Kitaleiter Boris Biederbeck Der erste seiner Art bei der Gemeinde Wachtberg

Wachtberg-Villip · Boris Biederbeck ist der erste männliche Leiter einer kommunalen Kita in Wachtberg. Eigentlich wollte er mal Reiseverkehrskaufmann werden. Warum er umgeschwenkt hat und weshalb er erst lernen musste, die Nähe der Kinder zuzulassen, erzählt er im Gespräch.

 Der neue Leiter der Villiper KinderW.E.L.T., Boris Biederbeck, freut sich, dass trotz der Corona-Situation die Normalität langsam zurückkehrt. 

Der neue Leiter der Villiper KinderW.E.L.T., Boris Biederbeck, freut sich, dass trotz der Corona-Situation die Normalität langsam zurückkehrt. 

Foto: Axel Vogel

Boris Biederbeck ist anders. Nicht nur, weil er der erste männliche Leiter einer kommunalen Kita in Wachtberg ist. Oder weil sein eigentlicher Berufswunsch mal Reiseverkehrskaufmann war. Der 45-Jährige bricht einfach gängige Stereotype. Zum Beispiel wenn er ehrlich zugibt, dass basteln nicht so sein Ding ist. „Das ist auch keine Bedingung für den Job, aber man muss kreativ sein“, meint der Vater von zwei Söhnen, der seit September die Tagesstätte KinderW.E.L.T. in Villip leitet.

Den Job in der Reisebranche schminkte sich der Godesberger früh ab. „Ich bin nicht der geborene Kaufmann“, gibt er zu. Ehrenamtlich hatte er sich schon vor seinem Realschulabschluss in der Kinder- und Jugendarbeit engagiert. „Deshalb habe ich die Berufsfachschule drangehängt, mit dem Ziel Sozialarbeit zu studieren“, sagt Biederbeck. Das habe er auch getan, aber nur sporadisch.

20 Jahre lang im Dienst der Stadt Meckenheim

 Schließlich ereilte ihn der Anruf seiner früheren Chefin aus dem Anerkennungsjahr, ob er nicht Lust habe, bei ihr anzufangen. Das hatte er, war zum Schluss Chef einer viergruppigen Einrichtung. „Ich habe 20 Jahre lang für die Stadt Meckenheim gearbeitet, die letzten vier als Vorsitzender des Personalrates“, so der Erzieher. Aber dann sei die Sehnsucht nach der Arbeit mit Kindern gewachsen. Weshalb die Stellenanzeige der Gemeinde Wachtberg für die Nachfolge von Sabine Heinen genau richtig kam. „Es war ein bewusster Wechsel“, sagt er.

Nun steht er drei Gruppen mit 70 Kindern zwischen zwei und sechs Jahren vor. Zudem elf Kolleginnen, einer Jahrespraktikantin und einer Hauswirtschaftskraft. Wie war es, mitten in der Corona-Krise zu starten? „Ich habe viele Morgen an der Tür gestanden, mich vorgestellt und versucht, trotz Masken die Namen der Eltern zu lernen“, erzählt Biederbeck. Man sei ihm sehr offen begegnet.

Es gibt noch einen zweiten männlichen Kita-Leiter in Wachtberg

„Die Eltern sind sehr froh, dass er da ist, die Kinder kleben an ihm“, beschreibt Wachtbergs Fachbereichsleiterin Sabine Radermacher die Situation. Bei Männern gäbe es von den Eltern immer Vorschusslorbeeren, sagt sie mit einem Schmunzeln. Kinder brauchten männliche Vorbilder, davon sind Biederbeck und Radermacher beide überzeugt. „Ich bewege mich anders, rede anders, gehe Dinge vielleicht anders an“, sagt der Leiter.

Warum aber gibt es dann so wenige Erzieher, in welcher Funktion auch immer? Wobei in Villiprott in der evangelischen KJF-Kita „Auf den zehn Morgen“ mit Bernd Büsch noch ein zweiter Mann als Leiter zu finden ist. „Der Beruf genießt nicht die Wertschätzung, die er bedürfte, das gilt auch für die Bezahlung“, lautet Biederbecks Antwort. Er lässt sich von den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen nicht stoppen. Auch nicht mehr von Vorbehalten, ob er sich als Mann Kindern denn überhaupt nähern darf.

Extrawürste gibt es für niemanden

Anfangs sei es ihm nicht leichtgefallen, wegen möglicher übler Nachrede Körperkontakt zuzulassen. Was ihm geholfen hat, sei Transparenz bei der Arbeit. „Ich melde mich immer ab, wenn ich mit einem Kind zum Beispiel in die Bibliothek in den Keller gehe“, sagt der 45-Jährige. Er beteilige sich an allen Arbeiten, auch am Wickeln. „Es gibt hier keine Extrawürste, für Eltern ebenfalls nicht.“ Denn wenn er erstmal ein Kind nicht wickeln dürfe, dürfe er dann beim nächsten vielleicht etwas Anderes nicht.

Neben dem Ausbau des literarischen Programms, des psychomotorischen Turnens und des Spieltheaters können sich die Kinder von Tigerenten-, Bären- und Mäusegruppe bei Biederbeck vor allem auf eins freuen: jede Menge Musik. „Ich bin zwar nicht der beste Sänger, aber ich spiele Gitarre, Trommel, Klavier, E-Gitarre und Akkordeon.“ Wenn es Corona zulässt, für alle hörbar auf dem nächsten Kitafest.   

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