Bodenversiegelung Flächen hemmungslos versiegelt?

WACHTBERG · Nach dem katastrophalen Unwettersamstag machen sich viele Wachtberger Gedanken darüber, wie es zu den teils verheerenden Schäden kommen konnte. Ein Reihe von Leserhinweisen zielen in die gleiche Richtung: Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Kritik an einer übermäßigen Bebauung.

 Das Gewerbegebiet Villip soll erweitert werden, was einige Bürger in Sachen Versiegelung und Unwetter kritisch sehen.

Das Gewerbegebiet Villip soll erweitert werden, was einige Bürger in Sachen Versiegelung und Unwetter kritisch sehen.

Foto: Axel Vogel

So sagt eine Wachtbergerin: „Schon ein Blick ins Erdkunde-Buch für Kinder verrät: Bodenversiegelung ist die Hauptursache für Bach- und Flusshochwasser.“ Dennoch habe die Gemeinde Wachtberg in den letzten Jahren vor allem in Berkum und Villip „wirklich hemmungslos ehemalige Felder und Wiesen versiegelt, die nun kein Regenwasser mehr aufnehmen können.“ Konkret bemängelt die Beschwerdeführerin die Situation im Gewerbegebiet in Villip sowie im Berkumer Einkaufszentrum, das nun auch noch erweitert worden sei. Es sei nun kein Zufall, dass Starkregen, den es auch früher gegeben hätte „erst seit zehn Jahren die Wachtberger Bäche über die Ufer treten lässt“.

Ratsmitgliedern möchte die Wachtbergerin Folgendes mit auf den Weg geben: „Stellen Sie sich beim nächsten Starkregen auf den Edeka-Parkplatz vor einen Gully. Das Wasser, das Sie hier in die Kanalisation rauschen sehen, kommt ein Stündchen später vielleicht in einem Wohnzimmer in Niederbachem oder Pech an – und natürlich in Mehlem und Godesberg.“ Statt aufgeregter Diskussionen darüber, welche Brücke weg muss und welche Sandsäcke wo gefehlt haben, „sollten die Bürger den Parteien im Gemeinderat lieber auf die Finger sehen, wenn noch und noch Baugebiete ausgewiesen werden“.

Genau das hinterfragt auch ein Niederbachemer Bürger. Der wundert sich darüber, dass just an der Mühlenstraße, wenige Meter entfernt vom Mehlemer Bach, gerade ein neues Haus gebaut wird. Vor rund einer Woche war auch der Mehlemer Bach wieder kräftig über seine Ufer getreten und hatte erneut einige Keller unter Wasser gesetzt.

„Das Grundstück liegt außerhalb des Überschwemmungsgebietes und war nach meinem Stand auch nicht von dem letzten Unwetter am 4. Juni betroffen“, erklärte Beigeordneter Jörg Ostermann dazu. Zum Vorwurf einer übermäßigen Versiegelung sagt er: „Gerade dieses Unwetter hat bestätigt, was die Fachleute schon immer gesagt haben: Bei extremen Wetterereignissen mit Starkregen ist der Einfluss der Versiegelung auf die Ableitung des Niederschlagwassers marginal.“ An dem Unwettersamstag sei Starkregen lediglich in den Gemarkungen Fritzdorf, Arzdorf und Werthhoven gefallen: „Dort ist die Versiegelung durch die geringe Bebauungsdichte für alle offenkundig überschaubar“, so Ostermann. „Zudem wurde das Ereignis durch die angesprochenen versiegelten Flächen im EKZ oder im Gewerbegebiet nicht verschärft, da es dort kaum geregnet hat.“

Ähnliches sagt CDU-Fraktionschef Franz Jäger. Bei dem letzten Unwetter seien die großen Schäden gerade da entstanden, „wo es vergleichsweise wenig geregnet hat“. Daher gehe es bei einer Schadensanalyse eher um ein Hochwasser, „das mit einer regelrechten Flutwelle ins Tal stürzt“.

Und genau diese Überschwemmungen waren für Jäger nun wohl auch schicksalshaft: „Experten sind sich einig, dass sie durch nichts zu verhindern gewesen wären.“ Gleichwohl kündigt er an: „Wir werden mit dem Thema Hochwasser noch sensibler umgehen und bei Bauvorhaben noch genauer hinschauen müssen, was geht und was nicht geht.“

„Der Wasserabfluss von den bebauten Flächen im Innenbereich durch die Kanäle hat funktioniert“, bestätigt auch UWG-Fraktionschef Joachim Mittweg. „Deshalb möchte die UWG ein besonderes Augenmerk auf den Außenbereich und dessen Nutzung legen.“ Hier wäre ein runder Tisch gefordert.

Die Bebauung in Bachnähe hinterfragt Mittweg allerdings: „Nach den Erfahrungen der jüngsten Ereignisse sind alle Bauvorhaben diesbezüglich kritisch unter die Lupe zu nehmen. Bäche und Flüsse sollten zukünftig großflächig von jeglicher Bebauung freigehalten werden.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort