Der elfjährige Wachtberger liebt Wahlen Fritz fühlt Politikern auf den Zahn

Wachtberg-Berkum · Der elfjährige Wachtberger Fritz Blumenthal liebt Wahlen und arbeitet sich akribisch in die Programme von Parteien ein. Den Politikern fühlt er mit kenntnisreichen Fragen auf den Zahn.

 Fritz Blumenthal zeigt auf dem Balkon in Berkum einen seiner grauen Ordner, in denen er Wissenswertes zu Wahlen sammelt.

Fritz Blumenthal zeigt auf dem Balkon in Berkum einen seiner grauen Ordner, in denen er Wissenswertes zu Wahlen sammelt.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Es könnte sein, dass Fritz Blumenthal an diesem Montag etwas müder als sonst in seiner Klasse sitzt. Denn der Elfjährige hat ein Hobby, das nicht so gewöhnlich in seiner Altersgruppe ist. Der Berkumer, der das Bad Godesberger Aloisiuskolleg besucht, liebt Politik. Genauer: Wahlen. Klar also, dass er sich am Sonntagabend zur Wahlauszählung in die Aula der Hans-Dietrich-Genscher aufmachte.

Angefangen hat alles vor drei Jahren, als mit Oliver Krauß (CDU) ein Bekannter der Familie für den Landtag kandidierte. „Überall war der Olli auf Plakaten zu sehen, und ich wollte wissen, warum“, erinnert sich Fritz. Er löcherte seine Eltern mit Fragen. „Wir sind zwar politisch interessiert, aber keinesfalls engagiert“, sagt seine Mutter Elke Blumenthal. Die Diplom-Bibliothekarin riet ihrem Sohn jedoch, sich parteiübergreifend zu informieren. Das tat er und legte seinen ersten grauen Wahlordner an.

Zum Glück für den damaligen Drittklässler folgte schon im Oktober 2017 die Bundestagswahl. Und der Schulauftrag, einen Brief zu schreiben. „Eigentlich wollte ich ihn direkt an Bundeskanzlerin Merkel richten“, erzählt der Schüler. Doch seine Eltern rieten ihm, erstmal kleiner anzufangen. Durch Zufall erfuhr er von einem Besuch Norbert Röttgens (CDU) bei der Frauen Union Wachtberg. „Da habe ich mich zum Gilgen’s aufgemacht und ihm meinen Brief übergeben.“ Der Bundestagsabgeordnete antwortete nicht nur wie versprochen und beeindruckt binnen drei Tagen, sondern lud Fritz mit seinen Eltern auch zu einer Berlin-Fahrt ein.

„Hier, das bin ich im Bundestag“, sagt Fritz stolz und zeigt ein Foto, das ihn vor dem Bundesadler zeigt. Noch immer weiß er jeden Programmpunkt der Tour. Dann ging es erstmal mit seiner sportlichen und schulischen Karriere weiter. Denn zum einen ist er seit sechs Jahren beim Godesberger Judo Club aktiv und trägt den grünen Gurt. Zum anderen brennt er für Mathe und nimmt an entsprechenden Olympiaden teil. „Es gibt auch Fächer, die mag ich nicht so, ich verrate aber nicht was“, sagt er keck.

Genauso wenig kommt über seine Lippen, für wen der Sechstklässler bei der aktuellen Bürgermeisterwahl gestimmt hat. Denn er beteiligte sich im Vorfeld an den U16-Wahlen, die Gemeinde und Jugendfachkräfte an der Genscher-Schule durchgeführt haben (der GA berichtete). Kandidaten und Parteien hat er vorher auf Herz und Nieren geprüft, in Wachtberg ist er deshalb in der politischen Szene bekannt. „Ich wollte zum Beispiel wissen, wie sie zu dem Lead-City-Projekt stehen und was sie für den ÖPNV tun, wenn es nicht fortgeführt wird“, sagt Fritz. Die inzwischen gute Taktung verhilft ihm täglich zu einer schnellen Reise von Berkum nach Godesberg. Er ist in diesem Wahlkampf mit vielen Lokalpolitikern auch persönlich ins Gespräch gekommen. „Jeden Samstag um 8 Uhr, wenn wir am Einkaufszentrum Brötchen holen waren“, erzählt Vater Engelbert. Bürgermeisterin Renate Offergeld (SPD) durfte er sogar im Rathaus besuchen. Was der Ingenieur als politischen Smalltalk beschreibt, würdigt Oliver Henkel (Grüne) so: „Fritz ist ein versierter Gesprächspartner.“ Was vielleicht auch daran liegen mag, dass er unter anderem täglich die Tagesschau guckt und sich nicht nur „mit dem Typen in Amerika“ gut auskennt.

Für das GA-Gespräch hat er sein Waveboardfahren unterbrochen, zeigt später in seinem Keller-Chemielabor noch schnell einen Versuch mit magischem Licht und hört generell zur Entspannung Harry Potter. „Er soll vielseitig sein, wir wollen ja keinen Nerd zum Sohn“, betont seine Mutter. Obwohl er das nicht gehört hat, legt er wie zum Beweis, dass er ein normaler Junge ist, beim Fototermin ganz unbrav die Füße auf den Gartentisch. Beruflich hat sich der Schüler noch nicht festgelegt. Irgendwas zwischen Erfinder oder Ingenieur. Davor gilt es, diverse Wahlen zu beobachten. Die grauen Ordner wollen schließlich mit Material gefüllt werden.

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