneinander, das spart Zeit. Über ein breites Rohr fallen die bis zu 10 500 Liter Weizen in den Anhänger. Bei 230 Litern in der Sekunde ist das Abtanken schnell vorbei. An der Scheibe hinter uns sammelt sich Korn, hinten fällt das Stroh hinaus.

Für das 35-Hektar-Feld bei Gut Vershoven, das zum Betrieb der Familie von Boeselager gehört, braucht Dürrbeck zehn Stunden. Und das, obwohl sein Mähdrescher ein 7,5 Meter breites Schneidwerk hat. Ob es eine einsame Tätigkeit ist? In diesem Fall nicht. „Ich bekomme viel Besuch“, verrät Dürrbeck. Freunde und Bekannte, vor allem Kinder fühlen ebenfalls die Faszination Mähdrescher. Ich fahre vier Mal mit auf und ab. Dann geht es über die Leiter hinab, noch mehr Staub hängt überall. Und der Mähdrescher zieht eine neue gerade Linie aus Stroh hinter sich her.

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