Interview mit Tierparkchef Theo Pagel "Zoodirektor ist der geilste Job der Welt"

MORENHOVEN · Gespräch am Wochenende: Kölns Tierparkchef Theo Pagel spricht über Tierschutz, Hennes und seinen Auftritt in Morenhoven.

 Prominenter Mitbewohner: Am 17. August 2014 zog FC-Maskottchen Hennes VIII. - hier mit Betreuer Ingo Reipka - im Kölner Zoo ein.

Prominenter Mitbewohner: Am 17. August 2014 zog FC-Maskottchen Hennes VIII. - hier mit Betreuer Ingo Reipka - im Kölner Zoo ein.

Foto: dpa

Wenn er aus dem Fenster seines Büros blickt, sieht er Tiere aus allen Kontinenten: Theo Pagel ist Direktor des Kölner Zoos und ein Tiernarr von Kindesbeinen an. Am Dienstag, 19. Mai, ist er im Morenhovener Kreaforum zu Gast, um über spannende Artenschutzprojekte seines Zoos zu berichten. Mit dem 54-Jährigen sprach Mario Quadt.

Wie engagiert sich der Kölner Zoo in Sachen Natur- und Artenschutz?
Theo Pagel: Es gehört zur Philosophie des Kölner Zoos, Naturschutzprojekte an großen Bauprojekten bei uns im Zoo festzumachen - im Jahr 2000 etwa, als wir das Regenwaldhaus eröffnet haben. Es kann ja nicht sein, dass wir im Zoo einen zweistelligen Millionenbetrag investieren und "draußen" tut sich nichts. Manche Projekte unterstützen wir mit Geld, bei anderen sind wir unterstützend oder beratend tätig. Außerdem haben wir Projekte, die von unseren eigenen Zoomitarbeitern durchgeführt werden.

Wo tut sich was mit Ihrer Unterstützung?
Pagel: Über zehn Jahre hat sich der Kölner Zoo in Phong Nha/Vietnam engagiert und mit dazu beigetragen, dass die wertvolle und teilweise neu entdeckte Vielfalt der Region zum Unesco-Weltnaturerbe erklärt wurde. In Afrika haben wir die Schwarzfußkatze erforscht - die kleinste Katze Afrikas. In Swasiland unterstützen wir ein Projekt, bei dem es gelungen ist, Tiere wie Flusspferde und Nilkrokodile wieder heimisch zu machen. Allerdings gibt es immer wieder Mensch-Tier-Konflikte. Das heißt, dass gefährliche Tiere zu nah an menschliche Siedlungen gelangen. Früher wurden solche Tiere einfach erschossen, heute werden sie eingefangen und beispielsweise in Tierparks gebracht.

Gibt es auch Natur- und Artenschutzprojekte vor unsere Haustür?
Pagel: Die gibt es - etwa, wenn wir Biotope anlegen. Verrückt ist, dass der Naturschutz in Deutschland auf mehr bürokratische Hemmnisse trifft als in Afrika oder Asien.

Wie gelingt es Ihnen, den Zoobesuchern das Thema Artenschutz nahe zu bringen?
Pagel: Sicherlich nicht mit dem erhobenen Zeigefinger. Das Thema spiegelt sich schon in den Gehegen wider, die wir haben, und geht bis zur Frage: Was kann ich selbst tun? Umwelt- und Naturschutzbildung muss man aber geschickt machen. Darum brauchen wir die Tiere, denen es gelingt, die Menschen viel emotionaler zu berühren. Wenn Sie erst mal einen Gorilla gerochen haben - das vergisst man nicht. Darum haben wir auch unsere Zooschule, die jährlich 20 000 Schüler besuchen.

Warum sind Sie Zoodirektor geworden? Sicherlich haben Sie Ende der 4. Klasse in Ihren Steckbrief geschrieben, beruflich "irgendwas mit Tieren" machen zu wollen?
Pagel: Nein, das war schon früher (lacht). Ich bin in Duisburg ganz in der Nähe des Duisburger Zoos aufgewachsen, und mein Vater hatte viele Tiere. Gelegentlich habe ich einfach ein Tier mit nach Hause gebracht. 1991 habe ich hier im Kölner Zoo angefangen - als Kurator. Das machte ich 16 Jahre, seit acht Jahren bin ich Zoodirektor. Das wollte ich schon immer werden. Zoodirektor ist der geilste Job der Welt. Ich mache ihn wegen der Tiere. Um das nicht zu vergessen, habe ich Eidechsen in meinem Büro, die ich selbst füttere. Ich fahre jeden Morgen durch den Zoo und mache meine Morgenrunde. Ich gucke mir alles an, weil ich den Bezug zu den Mitarbeitern und den Menschen im Zoo brauche - und natürlich zu den Tieren.

Der Kölner Zoo gehört zu den beliebtesten Attraktionen in der Region - er ist einfach Kult. Wie wollen Sie diesen Kultstatus erhalten? Pagel: Der Zoo ist schon alleine wegen seiner Lage - mitten in der Stadt - mit der Bevölkerung zusammengewachsen. Der Zoo gehört zu Köln wie der Dom. Wir sind der drittälteste Zoo in Deutschland, aber wir sehen nicht so aus, weil wir sehr innovativ sind und es bleiben wollen.

Kult ist auch Geißbock Hennes VIII. Das Maskottchen des 1. FC Köln lebt seit ein paar Monaten bei Ihnen im Zoo. Wie hat sich Hennes eingelebt?
Pagel: Bestens inzwischen. Er lebt jetzt mit seiner Anneliese und den beiden Stiefkindern zusammen. Er ist jetzt sozialisiert, vorher lebte er alleine. Wichtig ist: Hennes hat keine Langweile und er wird professionell versorgt. Am vergangenen Samstag war ich im Kölner Stadion: Da klopfte mir FC-Vizepräsident Markus Ritterbach nach dem 2:0 gegen Schalke 04 auf die Schulter und sagte, dass der FC viel besser spielen würde, seitdem Hennes bei uns ist.

Hat ein Zoodirektor eigentlich ein Lieblingstier?
Pagel: Jeden Tag ein anderes (lacht). Ich kenne keins, das ich langweilig finde. Jedes Tier ist auf seine Art faszinierend. Natürlich müssen wir alle gleich behandeln. Das ist mir ganz wichtig

Ein schwieriger Tag als Zoodirektor war sicherlich der 25. August 2012, als der Sibirische Tiger Altai seine Pflegerin attackierte und tödlich verletzte. Sie mussten den Tiger erschießen, um Rettungskräften den Zugang zur Pflegerin zu ermöglichen. Wie geht man aus solch einer Krise heraus?
Pagel: Es waren Tage, die wir nie vergessen werden. Ich glaube, dass der Zoo das Ganze gut verkraftet hat, weil wir gut zusammengehalten haben, und es ist uns bestätigt worden, dass wir als Zoo alles richtig gemacht haben. Menschliches Versagen hat leider zu dem Unglück geführt. Und ich habe noch was gelernt: In Krisenzeiten weiß man, was echte Freunde sind.

Schauen wir in die Zukunft: Wie wollen Sie den Kölner Zoo in Zeiten chronisch klammer Kassen am Leben erhalten?
Pagel: Wir müssen bis zu 80 Prozent unserer Mittel selbst erwirtschaften. Da wir auch öffentlich-rechtliche Pflichten übernehmen, was die Bildung angeht, bekommen wir auch manchmal Zuschüsse. Außerdem betreiben wir unseren Zooshop und die Zoogastronomie nach betriebswirtschaftlichen Erwägungen. Wir sind wie ein mittelständisches Unternehmen und müssen gut wirtschaften. Auf der anderen Seite sind wir über jede Spende froh. Was Spenden angeht, sehe ich noch Luft nach oben. Der Baseler Zoo hat jüngst einen Nachlass in Höhe von 30 Millionen Euro erhalten, in Amerika waren es sogar mal 51 Millionen. Ganz so viel müsste es ja gar nicht sein...

Theo Pagel ist am Dienstag, 19. Mai, im Morenhovener Kreaforum, Vivatsgasse, zu Gast. Ab 20 Uhr spricht er über "Natur- und Artenschutzprojekte des Kölner Zoos". Eintritt: drei Euro. Zusammen mit dem Kreaforum bietet Pagel am Samstag, 23. Mai, 10.30 Uhr, eine Zooführung an. Sie kostet 23, für Kinder 15 Euro.

Zur Person

Der 54 Jahre alte Theo Pagel ist seit 2007 Zoodirektor und außerdem Vorstandsvorsitzender der Aktiengesellschaft Zoologischer Garten Köln. Der gebürtige Duisburger studierte an der Universität Duisburg, später an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Biologie, Geografie und Pädagogik. Seine Abschlussarbeit in Zoologie schrieb er zum Thema Verhaltensstudien an Pinselzungenpapageien. Seit 1991 ist er beim Kölner Zoo angestellt und war zunächst Kurator für Vögel, Nagetiere, Huftiere, Raubtiere sowie das Tropenhaus. Der 54-Jährige ist verheiratet und hat zwei Töchter.

Der Kölner Zoo

Den Zoologischen Garten Köln, der im Stadtteil Riehl beheimatet ist, gibt es seit 1860. Er gilt unter darum als drittältester Zoo Deutschlands. Auf einem Gebiet von rund 20 Hektar leben laut Theo Pagel exakt 844 verschiedene Tierarten in einem Park - rund 10 000 Tiere insgesamt. "Würde ich die Ameisen im Terrarium mitzählen, kämen noch rund 500 000 Tiere dazu. Wir zählen aber die gesamte Ameisenpopulation als ein Tier", sagt Theo Pagel. Stolz ist der Zoo auf die Zufriedenheit seiner Besucher: Die Durchschnittsbenotung liegt laut Deutschem Institut für Marketing bei 1,71.

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