Nützliches und Historisches in Wachtberg Holzemer Dorfflohmarkt feiert Premiere
Wachtberg-Holzem · Trödeln auf dem Dorf liegt im Trend. Holzem hat sich dem jetzt angeschlossen und feierte Premiere des eigenen Trödelmarktes. Neben Nützlichem gab es historische Schätze.
Zwischen historischen Waffeleisen für Holz- und Gasöfen aus dem vorigen Jahrhundert, aktueller Kinderkleidung oder originalen Spieleausgaben aus den 50er bis 70er Jahren zog sich am Wochenende der Duft von frisch Gegrilltem, Waffeln und Kaffee. Entspannt stöberten die Gäste des ersten Dorfflohmarkts in einem der kleinsten Orte Wachtbergs in den Höfen und vor den Häusern mit Markierungen aus bunten Luftballons.
Während Familien vorrangig mit den Kindern nach neuem Spielzeug, Reithelmen oder Ähnlichem Ausschau hielten, waren einige Schnäppchenjäger gezielt auf der Suche nach neuen Sammlerstücken.
Keine aktuellen, sondern die ersten Spielekonsolen oder Spiele dafür suchte Retrogamer Martin König. Als leidenschaftlicher Flohmarktgänger war er zuletzt in Metternich und Meckenheim gewesen. Im Merler Winkel habe er aber nur Sportspiele gefunden, erzählte er. In Holzem hoffte er auf interessante Spiele für den Ur-Gameboy, die Playstation 3 oder alte Nintendo-Geräte.
„Bei vielen Flohmärkten kommen Händler etwa eine Stunde vor Beginn beim Aufbau, kaufen die besten Stücke auf und bieten sie dann um das zehn- bis zwanzigfache teurer im Internet an“, berichtete er von seinen Erfahrungen. Das sei bei Dorfflohmärkten oft anders. Deshalb hoffte König, hier etwas Passendes für seine rund 1000 Spiele fassende Sammlung zu ergattern. In einem Hof fand er zwar keine Spiele, aber ein historisches Kochbuch, das er sogar geschenkt bekam.
Wenige Türen weiter hatten die Aktiven von Annas Gnadenhof ihre Tische aufgebaut. Darauf präsentierten sich bunt gemischt Kleingeräte, Nützliches für den Haushalt, Ölgemälde und ein Kinderpuppen-Paar aus dem frühen vergangenen Jahrhundert. Die beiden scheinbar in Handarbeit hergestellten Kunststoff-Gesellen mit handgenähter Kleidung hatten der Großmutter eines Anbieters gehört und sollten an diesem Tag eine neue Heimat finden. „Was hier eingenommen wird, ist für die Unterstützung des Gnadenhofs gedacht“, erklärte einer der Aktiven. Die meisten Helfer hatten im eigenen Haushalt und bei Freunden und Angehörigen nach geeigneter Verkaufsware gesucht.
Von politischen Größen und Kolonien
Etwas Besonderes hatte Mitorganisator Peter Prawdzik zu bieten. „Eine Erstausgabe des Daily Express aus London vom 24. April 1900“, berichtete er. Die achtseitige Zeitung berichtete seinerzeit von Treffen hoher politischer Amtsträger und Geschehnissen in den Kolonien oder warb unter anderem für eine Eiffel-Tower-Lemonade.
Daneben erkannten Kenner auf dem Tisch sofort einen kleinen Stapel mit Erstausgaben von Spieleklassikern. „Das war das erste, das in Serie in den Verkauf ging“, erklärte Prawdzik zu einer Memory-Ausgabe. „So etwas suchen am ehesten Sammler.“ Das gut erhaltene, unbeschädigte Zeitungsexemplar fand an diesem Tag übrigens eine neue Besitzerin.
Für die Mitorganisatorin Gisela Moog gab es zum Abend des Flohmarkttags ein klares Fazit: „Super. Alle fanden es toll und würden so etwas gerne wieder machen, es hat sich gelohnt.“ Sie selbst hatte Garagenflohmärkte in den USA schon kennengerlernt, als in Deutschland der organisierte Flohmarkt an einem gut erreichbaren zentralen Ort mit vielen Teilnehmern an einem einzigen Platz üblich war.
In Holzem hatten schon bei der Organisation die Mitstreiter die Aufgaben auf mehrere Schultern verteilt. Nicht nur viele gute Verkäufe, auch die besondere Atmosphäre in dem Dorf ohne Bürgersteige war bei Besuchern und Machern gut angekommen. „Die Menschen standen und gingen auf der Straße, die Kinder spielten, und die Autofahrer haben Rücksicht genommen“, erzählte Moog vom erstaunlich verkehrsberuhigenden Effekt der Veranstaltung. Selbst einige Radfahrer, die hier sonst eher flott unterwegs seien, seien langsam gefahren, so Moog.
Zusätzlich gab es Führungen von Wilfried Breuer und der Historikerin Barbara Hausmanns in der Anton-Raaff-Kapelle. So erfuhren die Gäste Interessantes zum Sakralbau und zum berühmten Wachtberger Tenor Anton Raaff. Im 18. Jahrhundert war der in Gelsdorf geborene, weitgereiste Musiker und väterliche Freund von Wolfgang Amadeus Mozart mit den Eltern nach Holzem gezogen. Hier arbeitete der Vater als Verwalter für den kurkölnischen Obristhofmarschall Max Hattard Waldbott von Bassenheim an der Burg Gudenau. Die Basis der Karriere des späteren Tenors legte die Ausbildung am Bonner Jesuitengymnasium, wo Anton Raaff schon als Kind in dramatischen Aufführungen mitsang.