Altes Handwerk in Zeiten von Corona Broicher Mühle läuft auf Hochtouren

Wachtberg · In der Coronakrise ist das Mehl vielerorts knapp. Das sorgt für einen Kundenansturm bei Familie Bedorf, die die Broicher Mühle in Villip in der neunten Generation betreibt.

 Viele Papiertüten mit Mehl und Brotmischung befüllt derzeit Elisabeth Bedorf in der Villiper Mühle.

Viele Papiertüten mit Mehl und Brotmischung befüllt derzeit Elisabeth Bedorf in der Villiper Mühle.

Foto: Axel Vogel

Normalerweise nimmt sich Elisabeth Bedorf gerne Zeit für Verkaufsgespräche. Die 76-Jährige ist schließlich Müllerin aus Leidenschaft. Doch seit Mehl wegen der Coronakrise in den Geschäften rar geworden ist, ist vieles anders in Villip. „Einen solchen Ansturm hatten wir nicht erwartet“, erzählt Bedorf, die die Broicher Mühle in der neunten Generation betreibt.

Erst habe sie überlegt, ihren kleinen Laden zu schließen. Denn das eigentliche Mahlen der Getreide übernimmt ihr Sohn Alexander gewissermaßen nebenbei. Hauptberuflich arbeitet er als Softwareentwickler. „Aber dann war mir klar, dass das jetzt nicht geht und wir die Leute nicht hängen lassen können, sie bekommen ja kaum was in der Stadt“, erzählt Bedorf. Da es um Ostern sonst auch nie ruhig sei, habe sie viele Vorräte gehabt.

Helles Mehl ist derzeit besonders begehrt

Spezialisiert haben sich Mutter und Sohn auf Roggen-, Weizen-, und Dinkel-Vollkornschrote sowie Roggen-, Weizen- und Dinkelvollkornmehl. Zudem gibt es auch alte Getreidesorten wie Emmer, Einkorn und Kamut. „Das derzeit besonders begehrte helle Mehl kaufen wir selbst bei einer kleinen Mühle im Brohltal zu“, erzählt die Besitzerin, die mit ihrem Sohn einspringen musste, als ihr Mann 1997 plötzlich starb.

Ihre Kundschaft sind neben einigen Bäckereien und Hofläden vor allem Privatleute – erst recht in der Krise. „Gerade junge Familien decken sich auch mit unseren Brotbackmischungen ein“, erzählt die Chefin. Egal wer kommt, alle müssen neue Regeln einhalten, dürfen nur einzeln auf die kleine Holztreppe, die hinunterführt zum Verkaufsraum. Das sorgt vor der Tür im urigen Hof bei den Wartenden aber nicht für schlechte Laune, sondern bringt eher gute Gespräche mit sich.

Derweil wird nebenan gearbeitet. „Wir lagern das Getreide, fördern es über sogenannte Schnecken, dann wird es gesiebt, abgesaugt und geht durch den Steinausleser“, hatte Alexander Bedorf dem GA in einem früheren Gespräch erklärt. Den Antrieb der Mühle sichert wie eh und je das große Wasserrad. „Dafür stauen wir den Arzdorfer Bach, den Ölbach und den Zugenbach“, so der Müller. Derzeit hat das Wasserrad besonders viel zu tun.

886 wurde die Broicher Mühle erstmals genannt

An Ware mangelt es der Müllerin nicht, eher am „Drumherum“: „In der vergangenen Woche sind zum Beispiel die Papiertüten knapp geworden und es ist schwierig, welche nachzuordern.“ Irgendwie hat es dann doch geklappt. Nach Ostern werden die Bedorfs erst einmal für eine Woche schließen. Aber nicht etwa, weil sie verschnaufen würden. „Wir müssen dann richtig saubermachen und aufräumen, was im Moment liegen bleibt“, so die 76-Jährige.

886 wurde die kleine Mühle, etwas versteckt am Ortseingang von Villip gelegen, erstmals genannt. „Da gab es die erste urkundliche Erwähnung, weil die Mönche des Eifelklosters Prüm einen Pachtvertrag abgeschlossen hatten“, so Besitzerin Bedorf. Später zählte die Mühle zur Burg Gudenau. Mitte des 17. Jahrhunderts finden sich erstmals Vorfahren ihres Mannes als Pächter. Auf 1834, so Bedorf, datiert schließlich der Kaufvertrag. Eine lange Historie, die gerade um ein aktuelles Kapitel erweitert wird.

Die Mühle der Bedorfs steht in Villip an der Straße Im Bruch 32. Weitere Infos unter www.muehle-bedorf.de. Die Familie freut sich immer über Besucher, bittet aber aktuell um Verständnis, dass es keine Führungen geben kann.

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