Alltag einer Adelsfamilie WDR-Doku über die Dynastie von Boeselager

SWISTTAL-HEIMERZHEIM · Leuchtend weiß thront die mittelalterliche Wasserburg Heimerzheim mit ihren eleganten Treppengiebeln und der wuchtigen Pforte aus rotem Backstein auf der Insel im Weiher am Rande der Swist. Ein liebevoll restauriertes Anwesen. Doch kaum jemand ahnt, was es bedeutet, eine alte Burg wie diese zu erhalten.

Sie gehört Antonius Freiherr von Boeselager, dazu noch das ehemalige Kloster Gut Capellen bei Dünstekoven aus dem 12. Jahrhundert und zwei Gutshöfe mit großer Landwirtschaft.

Der Filmemacher Martin Buchholz hat mit Kameramann Stefan Menne im vergangenen Sommer 18 Tage auf Burg Heimerzheim und Gut Capellen verbracht. Das Ergebnis ist die Dokumentation "Der Freiherr von Boeselager plant die Zukunft", die der WDR am Freitag um 20.15 Uhr in seiner Reihe "Adelsdynastien in NRW" zeigt.

Buchholz hat zahlreiche Interviews mit dem Burgherrn, seiner 99-jährigen Mutter Sophie und seinen Söhnen Peter und Paul geführt. Mennes ferngesteuerte "Drohnen-Kamera", ausgestattet mit acht Propellern, liefert eindrucksvolle Luftaufnahmen. So "fliegt" der Fernsehzuschauer in 50 Metern Höhe über die angrenzenden Felder im Sinkflug auf Gut Capellen zu und dann über den Weiher und das 800 Jahre alte Gebäude hinweg.

Doch der Film ist weit mehr als eine Aufeinanderfolge von schönen Bildern. Buchholz erzählt die Geschichte der aus dem Magdeburgischen stammenden Familie von Boeselager, deren Ahnentafel bis ins 13.Jahrhundert zurückreicht. Oder besser: Er lässt sie von der Familie erzählen. Es geht darum, wie der Alltag einer Adelsfamilie aussieht und welchen Anforderungen sie sich stellen muss.

Antonius von Boeselager, einer von 80.000 Adligen in Deutschland, sagt, es habe in der Familie "heftige Auseinandersetzungen" gegeben, ob man sich einem Fernsehteam und damit einem großen Publikum öffnen solle. Er habe sich letztlich dafür entschieden, um auch Vorurteilen entgegenzutreten: "Wir trinken eben nicht schon morgens Champagner. Es ist eine schöne Aufgabe, den Familienbesitz, die Gebäude zu pflegen und das Land und den Forst zu bewirtschaften. Ein Fulltime-Job."

Die Burg Heimerzheim ist seit fünf Generationen im Familienbesitz derer von Boeselager. Nun steht der nächste Generationswechsel an. Nach und nach will sich der 65-jährige Burgherr zurückziehen. Zum 1. Juli wird er die Land- und Forstwirtschaft an seinen Sohn Paul übergeben, der irgendwann auch das gesamte Erbe antreten soll. "Die Entscheidung zwischen meinen beiden Söhnen war die schwerste Entscheidung meines Lebens", meint der Baron. Ein Leben lang hat er dafür gearbeitet, die einst halb verfallenen Besitztümer seiner Familie wirtschaftlich zu sanieren.

Aus Burg Heimerzheim hat der studierte Diplom-Kaufmann eine Event-Location für Hochzeitsgesellschaften gemacht, die von Sohn Peter gemanagt wird. "Unsere Familienresidenz ist doch keine Kneipe, hat meine Familie gesagt", berichtet Antonius von Boeselager. "Aber ich musste mit der Burg auch Einnahmen erzielen. Sonst hätten wir sie irgendwann verloren." Seine Mutter, die 99-jährige Baronin Sophie von Boeselager, wohnt in den oberen Gemächern und erträgt den Krach der Hochzeitsfeiern mit adliger Contenance: "Bei der lauten Musik vibrieren sogar die Wände. Aber ich kann das aushalten, weil ich so taub bin", sagt sie lachend.

Kurz gefragt

Warum haben Sie den Blick der TV-Kamera in Ihre Privatsphäre zugelassen?
Antoniusvon Boeselager: Diese Entscheidung war die logische Konsequenz daraus, die Burg für Feste der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Nur so ist sie auf Dauer für meine Familie zu erhalten.

Wie liefen die Dreharbeiten ab?
Von Boeselager: Sehr behutsam. Wir haben uns nicht gestört gefühlt.

Werden Sie heute Abend mit der gesamten Familie vor dem Fernseher sitzen?
Von Boeselager: Nein, wir werden uns den Film unabhängig voneinander anschauen. Wir sind ja auch einzeln interviewt worden. Keiner von uns kennt den kompletten Film. Deshalb weiß auch keiner von uns, wie die anderen Familienmitglieder auf die Fragen geantwortet haben.

Der Film "Adelsdynastien in NRW - Der Freiherr von Boeselager plant die Zukunft" läuft am Freitagabend, 20.15 Uhr, im WDR.

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