Arbeitsintegration von Flüchtlingen Einsatz als Saisonarbeiter

WACHTBERG · Wie lassen sich Flüchtlinge rasch in Arbeit vermitteln? Diese Frage treibt auch Wachtbergs Verwaltung um, da jede Menge potenzieller Arbeitsplätze quasi vor der Rathaustür zu liegen scheinen: bei jenen Landwirten, die große Anbauflächen etwa mit Obst und Gemüse bestellen.

 Saisonarbeiter werden im Ländchen in großer Zahl gebraucht. Das Archivfoto zeigt ein Erdbeerfeld zwischen Villip und Gimmersdorf.

Saisonarbeiter werden im Ländchen in großer Zahl gebraucht. Das Archivfoto zeigt ein Erdbeerfeld zwischen Villip und Gimmersdorf.

Foto: Axel Vogel

Bekannt ist ja: Gerade Betriebe, die sich auf personalintensive Bereiche wie den Erdbeeranbau spezialisiert haben, brauchen viele Hände beim Ernten. Doch die Kräfte sind hier kaum zu bekommen. Daher setzen viele auf Saisonarbeiter, vor allem aus Osteuropa. Warum diese Arbeit nicht den Flüchtlingen anbieten? Welche Möglichkeiten sich eventuell eröffnen, wollten Bürgermeisterin Renate Offergeld und Wirtschaftsförderer Jens Forstner jüngst mit Landwirten und Gartenbauunternehmen im Rathaus ausloten.

Was rechtlich möglich ist, erklärte Thomas Kill, Teamleiter Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur Bonn. In den ersten drei Monaten nach ihrem Asylantrag dürfen die Menschen nicht arbeiten. Dass sei laut Kill nicht problematisch, weil sie da noch nicht fit für den Arbeitsmarkt seien. Nach Ablauf der drei Monate können sich Flüchtlinge und Asylsuchende dann aber eine Arbeit suchen.

Dazu benötigen sie eine Arbeitserlaubnis der Bundesagentur für Arbeit. Die gibt es, wenn es für den Job keinen mindestens gleich qualifizierten Bewerber aus der EU gibt. Erst 15 Monate nach dem Antrag entfällt die Vorrangprüfung. „Ab dem 16. Monat steht den Migranten der Arbeitsmarkt offen“, so Kill.

20 bis 30 Flüchtlinge wären geeignet für hiesigen Arbeitsmarkt

Eine Ausbildung kann ein Flüchtling seiner Aussage nach noch einfacher anfangen: „Nach dem vierten Monat ist eine Einstellung ohne Vorrangprüfung möglich.“ Unbestritten wäre aus seiner Sicht auch „Saisonbeschäftigung eine wunderbare Sache“: „Die Menschen bleiben nicht auf Hilfsarbeiterniveau gefangen und verdienen in einem überschaubaren Zeitraum gutes Geld.“ Schließlich gelte der Mindestlohn.

Potenzial bei den Flüchtlingen in der Gemeinde ist schnell ausgemacht: Nach Aussage von Fachbereichsleiter Alfons Engels sind derzeit 409 Flüchtlinge aus 26 Nationen registriert, davon 258 Personen in der für den Arbeitsmarkt interessanten Gruppe zwischen 18 und 60 Jahren. Über den Daumen gepeilt 20 bis 30 Flüchtlinge wären nach Ansicht von Kurt Zimmermann „theoretisch“ für den hiesigen Arbeitsmarkt geeignet.

Zimmermann kann es beurteilen, denn er leitet den Ökumenischen Arbeitskreis, der eine von drei Säulen im Ländchen bei der Flüchtlingsbetreuung ist. Aber Zimmermann sagte auch: „Ich sehe das größte Problem dabei aber bei der Ausländerbehörde.“ Die sei „sehr kompliziert“.

Doch was einen konkreten Einsatz von Flüchtlingen etwa als Saisonarbeiter angeht, erteilte Stefan Schneider Plänen einen jähen Dämpfer. „Man muss sehen, dass Flüchtlinge in einem direkten Konkurrenzverhältnis zu Saisonarbeitern aus Polen, Bulgarien und Rumänien stehen“, sagte Schneider, der einer der größten Landwirte im Ländchen ist. Während die Verfahren mit diesen Arbeitern aus Osteuropa eingespielt seien, sieht er zusätzliche „Komplikationen“ mit Flüchtlingen auf Landwirte zukommen, so etwa in Sachen Religion und Essen: „Welche Anreize gibt es daher für den Arbeitgeber?“, fragte er zurück.

Anders sieht das Urban Blum: Der Gärtnermeister aus Fritzdorf beschäftigt einen syrischen Flüchtling und ist „sehr zufrieden“ mit ihm. Etwa was seine Kenntnisse beim Beschneiden der Apfelbäume angeht: „In Syrien gibt es auch Apfelbäume“, habe ihm der Syrer erklärt, dessen Deutsch noch zu wünschen übrig lasse. Was Blum helfen würde: „Wenn sein syrischer Führerschein akzeptiert würde.“ Dabei warnte Barbara von Wagenhoff, die VHS-Integrationskurse gibt, die Integration zu vernachlässigen: „Die Menschen wollen oft schnell Geld verdienen und vergessen, Deutsch zu lernen.“

Wer etwas zum Thema „Arbeit“ beisteuern kann oder sich informieren will, soll sich bei Wirtschaftsförderer Jens Forstner unter 02 28/9 54 41 77 melden.

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