Archäologischer Fund im Swisttal Rätselhafte Kreise aus der Steinzeit in Ollheim entdeckt

Ollheim · Es ist ein einzigartiger Fund: Archäologen des Landschaftsverbandes Rheinland legen eine 65 Meter große Anlage auf Feld in Ollheim im Swisttal frei. Sie wird auf die mittlere Jungsteinzeit datiert - im Rheinland also etwa 4900 bis 4300 Jahre vor Christus.

Luftbilder von konzentrischen Kreisen haben Archäologen auf die Spur einer von Menschen geschaffenen Anlage aus der Steinzeit gebracht.

Luftbilder von konzentrischen Kreisen haben Archäologen auf die Spur einer von Menschen geschaffenen Anlage aus der Steinzeit gebracht.

Foto: Axel Vogel/Z6

Wer durch die Felder rund um Ollheim geht, bewegt sich auf besonderem historischen Boden. Denn seit rund 7 000 Jahren leben Menschen dort. Den wissenschaftlichen Nachweis führen derzeit die Archäologen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) bei Grabungen auf einem Feld nahe der Wohnbebauung am Vershovener Weg.

Dabei haben sie einen für die gesamte Region einzigartigen Fund gemacht: drei kreisförmig angelegte Gräben, die konzentrisch um einen zentralen Innenbereich herumlaufen. Die gesamte Anlage hat einen Außendurchmesser von rund 65 Metern und erstreckt sich auf beiden Seiten des Vershovener Weges. Anhand vergleichbarer Anlagen wird die Ollheimer Kreisgrabenanlage auf die mittlere Jungsteinzeit datiert, im Rheinland also circa 4900 bis 4300 vor Christus.

Funktion der kreisförmigen Anlagen noch unbekannt

„Das Besondere ist, dass solche Kreisgrabenanlagen im westlichen Deutschland schlicht nicht vorkommen“, erläutert Erich Claßen, Leiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege. Vergleichbare Grabenkonstruktionen seien bekannt in östlichen Regionen, zum Beispiel in Quedlinburg in Sachsen-Anhalt oder im Ochsenfurter Ortsteil Hopferstadt in Unterfranken sowie weiter östlich in der Slowakei, Tschechien und Polen.

Die kreisförmigen Anlagen variieren etwa hinsichtlich der Zahl der Gräben oder sie sind zusätzlich mit Palisaden oder Wällen ausgestattet. „Ihre Funktion kennen wir bisher noch nicht wirklich“, so Claßen. Die Deutungen der Forschung seien vielfältig. „Sie reichen von befestigten Rückzugsplätzen oder Observatorien zur Sternenbeobachtung bis zu kultischen Versammlungsplätzen, Versammlungsorten ohne kultische Verbindung bis hin sogar zum Viehkral.“ Die bis Juli dauernde Grabung soll die mögliche Erklärung konkretisieren.

Fest stehe allerdings, dass der Bau der Anlage aufgrund ihrer Größe eine „Gemeinschaftsaktion mit ziemlichem Aufwand und viel Manpower“ gewesen sei. Aus vergleichbaren Anlagen sei bekannt, dass die Menschen damals über Jahrzehnte aus vielen Kilometern Entfernung zu solchen Anlagen gekommen seien. Da es jungsteinzeitliche Funde im direkten Umfeld der Anlage sowie auch im nahen Odendorf und Miel gebe, könnte dies auch bei der Ollheimer Kreisgrabenanlage so gewesen sein.

Vom „Stochern im Nebel“ sollen weitere wissenschaftliche Untersuchungen zu wissenschaftlichen Belegen führen. „Wir möchten wie Kriminalisten möglichst viele Informationen und Fakten sammeln“, erläuterte Jens Berthold, Leiter der zuständigen Außenstelle Overath des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege.

 Die Hand von LVR-Fachmann Jens Berthold markiert den tiefsten Punkt des kreisförmigen Baus.

Die Hand von LVR-Fachmann Jens Berthold markiert den tiefsten Punkt des kreisförmigen Baus.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

In den Grabungsschnitten sind die Kreisgräben deutlich durch Unterschiede in der Bodenbeschaffenheit erkennbar. Das Alter sicher datieren können die Fachleute, wenn es aussagefähige Funde dazu gibt. Bislang sind nur zwei sehr kleine Keramikscherben ohne Verzierung zu Tage gekommen. Eine Datierung wäre daher nur über die Beschaffenheit des Materials möglich, so Alexandra Ziesché, die in Ollheim ihre Prüfungsgrabung als Grabungstechnikerin absolviert und die Grabung mit weiteren Kollegen unter der wissenschaftlichen Leitung von Jens Berthold vornimmt.

„Wir wünschen uns Palisaden“, sagte sie. Deshalb soll stellenweise noch etwas tiefer gegraben werden. „Aber es ist nicht nichts im Boden“, betonte die angehende Grabungstechnikerin. Fachleute analysieren demnach verschiedene Beprobungen zur Datierung, zum Beispiel Archäo-Botaniker, die im Boden erhaltene Körner untersuchen oder Molekularbiologen, die Proben auf Keime oder Dungreste untersuchen, um so festzustellen, ob dort Tiere gehalten wurden.

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