Interview mit Markus Kreul Swisttaler Pianist veröffentlicht Video-Podcast

Swisttal-Buschhoven · „Die Kraft der Musik“ heißt der neue Podcast des international bekannten Pianisten Markus Kreul. Die Dreharbeiten für die vier Folgen haben unter anderem in seiner Heimat Buschhoven, in Bonn und am KZ Dachau stattgefunden.

 Der Buschhovener Pianist Markus Kreul bei den Dreharbeiten zu seinem Podcast „Die Kraft der Musik“.

Der Buschhovener Pianist Markus Kreul bei den Dreharbeiten zu seinem Podcast „Die Kraft der Musik“.

Foto: Axel Vogel

Kraftquellen braucht jeder, gerade in Krisen. Der in Buschhoven aufgewachsene, international bekannte Pianist Markus Kreul ist überzeugt, dass Musik eine solche Kraftquelle ist. Seinen vierteiligen Video-Podcast „Die Kraft der Musik“ hat Kreul mit seinem Team unter anderem im Pfarrsaal in Buschhoven produziert. Hendrikje Krancke sprach mit dem studierten Musiker über den Facettenreichtum der Musik und über die Besonderheiten eines Podcast.

Herr Kreul, wie kamen Sie auf die Idee, diesen Podcast zu drehen?

Markus Kreul: Der erste Lockdown war eine Vollbremsung. Da hatte ich Zeit, mein jahrzehntelanges Tun zu hinterfragen: Welche Bedeutung hat die Musik für mich – und auch für die Gesellschaft?

Was hat Sie dabei inspiriert?

Kreul: Vor allem das, was wir in Italien gesehen haben: Menschen machen gemeinsam Musik, auf ihren Balkonen, Straßen und Plätzen. Laien zusammen mit Profis, jeder bringt sein Talent ein. Das ist Musik, wie sie in ihrem Kern schon immer war, nämlich als ein gemeinschaftsbildendes Mittel – und eben gar nicht elitär.

Empfinden Sie solch ein Gefühl auch bei Ihren Konzerten?

Kreul: Schon, der Pianist und das Publikum bilden ja eine Gemeinschaft. Aber der Schritt in den Konzertsaal sollte gar kein so großer sein, sondern ein Teil vom Ganzen: Musikvideos im Alltag, Musik im Gottesdienst, in der Therapie, im Stadion – überall finden wir die Kraft der Musik.

Im vergangenen Sommer sind Sie mit Ihrer Idee an die Öffentlichkeit getreten. Was hat sie vorangetrieben, danach weiterzumachen und jetzt zu drehen?

Kreul: Zwischen dem ersten und zweiten Lockdown konnte ich live schauen, ob und wie das Programm die Menschen anspricht. Die Rückmeldungen haben mich sehr ermutigt, die Themensammlung auszubauen und den Podcast zu schreiben. Ich habe mich dabei zwar an meinem persönlichen Lebensweg orientiert, aber es geht letztlich nicht um mich. Es geht um Momente, die jeder überall erleben kann.

Was ist in dem Video-Podcast zu sehen?

Kreul: Der Podcast besteht aus einem Pilotfilm, in dem die Idee kurz vorgestellt wird, und vier Episoden namens „Heimat“, „Seelentöne“, „Überlebensmusik“ und „Transformation“. Alle Folgen haben wir im wunderschönen Verstärkeramt im benachbarten Pfaffenhofen an der Ilm gedreht, aber es gibt auch Einspielungen – aus dem Schumannhaus in Endenich, vom Beethovendenkmal auf dem Bonner Münsterplatz, von der Gedenkstätte am KZ in Dachau und vom Pfarrsaal in Buschhoven. Das Verhältnis von Tonaufnahmen und Moderation hält sich ungefähr die Waage. Es gibt kein Referat über das Leben einzelner Komponisten oder Musiker. Ich spiele Stücke und versuche, diese mit dem Thema „Kraft der Musik“ in Kontext zu setzen. So kam es auch zu den verschiedenen Drehorten.

Was verbindet die Drehorte miteinander?

Kreul: Die Kraft der Musik! Aber auch der persönliche Bezug zu mir.

Inwiefern?

Kreul: Das sind alles Stationen und Orte, die mich in meinem Leben beschäftigt haben. 

Und Buschhoven spielt als Ihre Heimat eine Rolle?

Kreul: Genau. Wir haben hier im Pfarrsaal eine Sequenz gedreht, die in der ersten Episode zu sehen ist. Mir ist es wichtig zu zeigen, wie identitätsgebend Musik sein kann. Ich hatte hier mein Debüt, als ich als kleiner Junge bei einem Seniorennachmittag in der Vorweihnachtszeit „O du fröhliche“ auf dem Klavier gespielt habe. Ich weiß noch genau, wie nervös ich war, aber nach ein paar Takten stimmten alle mit ein. Das war so ein Moment, wo man in der Musik aufgeht und die verbindende Kraft spürt. Der Kern der Musik ist eben, sich gemeinsam auszudrücken und Menschen zusammenzubringen. Das war damals für mich ein Initialerlebnis.

Was hat es mit der Gedenkstätte im KZ Dachau auf sich?

Kreul: Ich wohne in Altomünster in einem alten Pfarrhaus, in dem früher ein Pfarrer gewohnt hat, der das KZ überlebt und dann seinen Lebensabend hier verbracht hat. Mein Arbeitszimmer war früher seins. Da wird man nachdenklich, und so bin ich zwangsläufig auf das Dachaulied gestoßen. Dieses Werk ist ein Widerstandslied, heimlich gedichtet und komponiert. Dem äußeren Anschein nach war es ein Propagandalied, sodass die Nazis es nicht erkannt haben.

Sie verfügen über reichlich Bühnenerfahrung. Was ist anders, wenn man einen Podcast dreht?

Kreul: Zum einen der große bildliche Aufwand. Wir lassen ja nicht nur die Kamera laufen, sondern legen sehr viel Wert auf Atmosphäre. Heiner Kunkel mit seinem Tonequipment und der Filmemacher Lukas Leonhardt haben mit mir zusammen unglaublich viel Zeit in die Inszenierung, in die optimale Beleuchtung und die verschiedenen Kameraeinstellungen investiert. Es gibt viele, auch persönliche Nahaufnahmen und akustische Perspektiven, die man so nie in einem Konzertsaal erleben würde. Außerdem war es für mich als Hochschullehrer neu, die richtige Sprache zu finden. 

Ab dem 22. April kann der Podcast auf www.diekraftdermusik.com aufgerufen werden. Nach dem Pilotfilm folgen im wöchentlichen Rhythmus die rund 20-minütigen Episoden mit den Titeln „Heimat“, „Seelentöne“, „Überlebensmusik“ und „Transformation“. Der Podcast wird von den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von Neustart Kultur gefördert.

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