Neuer Aufsichtsratsvorsitzender des VRS Das Thema Mobilität ist Ingo Steiners Passion

Wachtberg · Mit Greenpeace rettete er einst Wale, heute sitzt der Niederbachemer Ingo Steiner in vielen Gremien, Beiräten, dem Siegburger Kreistag und dem Wachtberger Rat. Nun wurde der Grünen-Politiker zum Aufsichtsratsvorsitzenden des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg gewählt.

 Ingo Steiner, neuer Aufsichtsratsvorsitzender des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg, steht an der Tankstelle für Wasserstoffbusse der RVK in Meckenheim.

Ingo Steiner, neuer Aufsichtsratsvorsitzender des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg, steht an der Tankstelle für Wasserstoffbusse der RVK in Meckenheim.

Foto: Axel Vogel

Selbst ein Profi kann mal knapp danebenliegen. In diesem Fall bei der Einschätzung der Fahrtzeit von Wachtberg nach Meckenheim. Allerdings sind es nur neun Minuten, die der passionierte Radler Ingo Steiner zu spät zum Gespräch erscheint. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS) hat sich passenderweise das Meckenheimer Betriebsgelände der Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) ausgesucht. Denn das Kölner Verkehrsunternehmen bedient schwerpunktmäßig Buslinien außerhalb der Großstädte im VRS.

Daneben sitzt das Wachtberger Rats- und Kreistagsmitglied für die Grünen in den Gremien des NVR (Nahverkehr Rheinland) und weiteren des VRS. Mobilität ist einfach sein Ding, weshalb er mit dem E-Bike angereist ist. „Ich fahre zwischen 5500 und 6000 Kilometer jährlich“, sagt der 56-jährige IT-Berater, der nur im Notfall auf das Auto seiner Freundin zurückgreift.

Die 21 Kilometer (mit Spezialroute) vom Wohnort Niederbachem bis ins Siegburger Kreishaus schafft er in 55 Minuten. „Mich entspannt das“, sagt der Mann, der zudem in acht Verbänden und Beiräten mitarbeitet, in fünf Ausschüssen des Kreistags sowie drei Fachausschüssen und zwei Ortsausschüssen in Wachtberg. Stellt sich die Frage nach dem Zuviel an ehrenamtlichem Einsatz. Er wischt den Gedanken nicht ganz vom Tisch, zumal er den Anspruch an sich hat, möglichst alle Sitzungen zu besuchen. Die frühere Bürgermeisterin Renate Offergeld (SPD) habe sich mal scherzhaft bei ihm beschwert, er sei bei den meldepflichtigen Gremien derjenige mit der längsten Liste. „Die Belastung ist schon grenzwertig, aber ich bin Überzeugungstäter“, so Steiner.

Das ging früh los. Mit 16 engagierte er sich für Greenpeace, verbrachte seine Osterferien im Einsatzbüro in Hamburg, setzte sich für die Wal- und Seehundrettung ein. Ein Jahr später trat er den Grünen bei. „Ich wollte mich aber nur vor die Tanker werfen, die Kompromisse sollten andere aushandeln“, erklärt er, warum er seinerzeit nicht politisch aktiv wurde. Es folgte der Zivildienst im Krankenhaus und irgendwann die Erkenntnis, dass es schon doof sei, wenn keiner die Kompromisse mache.

1994 holte er im CDU-dominierten Ländchen 18 Prozent in Villiprott. 27 Jahre später mischt er immer noch mit als dienstältestes Mitglied im Rat. Zur Lokalpolitik war er gekommen, weil er sich darüber geärgert hatte, dass jede Buslinie unter drei Fahrgästen gestrichen werden sollte. „Das war keine Art für mich, mit dem Angebot des Öffentlichen Personennahverkehrs umzugehen, der muss nämlich für alle Menschen da sein“ – und darf Städte und Kommunen folglich etwas kosten. Weshalb er kein Freund der ständig steigenden VRS-Tarife ist und auch nicht verhehlt, dass er die Entscheidung der Kölner Grünen in der letzten Tarifrunde wenig gutheißt.

Aus Sorge vor der Belastung des kommunalen Säckels ihrer Stadt hatten diese verhindert, dass die Preise stabil blieben. Er gibt sich zuversichtlich, dass dies beim nächsten Mal anders ausgeht. Kritik am System „Eine Gemeinde ein Preis“, die gerade Fahrgast-Anrainer von Köln und Bonn bei den Kosten benachteiligt, kann er nachvollziehen. „Deshalb ist es gut, dass das entfernungsabhängige Ticket, das es bislang nur zur Probe gab, im Dezember als Regelangebot kommt“, meint Steiner, der darüber mit beschlossen hat. Wenn auch mit etwas höherem Preis.

Sinken dagegen könnte der Preis bei der Minibus-Linie 881, die zwischen Pech und Berkum verkehrt. Im April beschloss der Umweltausschuss den Antrag von Schwarz-Grün, die Umsetzbarkeit eines 1-Euro-Tickets zu prüfen. „Wenn die Pecher nicht in Meckenheim, sondern im EKZ einkaufen sollen, brauchen wir ein günstiges Angebot, das dann aber eben von der Gemeinde subventioniert werden muss“, so der Politiker.

Beim Ausbau der Radwege zwischen den Ortschaften sieht er noch Luft nach oben. Gut hingegen sei Wachtberg aufgestellt, was das E-Bike-Leihsystem betreffe. „Die RVK-Stationen sind abends und morgens oft leer, wir haben von allen linksrheinischen Kommunen die größte Nutzung“, sagt der Mann, den manche vielleicht noch als Initiator der Freien Bonner Dart-Liga kennen. Die Frage, ob ihm seine Größe von 1,96 Meter vielleicht einen kleinen Vorteil beim Pfeilwurf beschert, kommentiert er mit einem Schmunzeln. Seit Corona ruht das Hobby. Aber er wird wieder antreten – bestimmt auch zu den nächsten Kommunalwahlen.

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