Artenschutz in Swisttal Ein Hotel für Wildbienen und andere Insekten

Swisttal · Seit Jahrzehnten schreitet das Artensterben voran. Was jeder in seinem Garten oder auf dem Balkon dagegen tun kann, verrät Nabu-Experte Peter Meyer.

Eine „Insektentankstelle“ hat der Nabu Bonn auf einem Grundstück in Swisttal-Morenhoven installiert.

Eine „Insektentankstelle“ hat der Nabu Bonn auf einem Grundstück in Swisttal-Morenhoven installiert.

Foto: Axel Vogel

Die Themen Artenrückgang und Insektensterben sind immer noch aktuell. Aus gutem Grund, sagt der Morenhovener Peter Meyer, Co-Vorsitzender der Nabu-Kreisgruppe Bonn. Er verweist auf eine Studie des Entomologischen Vereins Krefeld aus dem Jahr 2017, in welcher der Verein auf das dramatische Insektensterben aufmerksam gemacht und damit erstmals eine längst überfällige Diskussion über den Insektenschutz ausgelöst hatte. „Laut der Studie ist über einen Zeitraum von 30 Jahren die Biomasse der Fluginsekten in Schutzgebieten um rund 75 Prozent zurückgegangen.“

Das Alarmierende ist aus Sicht von Meyer: „Zahlreiche weitere Studien haben diesen negativen Trend für alle Landschaftstypen bestätigt.“ Haupttreiber des Insektenschwunds seien insbesondere die intensive Landwirtschaft, die Klimakrise, die Verstädterung und Flächenversiegelung sowie der hohe Einsatz von Pestiziden und die in Mode gekommenden „Schottergärten“. Darum müsse man unter allen Umständen die Bevölkerung für dieses Problem sensibilisieren, zumal auch jeder einzelne Hausbesitzer selber etwas gegen das Insektensterben tun könne. Denn was laut Meyer fehlt, sind auch kleine Rückzugsräume für Insekten etwa in Form von Blühwiesen: Genau eine solche „Insektentankstelle“ entsteht jetzt als Anschauungsobjekt für potenzielle Nachahmer mitten in einem Morenhovener Neubaugebiet am Brunnenweg.

Artenreiche Wiese statt Gras

Mitte Dezember hatte Meyer das rund 120 Quadratmeter große Areal zusammen mit Swisttals Bürgermeisterin Petra Kalkbrenner und dem Morenhovener Ortsvorsteher und Vorsitzenden des Ortsausschusses, Norbert Sauren, vorgestellt. Schließlich hatte auch die Gemeinde wie der Ortsausschuss Unterstützung bei dem Projekt geleistet. Denn die Fläche, die der Gemeinde gehört, war zunächst von Bauhofmitarbeitern fachgerecht ausgekoffert worden.

Anschließend ging es darum, den Boden durch Untermischen von Sand abzumagern, „damit hier statt des alten Grasbewuchses zukünftig eine artenreiche Wiese gedeihen kann“, erklärt Peter Meyer: „Das Saatgut aus regionalen Wiesenkräutern hatten die Mitglieder des Nabu Anfang Oktober ausgebracht.“ Auch ein großes „Insektenhotel“, das mehreren heimischen Wildbienen und Wespenarten gut geschützte Nisthilfen bietet, bauten Nabu-Leute in der vereinseigenen Werkstatt und stellten es in der Mitte der Fläche auf.

Totholz, Steine und Sand

Neben dem schon angelegten Totholzhaufen werden in den nächsten Tagen noch ein Steinhaufen sowie ein Sandhügel angelegt, denn 60 Prozent der Wildbienen nisten dort. Schon in wenigen Monaten sollen dort bunte Blüten von Kornrade, Natternkopf, Steinsame, Malve, Mohn und Lichtnelke das Ortsbild von Morenhoven verschönern.

Meyer hofft, dass dieses Bild dann zum Nachdenken anregt - und vielleicht auch den einen oder anderen Anlieger zum Nachahmen anregen wird: „Mit dieser Aktion wollen die Akteure Anwohner und Besucher des Ortes auf die Problematik des Artenrückgangs bei den heimischen Insektenarten aufmerksam machen. Jeder, der im kommenden Frühjahr und Sommer die hier wachsende bunte Wiese betrachten wird, soll auf diesem Wege dazu ermuntert werden, solche kostbaren Rückzugsorte für die bedrohte Insektenwelt zu schaffen.“ Dafür eigne sich nämlich nicht nur das eigene Grundstück, sondern „selbst der kleinste Balkon“.

Angesichts der intensiv genutzten Agrarflächen auch in der Bonner Region nehme die Bedeutung von naturnah gestalteten Gärten im Siedlungsbereich immer mehr zu, so Meyer: „Statt der noch immer weit verbreiteten Schottergärten und monotonen Rasenflächen braucht unsere Tierwelt Lebensräume wie die hier angelegte Blühfläche, auf denen viele Insektenarten Nahrung und gute Fortpflanzungsbedingungen vorfinden. Profiteure davon sind auch dann unsere Vögel.“

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