"Bachemer Gespräche" in der Alten Schule Ein Sammler, der manchmal zu laut dachte

NIEDERBACHEM · Der frühere Lehrer Dietrich Glauner erzählte bei den ersten „Bachemer Gesprächen“ aus dem Leben seines Großvaters. Für die "Gespräche" werden weitere Alteingesessene gesucht, die aus dem Nähkästchen plaudern.

 Dietrich Glauner erzählt nicht nur von eigenen Erinnerungen, sondern auch von den Aufzeichnungen seines Großvaters.

Dietrich Glauner erzählt nicht nur von eigenen Erinnerungen, sondern auch von den Aufzeichnungen seines Großvaters.

Foto: Stefan Knopp

. An den Schuster Felten erinnerte sich nicht nur Dietrich Glauner. Ihn zu besuchen war für die Kinder von Mehlem und Niederbachem immer ein schauriges Ereignis, weil er sie über seine Brille hinweg so merkwürdig anschaute. „Uns hatte keiner gesagt, dass er ein Glasauge hatte“, erzählte Glauner am Montagabend bei den ersten „Bachemer Gesprächen“ in der Alten Schule.

Der Heimatverein Niederbachem feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen unter anderem mit einem Fest am 4. und 5. Juni. Zudem möchte man aus den Bachemer Gesprächen eine Veranstaltungsreihe machen, sofern sich weitere Alteingesessene finden, die aus ihrer Kindheit und Jugend berichten wollen. Ziel ist es laut Walter Töpner, die Kommunikation zu den Bürgern zu verbessern und Neubürger sowie die jüngeren Generationen anzusprechen und einzubinden.

Mit dem früheren Lehrer Glauner war den Veranstaltern ein lebhafter Auftakt gelungen, nicht nur wegen seiner eigenen Erlebnisse von der Birnenernte über das Spielen in der alten Quarzsandgrube bis zu Pfarrer Platzeks Blautanne, die jemand vor Weihnachten aus dessen Vorgarten geklaut hatte. Glauners gleichnamiger Großvater, ein leidenschaftlicher Heimatforscher und Sammler, hatte ab 1895 Tagebücher geschrieben, aus denen sein Enkel viel zitierte.

Der Großvater hatte 1897 ein Grundstück an der heutigen Meckenheimer Straße gekauft, und einen Grundriss in seinem Tagebuch aufgezeichnet, inklusive Umgebung: Dort gab es damals noch Weinberge. Aus den Büchern erfuhr man von der Kartoffelnot im Ersten Weltkrieg. Kartoffeln seien streng rationiert gewesen, und man habe Schulkinder abkommandiert, um Säcke aufzuspüren, die die Bevölkerung versteckt hatte. „Das traute sich keiner.“

Als die Pferde noch die Treidelkähne zogen

Der Großvater beschreibt auch, dass die Bauern auf dem Rodderberg, wenn sie die alten Treidelkähne auf dem Rhein entdeckten, alles stehen und liegen ließen, um mit ihren Pferden zum Rhein zu eilen. Die Schiffe wurden damals noch von den Tieren gegen den Strom gezogen. „Damit konnten die Bauern etwas Geld nebenher verdienen“, so Glauner.

Daneben tauschten die Anwesenden auch Kriegserinnerungen aus, etwa über die Luftangriffe der Alliierten. „Die Bomber drehten über Mehlem nach Bonn ab“, erinnerte sich Glauner. „Dort war der Himmel dann feuerrot.“ Sein Großvater habe Ärger mit den „Braunen“ gehabt. „Er hat ständig zu laut etwas gedacht und gesagt gegen die Nazis.“ Im Winter 1944/45 habe man ihn abholen und vermutlich in ein KZ bringen wollen. Das habe ein eilig herbeigerufener Arzt verhindern können, weil der alte Mann damals krank war. 1947 starb er mit 79 Jahren. Was auf seinem Grabstein stehen sollte, hatte er in seinem ersten Tagebuch schon geschrieben: „Dieser ist ein Mensch gewesen, und das heißt, ein Kämpfer sein.“

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