Ein Tempel für die Matronen Studenten entdecken Relikte aus der Römerzeit

Swisttal-Odendorf · Archäologen der Uni Bonn haben bei Odendorf Fundamente und Mauerreste aus der Römerzeit entdeckt. Hinweise auf Fundament- oder Mauerreste im Boden gab es aus einer Luftaufnahme.

 Mitten in einem Feld bei Odendorf graben sich die Archäologen der Universität Bonn auf der Suche nach römischen Relikten in den Boden.

Mitten in einem Feld bei Odendorf graben sich die Archäologen der Universität Bonn auf der Suche nach römischen Relikten in den Boden.

Foto: Axel Vogel

Im Vorbeifahren sah man sie arbeiten: Junge Menschen mit Schaufeln, Zeichenutensilien und Messgeräten zwischen Erdhügeln. Im Rahmen einer praktischen Lehrveranstaltung und in Kooperation mit dem Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) gruben Archäologiestudenten der Universität Bonn vier Wochen lang Relikte aus der Römerzeit aus. Dabei legten sie auf dem Acker bei Odendorf Reste eines Gebäudes frei, das laut dem leitenden Professor Frank Rumscheid ein Heiligtum gewesen sein könnte.

Dass an dieser Stelle einst Bauwerke standen, war schon vorher bekannt. Hinweise auf Fundament- oder Mauerreste im Boden gab es aus einer Luftaufnahme. Auch ein ehrenamtlicher Mitarbeiter des LVR hatte an dieser Stelle eine Häufung römischer Fundstücke gemeldet. Vor vier Jahren fanden sich bei einer früheren Grabung bereits erste Teile der Anlage, zu der bisher insgesamt ein Haupt- und drei Nebengebäude gehören. "Schon damals habe ich die Deutung favorisiert, dass es ein Heiligtum sein könnte", sagte Rumscheid. Nun erhärten neue Funde seine These.

Die unter der Erde verborgenen Überreste, die die Studenten freilegten, waren in den offenen Gruben auch für Laien gut erkennbar. Große Steine bilden das Fundament einer Mauer, wie Rumscheid erklärte. Die Dicke lässt darauf schließen, dass darüber ein etwa zwei Stockwerke hohes Gebäude stand. Das Hauptgebäude, von dem bei diesen Grabungen die Eingangsseite gefunden wurde, war knapp 15 mal 15 Meter groß. Es hatte einen dreigeteilten Grundriss mit zwei seitlichen Bereichen und einem wahrscheinlich erhöhten Mittelteil. Sicher ist, dass das Gebäude mit Ziegeln gedeckt war. Deren Überreste fanden die Ausgräber überall.

 Eine Studentin vermisst die Mauerreste, die vermutlich zu einem Heiligtum gehörten.

Eine Studentin vermisst die Mauerreste, die vermutlich zu einem Heiligtum gehörten.

Foto: Axel Vogel

Außerdem deuten Putzfragmente mit farbigen Linien und Rillen auf eine Art Wandverzierung im Inneren hin. Der Archäologieprofessor der Bonner Universität schließt daraus, dass es sich um "ein Gebäude von einer gewissen Bedeutung" handelte, das Funden zufolge in römischer Zeit errichtet und wohl bis ins vierte Jahrhundert nach Christus in kultischem Zusammenhang genutzt wurde.

Anders als beim Hauptbau einer römischen Villa Rustica, also eines Gutshofes, sei das Gebäude aber nicht in mehrere Räume unterteilt gewesen und passe daher insgesamt eher zu einem Heiligtum. Verehrt wurden im Rheinland zu Römerzeiten an solchen Orten vor allem die Matronen, Gottheiten, die immer in Dreiergruppen auftauchten. Von der Auswertung der Kleinfunde sind weitere Erkenntnisse zu erwarten. Klar ist aber schon jetzt: "Das Gebäude scheint gezielt abgerissen worden zu sein, um Baumaterial zu gewinnen."

In den vergangenen vier Wochen, die zu einem Grabungspraktikum gehörten, legten die Archäologen keine großen Flächen frei, sondern arbeiteten in Probeschnitten. Dabei gruben die Studenten von Hand. Wo genau, musste vorher exakt vermessen werden. Die ergrabenen Bodenbefunde säuberten die 15 Beteiligten zuletzt mit kleinen Besen und Pinseln. Ganz wichtig war auch die Dokumentation, darunter die maßstabsgetreue Zeichnung, eine Aufgabe, bei der sogar den Erd- und Steinfarben entsprechende Buntstifte zum Einsatz kamen.

Ein Problem bei solchen Arbeiten sind oft Raubgräber. Um keine derartigen ungebetenen "Gäste" anzulocken, legten alle Beteiligten Wert darauf, erst nach Abschluss der Arbeiten an die Öffentlichkeit zu gehen. Jetzt ist die Fundstelle schon nicht mehr zu erkennen. Die Erde kam zurück in die Gruben. Sogar darauf, dass die Ackerkrume wieder oben landete, achtete die Gruppe. Schließlich wird das Feld bald wieder bewirtschaftet. Die Forscher hatten für die Grabung großzügigerweise die Erlaubnis des Grundeigentümers. Die Fundamentreste bleiben im Boden. Der Experte weiß: "Das ist die beste Art, sie zu konservieren." Sie liegen tiefer, als ein Pflug in die Erde eindringt.

Kleinere Fundstücke jedoch nahmen die Ausgräber mit nach Bonn. Dort werden sie demnächst gereinigt und untersucht. "Einige Studenten haben sich schon dafür gemeldet", lobte Rumscheid das Engagement, vor allem die erfahrene Hilfskraft Patrick Kühnen. Als Direktor des Akademischen Kunstmuseums hat Rumscheid außerdem weitere Fachleute zur Hand. Der Archäologe hat vor, die Ergebnisse seiner Arbeit bei einem Vortrag vorzustellen. Schon nach der letzten Grabung war er Gast beim Zehnthausverein. Das kann indes noch einige Monate dauern.

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