Eklat bei Bürgerversammlung Baupolitik schlägt weiter Wellen

VILLIP · Nach 90 Minuten wurde es dem Bürgermeister zu bunt. Als die Einlassung eines Anwesenden in der Behauptung gipfelte, einer der Amtsvorgänger habe die Öffentlichkeit betrogen, stand Theo Hüffel auf und verließ den Saal. "Solche unwahren Behauptungen will ich mit Rücksicht auf die Verwaltungsmitarbeiter nicht noch durch meine Anwesenheit unterstützen", sagte Hüffel und ging.

 Im Gespräch: Vertreter der Bürgerinitiative, Bürgermeister Theo Hüffel (vorne rechts) und 100 Bürger diskutieren in Villip.

Im Gespräch: Vertreter der Bürgerinitiative, Bürgermeister Theo Hüffel (vorne rechts) und 100 Bürger diskutieren in Villip.

Foto: Rüdiger Franz

Die kurze Eskalation blieb die Ausnahme. Zuvor wie auch danach diskutierten interessierte Bürger auf Einladung der Bürgerinitiative "Rettet Villip und das Drachenfelser Ländchen" zwar zuweilen emotional, aber auch weitgehend höflich miteinander. Das Thema, das sie am Mittwochabend bewegte, ist vielschichtig. So bietet der aktuelle Entwurf des Flächennutzungsplans für Villip offenbar vielen Wachtbergern einen willkommenen Anlass, ihre Sorgen und ihre Gedanken über die Entwicklung des Drachenfelser Ländchens kundzutun.

Gut und gerne 100 Bürger waren der Einladung der Bürgerinitiative gefolgt, welche sich sechs Wochen nach ihrer Gründung mit einem halben Dutzend Mitgliedern - allesamt Nachbarn des möglichen Bauerwartungslandes an der Quellenstraße in Villip - noch in der Startphase befindet. Hingegen stehen Baupolitik und Flächennutzungsplan (FNP) in Wachtberg wahrlich nicht zum ersten Mal zur Debatte, und so hatte sich auch die jüngste Diskussion rasch warmgelaufen. Der Bürgermeister legte ausführlich dar, welche Beweggründe aus Sicht von Rat und Verwaltung für die Neufassung des FNP sprechen. Als "persönliches Ziel" gab Hüffel den Erhalt der heutigen Bevölkerungsstärke aus, damit die Wachtberger Infrastruktur mittel- und langfristig bezahlbar bleibe. Hüffel verwies darauf, dass die Politik das potentielle Bauland von zunächst 24 auf nunmehr lediglich neun Hektar reduziert habe und damit die Möglichkeiten bewusst zurückhaltend ausschöpfe.

Parallel werde die Schließung von Baulücken in den Ortskernen und die Ansiedlung von Familien in Altbauten unterstützt. Und auch als unterschiedliche Interpretationen aktueller Bevölkerungsprognosen zutage traten, warb Hüffel ausdrücklich für den neuen FNP. Denn, so der Bürgermeister, dieser sei zunächst nur als Reserve für den Fall anzusehen, dass es den erwarteten Zuzug gibt. Hüffel: "Die Bebauung dort ist kein Zwang. Aber wenn wir den FNP kippen, stehen wieder alle Flächen zur Disposition, und wir öffnen der unkontrollierten Bebauung Tür und Tor."

Ulrich Feyerabend von der Bürgerinitiative griff Hüffels Argument auf, kam aber zu einer anderen Schlussfolgerung: "Dann warten wir doch erst einmal ab und setzen den FNP aus, bis es den Zuzug tatsächlich gibt", sagte er. Bei einer zunehmenden Bebauung der Ortsränder mit technisch modernen Neubauten drohe den Immobilien in den Dorfkernen Wertverlust, meinte er. Zu "seelenlosen Straßendörfern" seien Wachtbergs Orte verkommen, schimpfte ein Bürger, dass das neue Einkaufszentrum die "Seele Wachtbergs" sei, bezweifelte ein anderer. Und eine junge Frau meinte, angesichts der "flächendeckenden Versiegelung" könne man anstatt nach Wachtberg ebenso gut in die Stadt ziehen.

"Fragen Sie doch einfach, was die Bürger wollen, Dann gewinnen Sie mehr Erkenntnis als durch alle Statistiken", forderte ein Bürger Hüffel auf und erntete damit deutlich mehr Applaus als der CDU-Politiker, der das Thema Einzelinteressen aufwarf: Viele derjenigen, die jetzt gegen Neubauten demonstrierten, hätten dort selbst einst gebaut, sagte er. Die Bürgerinitiative lädt für Mittwoch, 17. Juli, erneut zum Bürgergespräch ins Hotel Görres ein.

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