Senioren am Steuer Jeder ist für sich selbst verantwortlich

WACHTBERG · Wann bin ich eigentlich zu alt, um Auto zu fahren? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage gibt es nicht. Da sind sich Cornelia Brodeßer von der Verkehrswacht und Erich Klaus von der Bonner Polizei einig. "Man muss weg von dem Zahlendenken", sagt Klaus. "Wie ich mich mit 65 fühle, bestimme ich immer noch selbst." Wichtig sei, dass man akzeptiere, dass sich der Körper ab der Geburt verändere. "Ich muss in mich hineinhorchen und ehrlich zu mir selbst sein." Dieser Meinung ist auch Brodeßer, die auf Einladung der Senioren Union einen Vortrag zu dem Thema "Fahreignung (k)eine Frage des Alters?" in Wachtberg gehalten hat.

 Senioren am Steuer: Wann ist man zu alt, um Auto zu fahren? Laut Polizei und Verkehrswacht gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort.

Senioren am Steuer: Wann ist man zu alt, um Auto zu fahren? Laut Polizei und Verkehrswacht gibt es auf diese Frage keine eindeutige Antwort.

Foto: dpa

Es gebe Kompetenzen, die für sicheres Fahren notwendig seien. Dazu gehören Sehen, Hören, Reaktion, Aufmerksamkeit und Motorik. All diese Dinge verändern sich mit dem Alter. "Früher oder später gibt es Leistungsbeeinträchtigungen", sagt Brodeßer. Die körperliche Beweglichkeit lässt nach, man braucht länger, um schnell wechselnde oder komplexe Situationen zu erfassen. Außerdem sieht und hört man schlechter, ein ständig quasselnder Beifahrer oder Kinder im Auto lenken uns auf einmal stärker ab, erklärt Brodeßer.

  • Sehen: Reagieren meine Augen rechtzeitig auf wechselnde Lichtverhältnisse? Fühle ich mich schnell geblendet? Wie sehe ich bei Dämmerung? Ist mein Blickfeld noch ausreichend, und kann ich Geschwindigkeiten und Entfernungen noch abschätzen? Dies sind die Fragen, die man sich laut Klaus stellen sollte. Brodeßer empfiehlt außerdem, mindestens alle zwei Jahre einen Augenarzt aufzusuchen - auch schon in jüngeren Jahren.
  • Hören: Die Verschlechterung läuft langsam, so Brodeßer. "Der Betroffene gewöhnt sich daran und bemerkt das schlechtere Hören erst, wenn er darauf angesprochen wird." Wenn man beim Spazierengehen den Radfahrer nicht mehr hört oder den Fernseher immer lauter stellt, sind das laut Klaus Anzeichen.
  • Medikamente: Jeder Mensch nimmt im Laufe seines Lebens eine Vielzahl an Medikamenten zu sich. Ob diese eine Auswirkung auf die Fahrtüchtigkeit haben - darüber machen sich die wenigsten Gedanken, so Brodeßer und Klaus. Ihr Appell: Man sollte den Hausarzt um Rat fragen, auch was die nicht verschreibungspflichtigen oder homöopathischen Medikamente angeht. Außerdem wünscht sich Klaus von den Ärzten, dass sie verstärkt von sich aus auf ihre Patienten zugehen.
  • Konzentration: Wenn mich der Beifahrer zu sehr ablenkt, ich mich schneller überfordert fühle und aus der Ruhe gerate, wenn Navianzeige und Wirklichkeit nicht übereinstimmen, lässt laut Klaus die Konzentration nach. Der Tipp: Den Beifahrern ehrlich sagen, dass man gestört wird, sagt Brodeßer.
  • Eigenverantwortung: Diese ist am wichtigsten. In Deutschland gibt es keine generelle Pflicht, seine Fahrtauglichkeit untersuchen zu lassen. Häufig erfolgt erst nach einem Unfall die Anordnung der MPU (Medizinisch-Psychologischen Untersuchung), besser bekannt als Idiotentest, mit der die Tauglichkeit bewiesen werden soll. "Lassen Sie es nicht so weit kommen", so die Polizei.
  • Erfahrung: Eins dürfe man nicht vergessen, so die Experten: Im Alter fährt man umsichtiger und langsamer, was Risiken minimiert. Deswegen sollte man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, die Erfahrung nutzen. Hilfreich sei außerdem der Besuch eines Fahrsicherheitstrainings, rät Klaus.
  • Angehörige: Wenn Angehörige das Gefühl haben, dass Vater oder Mutter, Großvater oder -mutter nicht mehr sicher fahren, ist Ehrlichkeit gefragt. "Man muss dem Gegenüber klar machen, dass man sich um ihn sorgt, und gemeinsam eine Lösung finden", so Klaus.
  • Alternativen: Dem Polizisten ist es wichtig, Alternativen aufzuzeigen. So sollte man früh Auto, Bus und Bahn parallel nutzen. "Dann ist die Mobilität nicht so eingeschränkt, wenn man auf das Auto verzichten muss oder möchte."

Kontakt: Erich Klaus, Rufnummer 0228/156123, und Cornelia Brodeßer, Rufnummer 0228/342509 (nach 19 Uhr).

Die Statistik:

Laut Polizeistatistik waren 2011 964 Senioren an 923 Unfällen beteiligt. Bei einer Gesamtunfallzahl von 15 725 im Bereich der Bonner Polizei (Bonn, Bad Honnef, Königswinter und linksrheinischer Rhein-Sieg-Kreis) sind das 5,9 Prozent. Bis September 2012 waren 737 Senioren an 719 Unfällen beteiligt. Dies entspricht 6,3 Prozent der Gesamtunfallzahl von 11 501. Laut Statistik liegt der Bevölkerungsanteil der Senioren im Bereich der Bonner Behörde bei 19,1 Prozent. Damit haben sie im Verhältnis nur einen geringen Anteil am Unfallgeschehen.

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