Interview mit Franz-J. Jäger "Kärrnerarbeit wird der Schlüssel sein"

WACHTBERG · Als CDU-Fraktionschef will Franz-J. Jäger die Arbeit der Bürgermeisterin als "konstruktiv-kritische Opposition" begleiten.

 Franz-J. Jäger, führt seit der Neuwahl des Gemeinderats die CDU-Fraktion und folgt in diesem Amt Hartmut Beckschäfer.

Franz-J. Jäger, führt seit der Neuwahl des Gemeinderats die CDU-Fraktion und folgt in diesem Amt Hartmut Beckschäfer.

Foto: Axel Vogel

Der Wachtberger CDU bescherte die letzte Kommunalwahl einen herben Rückschlag. Nicht nur, dass die Partei im Drachenfelser Ländchen bei der Ratswahl etwa 1,3 Prozent einbüßte, und jetzt noch auf knapp 41 Prozent kommt. Vor allem die Bürgermeisterwahl hatte der christdemokratische Kandidat Hartmut Beckschäfer am Ende in der Stichwahl klar verloren. Im Rathaus zog mit Renate Offergeld zum ersten Mal in der Gemeindegeschichte eine SPD-Kandidatin ein. Wie es jetzt in und mit der CDU weitergeht, wollte Axel Vogel von dem neuen Fraktionschef Franz-J. Jäger wissen.

Herr Jäger, der Wachtberger Rat hat sich gerade neu konstituiert und mit Renate Offergeld eine SPD-Bürgermeisterin vereidigt. Wie weh tat Ihnen das?
Franz-J. Jäger: Schmerz ist für mich nicht die richtige Kategorie. Herbe Enttäuschung trifft die Gefühlslage besser. Nachdem wir uns kräftig geschüttelt haben, ist der Blick wieder nach vorne gerichtet.

Haben Sie sich einen Reim darauf gemacht, warum sich die Wähler in der Stichwahl doch überraschend klar für Frau Offergeld ausgesprochen haben? War das das geballte Frustpotenzial?
Jäger: Die Gründe für die Niederlage sind nicht eindimensional sondern vielschichtig. Zunächst bleibt festzuhalten, dass Hartmut Beckschäfer im ersten Wahlgang absolut mehr Stimmen bekommen hat als sein Vorgänger bei der Wahl 2009. Unsere Stammwählerschaft haben wir also zum großen Teil erreicht. Bei der Stichwahl hatten wir dann 900 Stimmen weniger, also ein Mobilisierungsproblem.

Auch mit den "Wahlempfehlungen" hatten Sie so ihre Probleme.
Jäger: Das stimmt. Die klare Wahlempfehlung zumindest bei den Grünen stand diametral ihrem zuvor sehr persönlichen Wahlkampf gegen Frau Offergeld und ebenso ihrer Wahlempfehlung im Kreis entgegen, mit dem entsprechenden Ergebnis für den Landrat. Die Wähler sind dem gefolgt. Wir hatten ein Empfehlungsproblem. Dazu müssen wir uns eingestehen, dass unser Kompetenzwahlkampf, dem am Ende wohl die notwendigen Emotionen gefehlt haben, nicht verfangen hat. Unsere Konkurrentin hat es wohl verstanden, sich als "herzlich" darzustellen - für uns ein Imageproblem. Last but not least hat es auch Frustpotenzial gegeben, welches sich im Wahlergebnis niedergeschlagen hat. Wir hatten also auch noch ein Frustrationsproblem. Da muss man nicht drum herumreden.

Hat Ihr Kandidat, Hartmut Beckschäfer, vielleicht zu sehr den "Verwaltungsfachmann" herausgestellt und zu wenig an das Herz der Wähler appelliert?
Jäger: Ohne Abstriche: Hartmut Beckschäfer war der richtige Kandidat, mit allen notwendigen Kompetenzen und Charaktereigenschaften für das Bürgermeisteramt ausgestattet. Es wäre aber völlig unglaubwürdig gewesen, ihm ein künstliches "Ich hab euch alle lieb"-Image aufzusetzen. Es ist doch vielmehr so, dass wir es mit einem grundsätzlichen Phänomen bei Wahlen zu tun haben. Ich stelle fest, dass man immer weniger mit einem sachbetonten Wahlkampf beim Bürger ankommt. Wenn wir uns etwas vorwerfen müssen, dann ist es vielleicht, diese Lehre nicht aus den letzten Bundes- und Landtagswahlen gezogen zu haben.

Es scheint, Sie hadern immer noch ein Stück weit damit, dass Frau Offergeld auf dem Bürgermeisterstuhl sitzt.
Jäger: Lassen Sie mich es so sagen: Es hat mich schon erstaunt, dass man ohne fachliches Profil und ohne konkrete inhaltliche Aussagen so wichtige Wahlen wie um das Amt des Wachtberger Bürgermeisters in dieser Deutlichkeit gewinnen kann.

Ist Ihrer Partei bereits so etwas wie ein "Reset" gelungen?
Jäger: Inhaltlich stehen wir zu dem, was wir in unserem Wahlprogramm aufgeschrieben haben. Es gibt keinen Grund, von einer grundsätzlichen Politik Abschied zu nehmen, die Wachtberg zu dem gemacht hat, was es ist: eine prosperierende Gemeinde. Die Frage, ob wir diese Politik immer richtig vermittelt haben, stellt sich allerdings. Hier müssen wir gegebenenfalls neue Wege des Dialogs gehen. Personell hat sich die Fraktion bereits neu aufgestellt. Im Herbst steht der Parteivorstand zur Wahl. Auch hier wird es nach der Ankündigung von Stephan Zieger, nicht mehr als Vorsitzender kandidieren zu wollen, einen Neuanfang geben.

Wie wollen Sie als neuer CDU-Fraktionschef verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen?
Jäger: Indem wir uns im Rat, in den Ausschüssen und Ortsvertretungen klar positionieren, ein klares Bild unserer politischen Vorstellungen zeichnen, als Einheit auftreten und uns offen dem Dialog mit den Bürgern stellen werden. Hier ist nicht nur der neue Vorsitzende, sondern die gesamte Fraktion, aber auch die CDU als Partei gefordert. Kärrnerarbeit vor Ort wird der Schlüssel sein.

Welche inhaltlichen Schwerpunkte wird die Wachtberger CDU zukünftig besetzten?
Jäger: Der Maßstab für kommunalen Gestaltungsspielraum sind geordnete Finanzen. Davon unmittelbar betroffen ist etwa die anstehende Umsetzung des Feuerwehrbedarfsplans oder des Sportstättenkonzeptes, die auf den neuen Rat vertagt wurden. Von daher wird die Haushaltspolitik neben vielen anderen Themen wie Gemeindeentwicklung und Infrastrukturpolitik ein wesentlicher Kern unserer Arbeit sein.

Sehen Sie Chancen, die Ihnen wichtigen Punkte in den nächsten Jahren umzusetzen?
Jäger: Ja, durchaus. Wir sind mit 17 Mitgliedern die mit Abstand stärkste Fraktion. Wenn ich dann in die neue Wachtberger "Regierungsriege" schaue, so sehe ich doch ein sehr fragiles Gebilde vor mir und gute Chancen, Mehrheiten für unsere Anliegen organisieren zu können. Spätestens bei Vorlage des Haushalts 2015 wird sich dann zeigen, wie Frau Offergeld Wahlkampfwünsche, Verwaltungswirklichkeit und divergierende Interessen zusammenbringen wird.

Wie wollen Sie als Fraktionsvorsitzender die Zusammenarbeit mit Frau Offergeld gestalten?
Jäger: Wir werden zunächst eine konstruktiv-kritische Opposition sein, schon alleine deshalb, um dem Wähler zu signalisieren, dass wir seine Botschaft verstanden haben. Er wollte einen Wechsel. Wir werden sehen, ob die vier Parteien/Vereinigungen, die bei der Stichwahl und konstituierenden Ratssitzung fest zusammengestanden haben, das gleiche Bild abgeben, wenn es nach der Sommerpause an die eigentlichen Sachfragen geht. Die CDU-Fraktion wird jedenfalls nicht als Fundamentalopposition verstummen.

Zur Person

Franz-J. Jäger ist 54 Jahre alt und wurde in Nordwalde bei Münster in Westfalen geboren. Nach dem Abitur absolvierte Jäger eine Ausbildung als Gärtner, Fachrichtung Zierpflanzenbau und studierte dann Gartenbauwissenschaften an der TU Hannover. Der Diplom-Gartenbauingenieur arbeitete von 1988 bis 1993 als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Gartenbauökonomie der TU Hannover und übernahm 1993 die Geschäftsführung der FGG Förderungsgesellschaft Gartenbau mbH. Nun ist er Verwaltungschef beim Zentralverband Gartenbau mit Sitz in Bonn und Berlin. Seit 2008 wohnt er mit seiner Frau in Berkum. Jäger ist seit 2002 CDU-Mitglied und seit 2010 im Vorstand der Wachtberger CDU.

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