Töpfereien in Adendorf Keines wie das Andere

Adendorf · Töpfereien in Adendorf haben eine lange Tradition. Sie gehen aber auch mit der Zeit und orientieren sich am modernen Bedarf. Der GA hat mehrere von ihnen besucht.

 Neue Formen und Serien richten sich an moderne Bedürfnisse nach individueller Tischgestaltung.

Neue Formen und Serien richten sich an moderne Bedürfnisse nach individueller Tischgestaltung.

Foto: Petra Reuter

Ton und Stil sind wieder im Kommen, erfährt man in den drei Familienbetrieben im Töpferort. Auch wenn sich Plastik vielfach den Weg auf den Markt gebahnt und das klassische Töpferhandwerk eine Zeitlang beeinträchtigt hat, ist die neue Stimmung in der Gesellschaft nicht mehr zu übersehen, sagte Christian Günther. „Die Leute achten wieder mehr auf nachhaltige Dinge und wünschen sich individuelle Gestaltungen.“ Über ähnliche Erfahrungen berichten auch die Töpfer Thomas und Peter Hansen aus ihren Betrieben.

 Sonja, Marie und Christian Günther in dem zur coronagerechten Ausstellungsfläche umgebauten alten Töpferbrennofenraum.

Sonja, Marie und Christian Günther in dem zur coronagerechten Ausstellungsfläche umgebauten alten Töpferbrennofenraum.

Foto: Petra Reuter

Weil seine Eltern die 1854 gegründete Töpferei Paul Günther betreiben, kennt Bankkaufmann Christian Günther jeden Quadratmeter des großen Betriebs in- und auswendig. Drei Tage in der Woche arbeitet er in der Bank, drei Tage produziert er in der Werkstatt und am Brennofen individuelle Tischkeramik. Seine Frau Sonja bringt ihre kreative Energie seit der Geburt von Tochter Marie (2) während ihrer Elternzeit in die neue Marke „TonKwartier“ ebenso wie in die klassische Töpferei ein.

Bei der Wahl des Materials ist der Vater das Vorbild

„Am Drehen an der Töpferscheibe arbeiten wir noch“, sagte Sonja Günther lachend. Ihr Interesse für das kreative Handwerk entwickelte sich nach dem Kennenlernen des Adendorfers. „Es gibt verschiedene Formgebungsverfahren“, erklärte ihr Mann. Neben dem bekannten Drehen gieße man flüssigen Ton in Formen oder man presse festeren Ton in die gewünschte Gestalt. Bei den Materialien orientiert sich die jüngere Töpfergeneration Günther am Prinzip des Vaters: „Er hat immer gesagt, wenn ich das selber herstelle, weiß ich auch, was drin ist“, sagte Christian Günther.

So halten er und seine Frau es auch mit den Farben und Glasuren. Verschiedene Tonkörper werden mit Farbbestandteilen vermengt. „Wir haben für die neuen Serien individuelle Farben angemischt und Proben gebrannt“, beschrieb Sonja Günther den Entstehungsprozess von Serien mit klingenden heimatverbundenen Namen wie Radegundis, Kottenforst, Blauerin oder Tonerde. „Es ist immer spannend zu sehen, mit welchem Farbton das Material letztendlich nach dem Brennen aus dem Ofen kommt.“ Das kann sich von der ursprünglichen Planung oft sehr unterscheiden.

Spezialwünsche sind kein Problem

In Stil und Design orientiert sich das Paar an modernen Bedürfnissen nach individuellem „Tablewear“. Vielfach seien reichhaltige Randverzierungen heute nicht mehr en vogue. „Eher unifarben oder zweifarbig, mit Kontrasten von innen nach außen“, so Sonja Günther. Die Wurzeln des Handwerks verlieren sie dennoch nicht aus den Augen. „Wir arbeiten viel mit meinem Vater zusammen und lernen noch viel von ihm“, sagte Christian Günther. Der verfügt nämlich über jahrzehntelange Erfahrung, mit der er Spezialwünsche wie Kreuze oder Kerzenhalter für Kirchen erfüllt oder für Menschen, denen ein Stück aus einer Serie fehlt, das gesuchte Stück nachtöpfert. Etwas Geduld müsse die Kundschaft jedoch mitbringen. „Wegen der Trocknungsprozesse liegt die Lieferzeit meistens bei etwa 14 Tagen“, so Christian Günther.

Aufwendige Fertigungsverfahren kennt auch Töpfermeister Peter Hansen. Vor gut 20 Jahren spezialisierte er sich auf tönerne Leuchtobjekte. „Das, was Sie hier sehen, werden Sie weltweit nirgendwo sonst sehen“, stellte er fest. In einem recht speziellen Gießverfahren mit eigens konzipierter Tonmischung produziert er Großobjekte bis zu 90 Zentimeter Kugeldurchmesser oder Kegel bis 1,40 Meter Höhe. „Ich setze auf hohe Konstanz und Qualität“, erklärte Peter Hansen. Unter seinen Kunden finde man oft kunstaffine Menschen und solche mit Sinn für stilvolles Design. Auch wenn sich seit dem Beginn seiner eigenen Ausbildungszeit 1980 die Struktur des Töpferorts stark verändert hat, stellte er klar: „Hier ist nicht das gesamte traditionelle Handwerk ausgestorben. Adendorf ist nach wie vor ein Töpferort, jetzt eben mit modernen Angeboten.“

„Die Menschen wollen das Besondere“

Ebenfalls dem Trend der Zeit folgte sein Bruder Thomas Hansen. „Die Menschen wollen das Besondere“, bestätigte er die Erfahrung der Kollegen. „Und viele wollen selbst mit den eigenen Händen etwas Schönes herstellen.“ Mit Töpferevents im Rahmen einer Töpferschule öffnet er deshalb seine Werkstatt regelmäßig für jene, die selbst Hand an die irdene Masse legen wollen. Überregional brachte er außerdem mit einem Schokoladenfondue den Adendorfer Ton bis ins Kölner Schokoladenmuseum. Zudem findet man in der vielfach rustikalen Genussatmosphäre etlicher Kölner Brauhäuser seine klassische Handwerksqualität als Hänneschen-Becher, Weinkühler, Bierkrüge und in vielen anderen Details. Dabei setzt er auf seit Jahrhunderten bewährte Qualität: „Ich bin der letzte Töpfer, der auch noch mit dem typischen Adendorfer Salzbrand arbeitet“, sagte Thomas Hansen.

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