Hauptgrund war der Brandschutz Vor 100 Jahren wurde Heimerzheim ans Trinkwassernetz angeschlossen
SWISTTAL-HEIMERZHEIM · 1912, also vor 100 Jahren, erhielt Heimerzheim eine in die Erde verlegte Druckwasserversorgung. Fast jedes Haus bekam eine Wasserzapfstelle, die sauberes Trinkwasser aus der Eifel lieferte. Georg Schmidberger, der Vorsitzende des Arbeitskreises Heimat, hat sich in einem Aufsatz mit diesem Kapitel Heimathistorie beschäftigt.
In und um Heimerzheim gibt es reichlich gutes Trinkwasser. Das Große Cent, ein ehemaliges Hochmoor oberhalb des Ortes, liegt auf einer Wasserader, die sich über die Vorgebirgshänge in alle Richtungen "entwässert". So erklärt sich auch das üppige Wasservorkommen im Bereich der Quellenstraße.
Über Jahrhunderte versorgten sich die Heimerzheimer mit sehr gutem Trinkwasser aus den Quellen, auch Pütz genannt, die unterhalb der Pützgasse austreten. Auch am Berghang, im Bereich der Vorgebirgsstraße und des Raupenbuschweges, konnte man noch sehr ergiebige Brunnen anlegen.
In den tiefer liegenden Ortsteilen bohrten die Heimerzheimer Grundwasser-Brunnen, die über Schwengelpumpen Wasser lieferten. Viele Bauern besaßen aber auch eigene Hofbrunnen. Oft lagen diese Schöpfbrunnen in unmittelbarer Nähe des Misthaufens, was die Qualität des Wassers beeinträchtigte und oft Krankheiten nach sich zog, weil der Mist Bakterien an das Wasser abgab.
Das täglich benötigte Trinkwasser in Haus und Küche zu schaffen, war meist den Frauen vorbehalten. Sie gingen mehrmals am Tag zum Brunnen oder zur Pumpe, holten in Kannen und Töpfen das Wasser und tauschten dabei Nachrichten aus. Für die große Wäsche, die vier Mal in einem Jahr stattfand, fing man das weiche Regenwasser auf oder nahm das Wasser aus dem Swistbach und benutzte dann auch die nahe Wiese als Bleiche.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen die Gemeinden mit der Einrichtung einer zentralen Trinkwasserversorgung. Ausschlaggebend für diese enorme technische Anstrengung war nicht nur der hygienische Aspekt, sondern auch die Möglichkeit, das Druckwassersystem für Feuerlöscheinsätze zu nutzen, denn es kam immer wieder zu schweren Bränden. 1909 gründete sich ein Wasserzweckverband, dem sich auch die Bürgermeisterei Ollheim, zu der Heimerzheim damals gehörte, angliederte.
Man rechnete auf der Grundlage von pauschal festgelegten Verbrauchswerten ab: pro Einwohner 50 Liter am Tag, pro Kleinvieh 15 Liter am Tag und pro Großvieh 50 Liter am Tag. Für Wasser verbrauchendes Gewerbe lagen feste Jahressätze zugrunde: eine Bäckerei zahlte fünf Mark, eine Viehhandlung ebenfalls fünf Mark, eine Wirtschaft mit Tanzsaal zehn Mark.
Zitat aus einer Chronik: "Auch jene Haushalte, die sich gegen die Wasserleitung ausgesprochen hatten, empfanden die Neuerung als Wohltat, denn ein tropisch-heißer Sommer (1912) hatte den Grundwasserspiegel gesenkt und viele Brunnen trocken fallen lassen. Welch ein Glück, dass man jetzt nur den Hahn aufdrehen musste."
Es wäre ja alles so schön gewesen, aber in Heimerzheim gab es durch die pauschalierte Abrechnung ständig Anlass zu Streit wegen diverser Ungerechtigkeiten, die man schlicht vergessen hatte, vorher zu klären. Während beispielsweise ein Bauer mit sechs Kühen und sechs Personen im Haushalt einen relativ hohen Wasserpreis entrichten musste, kam ein Gärtnerei-Betrieb mit sechs Personen im Haushalt sehr gut weg. Sein ständiger, wesentlich höherer Wasserverbrauch beim täglichen Gießen seiner Kulturen wurde nicht berücksichtigt.
Als im März 1945 die zentrale Wasserversorgung zerbombt war, holten sich viele Ortsbewohner ihr Wasser am "Pütz" der heutigen Quellenstraße. Man begann rasch, die enormen Kriegsschäden am Leitungsnetz zu beheben. Fast täglich kam es zu Rohrbrüchen. Mehrmals in der Woche musste das Netz abgesperrt werden, um Schäden zu reparieren. Ständig war der Gemeindediener Peter Euskirchen (Seemann) unterwegs und schellte aus, dass "ab sofort das Wasser abgesperrt wird".
Nach der Währungsreform 1948 entschloss sich der Wasserverband, in jedem Haus einen Wassermesser zu installieren, um den immer noch herrschenden Unfrieden und Dauerstreit zu lösen, der sich aus dem alten Berechnungssystem ergab. Ständig musste das Wasserleitungsnetz erweitert und der Druck erhöht werden; es musste mehr Wasser ins Netz eingespeist werden, da die Verbrauchsmengen stiegen.
Am 1. Oktober 1948 legte der Verband den Preis von 20 Pfennig pro Kubikmeter Trinkwasser fest, 1953 stieg dieser Preis auf 35 Pfennig pro Kubikmeter. 1956 verlegte man in Heimerzheim endlich eine komplett neue Leitung. In diesen Jahren des beginnenden Wirtschaftswunders verzehnfachte sich der Wasserverbrauch - nicht zuletzt wegen der vielen Kraftfahrzeuge, deren Pflege besonders reichlich Wasser erforderte. ga