Schwarz-Grüne Verkehrspolitik Für einen Euro durch ganz Wachtberg

Die schwarz-grüne Koalition in Wachtberg will die Gemeindeverwaltung prüfen lassen, ob die Route der Linie 881 ausgeweitet werden kann. Zugleich soll die einfache Fahrt dann einen Euro kosten. Der Kleinbus ist selbst eine Art Pilotprojekt.

 Die Kleinbuslinie 881 verkehrt in Wachtberg zwischen dem Einkaufszentrum in Berkum und dem Sportplatz in Pech.

Die Kleinbuslinie 881 verkehrt in Wachtberg zwischen dem Einkaufszentrum in Berkum und dem Sportplatz in Pech.

Foto: Axel Vogel

Seit eineinhalb Jahren tourt der Kleinbus mit der Nummer 881 durchs Ländchen. Für die Regionalverkehr Köln GmbH (RVK) war es eine Art Pilotprojekt, sollte der Bus doch zum einen den Taxi Bus ersetzen, zum anderen erstmals eine reguläre Busverbindung zwischen Berkum und Pech herstellen.

In den Augen der schwarz-grünen Koalition in Wachtberg hat sich die 881 nicht nur bewährt – sie soll mit einem neuen Ticket samt längerer Route aufgewertet werden. Deshalb haben die beiden Parteien einen Prüfauftrag für den neuen Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität eingereicht, der am 13. April erstmals tagt. Denn es müssten der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) und die RVK eingebunden werden.

Der Kleinbus soll zur „Cityline“ werden

Die Idee: Der Kleinbus soll zur „Cityline“ ausgebaut werden und weitere Ortsteile ansteuern. „Und das sogar zu einem echten Schnäppchenpreis: Eine Fahrt innerhalb des Wachtberger Gemeindegebietes soll nur einen Euro kosten“, lautet der Plan von CDU und Grünen. Was beiden klar ist: Die Gemeinde wird einen Zuschuss leisten müssen. Geprüft werden sollen deshalb die Höhe der zu erwartenden Ausgleichszahlungen durch die Gemeinde an die Verkehrsunternehmen und eben generell das Ticket für einen Euro pro einfache Fahrt als Einzel- oder Viererticket. Bislang gibt es 16 Haltestellen (zur Schulzeit 17), die angesteuert werden. Der Ticketpreis liegt bei 2,50 Euro.

„Mit der rein innerörtlichen Linie 881 hat die Gemeinde die Möglichkeit, ohne Nachteile für andere Kommunen, die RVK und VRS angeschlossen sind, das von der Gemeinde bezuschusste Ticketmodell einzuführen“, meint CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Fiévet. Damit werde diese „Cityline“ gestärkt, was sich positiv auf die Fahrpreiserlöse auswirken könne.  

Koalition wünscht sich Umsetzung zum Fahrplanwechsel im Winter 2021

Wichtig sei, ein solches Ticket in das Tarifgebilde des VRS zu integrieren. Das hält Grünen-Fraktionsvorsitzender Oliver Henkel für durchaus realistisch: „Mit dem digitalen entfernungsabhängigen Ticket gibt es ein Tarifangebot, welches durch einen Nutznießerbeitrag durch die Gemeinde relativ einfach umgesetzt werden kann.“ Da dies bereits in diesem Jahr vom Verkehrsverbund in ein Regelangebot überführt werden solle, könne so ein besonderes Angebot zum Fahrplanwechsel im Winter 2021 berücksichtigt werden.

Bislang wissen weder VRS noch RVK von dem Ansinnen, wie die Unternehmen auf Anfrage mitteilten. „Grundsätzlich stehen wir innovativen Finanzierungsmodellen des Öffentlichen Personennahverkehrs aufgeschlossen gegenüber“, sagt aber VRS-Vizesprecher Benjamin Jeschor. Zu bedenken sei dabei vor allem, dass es im VRS-Tarifsystem einen ‚regulären Preis’ für die jeweiligen Strecken gebe. „Dieser Preis muss letztlich zusammenkommen“, betont Jeschor. Der VRS strebe allerdings nach einheitlichen und transparenten Lösungen für die Fahrgäste, die möglichst für das gesamte Verbundgebiet gelten sollten. Die RVK konnte sich wegen der Urlaubszeit nicht genauer zum Thema äußern.

Die anderen Parteien sind noch unschlüssig

Der GA hat die anderen Wachtberger Ratsparteien nach ihrer Meinung gefragt. Die Idee einer „Wachtberger Citylinie“ findet Unser Wachtberg „durchaus interessant“. „Um die Menschen zu bewegen, den öffentlichen Nahverkehr verstärkt zu nutzen, muss neben attraktiver Taktung und möglichst kurzer Fahrtdauer auch ein angemessenes Entgelt angeboten werden“, sagt Fraktionsvorsitzender Ulrich Feyerabend. Die dauerhafte Subventionierung durch die Gemeinde müsse aber in Relation zu den Fahrgastzahlen gesetzt werden.

Friedrich Oettler, FDP-Fraktionsvorsitzender, äußert zwischen den Zeilen Zweifel am Projekt. „Gibt es denn Vorstellungen, wie viele Fahrgäste man zusätzlich mit dem Ein-Euro-Tarif gewinnen kann?“ Bisher fahre die Linie 881 ziemlich leer durch Wachtberg. Sollte konkrete Aussicht bestehen, dass viel mehr Fahrgäste in den Bus gelockt würden, sei ein solches Projekt für die FDP unterstützenswert. „Es darf aber nicht nur eine höhere Subvention von gleichbleibend wenigen Fahrgästen sein“, so Oettler.

SPD sieht wenig Chancen auf Erfolg

Etwas verwundert reagiert SPD-Rats- und Kreistagsmitglied Paul Lägel auf den Vorstoß zur Kleinbuslinie: „Das Ein-Euro-Ticket fordern wir seit Jahren im Kreistag für den gesamten VRS-Verbund, da ist es von Schwarz-Grün abgelehnt worden.“ Er hinterfragt aber, ob die Begrenzung nur auf Wachtberg Sinn macht. „Viele wollen doch weiter fahren“, meint Lägel. In Bonn habe es das Modell bereits gegeben – ebenfalls begrenzt auf die Bundesstadt. „Es ist dann eingeschlafen“, sagt Lägel, der für das Projekt wenig Chancen auf Erfolg sieht.  

Sehr positiv bewertet die Unabhängige Wählergemeinschaft (UWG) die Linie, die insbesondere von den älteren Mitbürgern geschätzt werde. „Ein attraktiver ÖPNV-Tarif und die Anbindung weiterer Ortsteile an das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum in Berkum steigern die Attraktivität dieses Angebotes“, sagt Fraktionsvorsitzender Joachim Mittweg. „Das wäre gleichzeitig ein wichtiger Beitrag zur aktiven Wirtschaftsförderung und zum Klimaschutz“, greift er einen Grundgedanken der Koalition auf und signalisiert Zustimmung.

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