Neubau oder Modernisierung? Bürger in Wachtberg sorgen sich vor allem um die Kosten
Wachtberg · Bei der Bürgerinformation der Gemeinde Wachtberg zum möglichen Rathaus-Neubau gingen die Meinungen auseinander. Auch zum Gutachten über vier Varianten für den Umgang mit dem Rathaus gab es viele Fragen. Offen ist weiter die Grundstücksfrage.
Nach 85 Minuten Vortrag war die erste Gelegenheit für eine Frage aus dem Publikum. Bürgermeister Jörg Schmidt und Gutachter Michael Schultze-Rhonhof von der DKC Kommunalberatung sparten bei der Bürgerinformation zur Zukunft des Rathauses am Mittwochabend nicht mit Details. Mehr als 120 Bürgerinnen und Bürger waren in die Aula des Berkumer Schulzentrums gekommen, um über vier Varianten für das Rathaus zu diskutieren. „Wenn so viele hier sind und sich informieren wollen, dann ist der Sinn dieser Veranstaltung schon erfüllt“, sagte Schmidt.
Im Kern ging es um die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie zu Sanierung, Abriss und Neubau des Rathauses, die der Rat 2018 in Auftrag gegeben hatte. „Eine Machbarkeitsstudie ist eine Richtungsentscheidung, welche der vier Alternativen wir in Zukunft weiterverfolgen“, erklärte der Bürgermeister. Konkrete Pläne für einen Neubau gab es nicht zu sehen. „Es geht lediglich darum, welches unter den gegebenen Kriterien die wirtschaftlichste Alternative ist, um sich dem Thema Rathaus zu stellen.“ Der Haupt- und Finanzausschuss hat bereits eine Empfehlung für einen Neubau abgegeben, zuerst auf einem noch zu kaufenden Grundstück, alternativ nach Abriss am alten Standort.
Langer Vortrag über technische Mängel
Viel Zeit nahm sich Schmidt, um die technischen Mängel am alten Rathausgebäude aus den 1970er Jahren zu verdeutlichen, was Architekt Schultze-Rhonhof in seinem Vortrag noch einmal wiederholte. Probleme gebe es unter anderem mit Brandschutz, Schallschutz, hohem Energieverbrauch und fehlender Barrierefreiheit. Die große Unbekannte ist nach wie vor, ob und wie viele Schadstoffe in den Wänden stecken. „Die Raumluft ist frei von Schadstoffen. Asbest war damals ein sehr beliebter Baustoff und wird auch hier verbaut worden sein. Wenn das Zeug gefunden wird, wird keiner in dem Gebäude mehr arbeiten“, sagte Schmidt.
Schulze-Rhonhof hat alle Varianten für einen Zeitraum von 30 Jahren berechnet, mit Stand August 2022 vor Anstieg des Zinsniveaus. Schmidt sagte dazu: „Bei der Berechnung der Varianten spielt keine Rolle, wie hoch die Zinsen sind. Keiner wäre so bescheuert, wenn die Zinsen am höchsten sind, anzufangen zu bauen.“
Gutachter sieht erhöhtes Risiko bei Modernisierung
Die Zusammenfassung des DKC-Architekten lautete: „Eine Modernisierung des Bestandsgebäudes würde gehen. Variante drei ist rechnerisch die empfehlenswerteste, aber Variante zwei ist damit nicht vom Tisch. Variante null geht gar nicht.“ Mehrfach wies Schultze-Rhonhof hat das erhöhte Risiko hin, das mit Modernisierung und Erweiterung des Rathauses (Variante eins) einhergehe.
Die Meinungen im Publikum waren geteilt. Während einige forderten, den Altbau genauer zu untersuchen und ihm eine „faire Chance“ zu geben, sahen andere im Neubau die bessere Variante. Befürchtete Kostensteigerungen sprachen mehrere der Redner an. Außerdem gab es Hinweise auf unbeantwortete Fragen. „So lange nicht feststeht, ob ein Grundstück zur Verfügung steht, das die Gemeinde auch bezahlen kann, ist das offen. Haben Sie eins, oder haben Sie drei oder vier in Aussicht?“, fragte Erwin Ruckes. Schmidt antwortete: „Natürlich habe ich Grundstücke in meinen Gedankengängen. Wenn kein Grundstück zur Verfügung steht, wird Variante zwei weiterverfolgt.“
Peter Menke konnte die Nutzungsanalyse nicht nachvollziehen, wonach sich der Platzbedarf der Verwaltung künftig durch Digitalisierung und Homeoffice nur moderat reduziert: „Sie ist aber entscheidend bei den Fragen, die der Rat zu beantworten hat.“ Andreas Brenner sagte: „Es sind noch viele Parameter offen. Wenn man sie variiert, kommt man zu verschiedenen Ergebnisse. In der Kostenanalyse sind die Varianten eins bis drei eigentlich nicht unterscheidbar.“
Frage zu hohen Mietkosten für Erweiterung
Ein anderer Bürger verwies auf die für Variante null (weiter wie bisher) angesetzten Mietkosten von 30.000 Euro pro Monat für Erweiterungsflächen. Das erscheine doch sehr hoch, wenn es nur um 37 zusätzliche Arbeitsplätze gehe. Benjamin Menke verwies auf die Masterarbeit zur energetischen Sanierung und Erweiterung, für die das Rathausgebäude 2009 vertieft untersucht wurde. Für das aktuelle Gutachten gab es eine eintägige Begehung. „Sämtliche Erkenntnisse sind deckungsgleich mit unseren und daher auch berücksichtigt“, sagte Schulze-Rhonhof.
Hartmut Beckschäfer, ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender und Bürgermeisterkandidat in Wachtberg, meldet sich nach der Veranstaltung zu Wort: „Bei all der Flut von Informationen und Bewertungen an diesem Abend macht mich ein Punkt stutzig: Der Bürgermeister erklärte, es gehe aufgrund der Machbarkeitsstudie zunächst ‚nur‘ um eine Richtungsentscheidung, alles Weitere werde später entschieden. Das klang so, als wolle er diese Entscheidung irgendwie verharmlosen, als ob danach noch alles offen sei. Dabei ist es doch genau umgekehrt: Wenn über die Richtung, also die umzusetzende Variante, einmal entschieden ist, kann es anschließend bestenfalls noch um Umsetzungsdetails gehen."