Einkaufsdienst in Wachtberg Jugendliche helfen Senioren durch die Corona-Krise

Wachtberg · Jüngere Gemeindeglieder der evangelischen Kirche Wachtberg kaufen für ältere Wachtberger ein. An drei Tagen in der Woche können Menschen, die zur Risikogruppe zählen, per Telefon eine Bestellung aufgeben.

 Mit den Einkäufen verlässt Maren Pagenkopf den Supermarkt.

Mit den Einkäufen verlässt Maren Pagenkopf den Supermarkt.

Foto: Silke Elbern

Es gibt viele erste Male im Leben. Und so steht Maren Pagenkopf heute mit einer Einkaufsliste für ihr völlig unbekannte Menschen vor einem Supermarkt in Berkum. „Ich hab gerade viel Zeit, da bot sich das an“, begründet die 19-Jährige, warum sie sich im Auftrag der evangelischen Kirchengemeinde Wachtberg in der Corona-Krise für Senioren engagiert.

Normalerweise hat es die Ließemerin seit dem vergangenen Sommer eher mit einer anderen Alltagsklasse zu tun. „Ich absolviere meinen Bundesfreiwilligendienst an der OGS der Till-Eulenspiegel-Grundschule in Kessenich“, erzählt sie. Doch seit der Schulschließung ist sie ausgebremst, das angepeilte Lehramtsstudium aus dem gleichen Grund auch (noch) nicht in Sicht. Insofern ist sie freudig gespannt, seit am Mittag der Anruf von Frank Fongern kam. Der Jugendleiter hat das Projekt gemeinsam mit seiner Kollegin Svenja Schnober entwickelt.

Zehn 15- bis 23-Jährige waren sofort Feuer und Flamme

An drei Tagen in der Woche können Menschen, die zur Risikogruppe zählen, per Telefon eine Bestellung aufgeben. „Die Idee ist vor zwei Wochen spontan entstanden, weil wir uns als Kirchengemeinde zeigen wollten“, sagt Fongern. Dafür sprachen Schnober und er Ehrenamtliche aus der Kinder- und Jugendarbeit an. „Zehn Leute zwischen 15 und 23 waren sofort Feuer und Flamme.“

Eine von eben jenen ist Maren Pagenkopf, jetzt ausgestattet mit Einmal-Handschuhen und auf der Suche nach Kümmelkäse in Scheiben. „Gibt’s hier nicht“, stellt sie fest und greift zur notierten Alternative Edamer. Seit ihrer Konfirmation ist sie im positiven Sinne hängengeblieben in der Gemeinde. „Ich mache mit bei der Ferienbetreuung, verkaufe bei Gemeindefesten Kuchen oder helfe, wo’s nötig ist“, sagt die 19-Jährige, die sich ganz unaufgeregt als „sozial“ beschreibt.

Mit zwei Lammlachsen von der Frischetheke, diversen Päckchen Butter, dem gewünschten Kochschinken und vielem mehr macht sie sich zur Kasse auf. „Gott sein Dank stand kein Toilettenpapier auf der Liste“, meint sie mit einem Schmunzeln, während sie sich später in die Kioskschlange einreiht und die „Bild der Frau“ kauft.

Die Einkäufer werden heimatnah eingesetzt

Dann geht es mit ihrem kleinen Auto nach Ließem. „Unsere Jugendleiter versuchen, uns heimatnah einzusetzen“, so Pagenkopf. Ihre erste Abnehmerin heißt Rita Kaczmarek, die sonst selbst ehrenamtlich in der Kirchengemeinde tätig ist, in Niederbachem. „Mit 68 zähle ich ja schon zur Risikogruppe“, sagt Kaczmarek. Der Tütenaustausch erfolgt ohne Körperkontakt, das Geld wechselt in einer auf dem Boden abgestellten Tupperdose den Besitzer. Erfahren habe sie über den Gemeindebrief von dem Angebot.

So wie auch die Neiderts, ein paar Straßen weiter. „Ich bin eigentlich eine treulose Kirchgängerin“, gesteht Gudula Neidert. Aber dann traute sich die 80-Jährige doch, zum Telefonhörer zu greifen. Und ist dankbar. „Unser einziger Sohn wohnt in Leipzig, und wir mussten ihm versprechen, nicht einkaufen zu gehen“, sagt Rudolf Neidert (85). Zurück am Auto, den noch improvisierten Mundschutz auf Position, die Erkenntnis: In etwas mehr als einer Stunde hat die angehende Studentin drei Leute glücklich gemacht. Es gibt schlechtere Bilanzen.

Das EinkaufsHilfeProjekt der evangelischen Kirche Wachtberg ist montags, mittwochs und freitags von 10 bis 12 Uhr unter ☎ 01 62/7 07 52 03 für Bestellungen erreichbar. Die Gemeinde Wachtberg bietet unter ☎ 0228/9 54 41 11 eine Corona-Hotline an. Die Ehrenamtsbörse Wachtberg hat die Hotline ☎ 01 60/95 45 55 54.

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