Evangelische Kirchengemeinde muss sparen Versöhnungskirche Buschhoven steht nach 300 Jahren vor dem Aus
Swisttal-Buschhoven · 1984 erwarb die Evangelische Kirchengemeinde Swisttal die ehemalige St.-Katharina-Kirche von den Katholiken, jetzt sieht sie sich nicht mehr in der Lage, den Unterhalt zu finanzieren. Im Kirchbauverein regt sich Widerstand.
Die evangelische Versöhnungskirche ist ein historisches Kleinod: Der Schlussstein über dem Nordportal weist das Jahr 1723 als Datum der Fertigstellung des Kirchenschiffs aus. Buschhovens ältestes erhaltenes Gebäude kann damit in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiern. Die Freude über dieses Jubiläum ist allerdings mehr als getrübt. Denn die evangelische Kirchengemeinde Swisttal muss sparen (der GA berichtete). Die Zahl der Pfarrstellen wurde bereits von bisher 1,75 auf eine reduziert. Auch der kirchliche Gebäudebestand wurde in Hinblick auf Einsparungspotenzial kritisch unter die Lupe genommen.
Während das Kirchenzentrum rund um Maria Magdalena in Heimerzheim erhalten bleiben soll, ist die Zukunft anderer kirchliche Gebäude ungewiss. Dazu zählen die Buchhovener Versöhnungskirche und das benachbarte Melanchthonhaus sowie das Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Odendorf. Dies ergibt sich aus einer Gebäudestrukturanalyse, die die Gemeinde auf Empfehlung des Kreissynodalrates in Auftrag gegeben hatte. Das Leitungsgremium des Kirchenkreises Bad-Godesberg-Voreifel hatte die Analyse auch finanziert. Presbyterium und Bauausschuss haben über diese Analyse zwar schon beraten, eine Entscheidung steht jedoch noch aus.
Gemeinde will die Gebäude nicht länger unterhalten
Grundsätzlich hält die Vorsitzende des Presbyteriums, Andrea Effelsberg, im Gemeindebrief aber fest: „Wir möchten uns aus der finanziellen Verantwortung für die Gebäude in Buschhoven und Odendorf zurückziehen.“ Bezogen auf die Buschhovener Versöhnungskirche solle geprüft werden, ob diese „als Gottesdienststätte noch benötigt oder gegebenenfalls aufgegeben werden kann, um hohe Sanierungs- und Instandhaltungskosten zu sparen.“ Denn die Sanierung des Innenraums der 300 Jahre alten Kirche werde schätzungsweise mindestens 1,5 Millionen Euro kosten, aktuelle Preisentwicklungen nicht berücksichtigt. Das benachbarte Melanchthonhaus biete „objektiv günstigste Voraussetzungen, um Erlöse durch Verkauf und/oder Erbpachtvergaben zu erzielen.“
Das Presbyterium legt Wert auf die Feststellung, dass die evangelische Gemeinde in Buschhoven und Odendorf durch Gottesdienste und Gruppenangebote in anderen Räumlichkeiten weiterhin präsent sein wolle. Dennoch regt sich im Kirchbauverein Buschhoven Widerstand: „Wir wollen uns dagegen stemmen“, sagt der Vereinsvorsitzende Lothar Kirschbauer. Auf Basis des vorliegenden Gutachtens könne man eine solche Entscheidung nicht treffen, meint er. „Wir haben hier eine Flächengemeinde. Von Buschhoven nach Heimerzheim braucht man mit öffentlichen Verkehrsmitteln 20 Minuten, nach Odendorf sogar 45 Minuten. Wer fährt denn da von den Älteren für einen Gottesdienst nach Heimerzheim?“ Folge die Gemeinde der Empfehlung des Gutachtens, würde mit der Buschhovener Versöhnungskirche das einzige historisch bedeutsame Gebäude im eigenen Bestand aufgegeben, das zudem lokale Identität stifte und mit dem sich evangelische ebenso wie katholische Christen identifizieren würden. „Für alle Buschhovener, evangelische ebenso wie katholische, ist die Versöhnungskirche nach wie vor ihre alte Wallfahrtskirche“, sagt Kirschbauer.
Bis 1972 ein Ziel für die Marienwallfahrt
Das Gotteshaus war 1723 als katholische Pfarrkirche St. Katharina erbaut worden und diente als Station an einem der historischen Jakobswege. Ab 1806 wurde dort das Gnadenbild der sogenannten Rosenmadonna verehrt, das Ziel einer der ältesten Marienwallfahrten im Rheinland. Die Holzskulptur der „Rosa mystica“ zog 1972 in den Neubau für St. Katharina um, die 1968 auf der gegenüberliegenden Seite des Burgweihers errichtete Pfarr- und Wallfahrtskirche. Das alte Gebäude erwarb 1984 die im Jahr zuvor gegründete evangelische Kirchengemeinde Swisttal.
„Viele Buschhovener Katholiken sind hier getauft worden oder haben hier geheiratet“, merkt Kirschbauer an. Nicht umsonst würden sich seit vier Jahrzehnten zahlreiche Unterstützer für den Erhalt des Gebäudes engagieren und hätten so für notwendige Sanierungen und Sicherungsmaßnahmen bislang rund eine halbe Million Euro zusammentragen. Neben privaten Spenden flossen auch Fördermittel unter anderem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und vom Landschaftsverband Rheinland. Der Kirchbauverein selbst bringe etwa 10.000 Euro jährlich zusammen, durch Aktionen und kulturelle Veranstaltungen wie Konzerte.
Aus Protest sind 20 neue Mitglieder beigetreten
Aktuell hat der Kirchbauverein nach Angaben des Vorsitzenden 76 Mitglieder. „Davon sind 20 extra eingetreten, als die Gemeinde gesagt hat, dass die Kirche aufgegeben werden sollte. Diese neuen Mitglieder wollen sich mit dagegenstemmen. Das zeigt deutlich, dass die Bevölkerung uns unterstützt.“ Der konkrete Vorschlag: Da die Gemeinde „mit jedem Cent knapsen“ müsse, so Kirschbauer, könnte der Kirchbauverein die Gemeinde finanziell unterstützen. Zum Beispiel, indem Geld in den Unterhalt der Gebäude gesteckt werde und nicht in die weitere Sanierung der Versöhnungskirche. „Die Frage ist für uns: Machen wir mit der Sanierung und Renovierung so weiter, oder stoppen wir?“, bringt er die zentrale Abwägung auf den Punkt.
Denn weiteres Geld in ein Objekt zu investieren, das nicht länger unterhalten wird, mache keinen Sinn. „Zurzeit können wir noch 350.000 Euro investieren, davon sind 250.000 Euro bereits gesichert.“ Der Rest würde über Spenden oder Fördermittel gedeckt. „Mit diesem Betrag könnten wir zum Beispiel den Chor noch sichern, und dann könnten wir sagen: Wir stoppen an dieser Stelle. Damit hätte man wieder Zeit, zu überlegen.“ Die Kirche nehme dadurch keinen weiteren Schaden. Das Gebäude ist innen wie außen schon seit Jahren durch ein Stützkorsett stabilisiert. Dieses könnte auch so bleiben, sagt der Vorsitzende des Kirchbauvereins. Auch das Dach sei temporär abgedichtet, aber „natürlich nicht für die nächsten 30 Jahre.“