Angst vor Überflutungen Anwohner kritisieren Pläne für die „Traube“
Wachtberg-Niederbachem · Die Idee, auf dem Gelände des ehemaligen Gasthofs "Zur Traube" in Niederbachem zu bauen, stößt bei einigen Anwohnern auf Ablehnung. Denn, so die Befürchtung, dort fällt wichtiger Retentionsraum weg, was zu Überschwemmungen führen könnte. Die Gemeinde teilt die Sorge.
Schauen sich Rüdiger und Susanne Haase in unmittelbarer Nähe ihres Grundstücks um, so fällt ihr Blick auf das Areal, auf dem sich der ehemalige Gasthof Zur Traube befindet. Das Areal, das in den vergangenen Jahren laut der beiden Niederbachemer „Hochwasserwiese“ genannt wurde und „als natürliche Retentionsfläche dient“. Daher schaut das Ehepaar, das sich in Gesellschaft einiger anderer Anlieger sieht, mit Sorge auf die Pläne, die Fläche zu bebauen.
Wie berichtet, möchte eine Familiengemeinschaft auf dem Areal zwischen Konrad-Adenauer-Straße, Austraße und Auf dem Hostert die Neue Traube installieren – ein Generationen-Wohnen. Der ehemalige Gasthof wird als Denkmal erhalten, in ihm werden ein bis zwei Wohneinheiten auf zweieinhalb Geschossen eingerichtet. Auch im danebenliegenden Saal soll künftig nicht mehr getanzt, sondern gewohnt werden. In unmittelbarer Nähe müssen Sanitäranbau, Ställe und Scheune weichen. Dort wird ein neues Gebäude samt altersgerechter Wohnung sowie Gemeinschaftsräumen im Erdgeschoss errichtet. Auf dem dahinterliegenden Grundstück, das aktuell nicht bebaut ist, soll weiterer Wohnraum entstehen.
Das Unwetter 2010 änderte alles
2000 haben die Haases ihr Grundstück in unmittelbarer Nähe des Mehlemer Bachs gekauft. „Wir waren so glücklich, vor allem auch über das kleine, plätschernde Bächlein“, erinnert sich Rüdiger Haase. Doch dann kam das schwere Unwetter 2010, bei dem Teile von Wachtberg überflutet wurden. Und der Bach verwandelte sich in einen reißenden Strom. „Das Wasser kam und kam, es stand bis zum Haus.“ Die „Hochwasserwiese“ habe damals komplett unter Wasser gestanden und Schlimmeres verhindert.
Damals habe man sukzessive begonnen, das eigene Grundstück Starkregen- und Hochwassersicher zu machen – in Zusammenarbeit mit einer Fachfirma. Doch die Angst bleibt. Denn: Trotz Mauer, Abstandsgrenzen und mehr „wurde uns gesagt, dass es den absoluten Hochwasserschutz nicht gibt“, so die Haases. Daher „leben wir wie alle hier in ständiger Existenzangst. Wenn im Sommer die Wolken schwarz werden, blicken wir sorgenvoll zum Himmel.“ Auch im Urlaub werden dann Wetterkarten gewälzt und ständiger Kontakt in die Heimat gehalten.
Würde die Bebauung kommen, „werden die Folgen schlimmer und katastrophaler sein, als wir sie 2010 erlebt haben“, ist sich das Ehepaar sicher. Daher solle jeder Quadratmeter, der als Retentionsfläche dienen könnte, auch genau das bleiben. Ihrem Ansinnen wollen die Haases gemeinsam mit anderen Niederbachemern bei der Ratssitzung am Donnerstag ab 18 Uhr in der Hans-Dietrich-Genscher-Schule, Stumpebergweg, Nachdruck verleihen.
Gemeinde teilt die Sorge der Anwohner
Die Gemeinde teilt die Sorgen der Anwohner, sie steht dem Ansinnen der Familiengemeinschaft in Teilen kritisch gegenüber. Wenn auch nicht inhaltlich, so doch mit Blick auf die zu bebauende Fläche. Deren rückwärtiger Teil nämlich sei ein natürliches Retentionsgebiet für den Starkregenabfluss, eine bauliche Entwicklung würde somit den Zielen des Hochwasserschutzes widersprechen. Darüber hinaus gebe es kein Baurecht. Daher empfiehlt die Gemeinde, „die Uferbereiche freizuhalten“. Auch, um keinen Präzedenzfall zu schaffen. „Die Erschließung des hinteren Bereichs ist nicht guten Gewissens vertretbar.“
Die Haases auf jeden Fall würden heute, nach 2010, nach der Ahrkatastrophe, anders handeln. „Wenn wir 2000 gewusst hätten, was wir heute wissen, würden wir sagen, dass wir hier nicht mehr bauen würden“, so das Fazit von Rüdiger und Susanne Haase. Und das, obwohl sie sich in Niederbachem sehr wohl fühlen.