Biodiversität Mehr Naturprojekte in Niederbachem

Niederbachem · Die Landwirte in Niederbachem schaffen immer mehr Lebensräume für Insekten und Tiere. Das hat für sie und für die Natur einige Vorteile.

„In Niederbachem den Berg hochfahren bis zum Obsthof“, so ungefähr lautete die Beschreibung. „Das restliche Stück können wir auch zu Fuß gehen“, hatte Hans Ippendorf im Vorfeld erklärt. Gefunden hätte man die Parzelle mit dem Blühfeld vermutlich auch blind. Denn wie Monika Hachtel vom NABU zuvor erwähnt hatte, könnte man die Biodiversität hier im wahrsten Sinne des Wortes nicht nur sehen, sondern auch hören.

„Wir bekommen durchweg positive Rückmeldungen aus der Bevölkerung und von den Landwirten“, erzählte Hachtel. So habe ihr eine Landwirtin in einer Nachricht geschrieben, wie schön es sei, dass man an einem Blühstreifen das aus früheren Zeiten bekannte Summen, Brummen und Rascheln wieder hören könne. Grillen, Wildbienen, Falter und viele wertvolle Nutzinsekten siedeln sich in diesen Bereichen an, weil sie in den Pflanzen wieder ihre spezifische Nahrung finden, sagte Hachtel und bestätigte: „Hier kann man Biodiversität tatsächlich hören.“

Seit 2010 existiert das Projekt, das Rewe in Zusammenarbeit mit dem Nabu angestoßen hatte. Ziel ist es, einen Teil der Flächen, auf denen heimisches Obst angebaut wird, so zu gestalten, dass sie den Naturschutz fördern. Ein Jahr nach dem Start am Bodensee kam das Projekt auch im Rheinland an. Mindestens dreißig Betriebe aus Wachtberg und der direkten Nachbarschaft beteiligen sich mittlerweile, schätzte Hachtel. Insgesamt haben sich etwa 80 Landwirte dem Projekt angeschlossen.

Beitrag zum Naturschutz

Für einige Betriebsinhaber ist es nach jahrzehntelanger konventioneller Arbeitsweise Neuland, die Blühstreifen und Blühfelder anzulegen. Mit ihrem Beitrag zum Naturschutz fühlten sich die meisten aber recht wohl und viele beteiligten sich an der Förderung der Biodiversität im Obstbau gerne und mehr, als man ursprünglich vermutet hatte, so Hachtel. In vielen Fällen folgten so manchem Blühstreifen etwa Nistkästen für Turmfalken sowie Steinhaufen und Totholzbiotope an Feldrändern als Heimat für Mauswiesel oder Insektenhotels.

„Wir haben vor vier Jahren damit angefangen“, berichtete Hans Ippendorf aus Niederbachem. Auch auf ihren Feldern gesellten sich zum ersten Blühstreifen schnell Ansitze für Raubvögel und vor allem Totholzbiotope für Marder. „Wir haben in den letzten drei Jahren kaum mehr Ärger mit Mäusen“, berichtete er vom Gewinn für seinen Sohn Stefan Ippendorf, der den Betrieb führt. Hört man die Zahlen von Monika Hachtel, klärt sich schnell, warum das so ist: „Ein Turmfalke frisst in der Brutpflegezeit 20 bis 30 Feld- oder Wühlmäuse pro Tag. Er versorgt sich selbst und zusätzlich das Weibchen und die Brut im Nest. So kämen in der Saison zwischen 2000 und 3000 Mäuse auf seinen Speiseplan, die in den Pflanzungen und Plantagen keinen Schaden mehr anrichten können.

Mauswiesel und andere Nager

Zusätzlich siedelten sich in Steinhaufen und Totholzbiotopen gerne Mauswiesel an, die sich ebenfalls von den Nagern ernähren. Einen weiteren Vorteil der Totholzschicht am Feldrand hatten Vater und Sohn Ippendorf festgestellt, als das Biotop zuzuwuchern begann. „Wir haben fast keinen Ärger mehr mit Wildschweinen“, erklärte Stefan Ippendorf. In den nahe am Waldrand gelegenen Pflanzungen hatte das Schwarzwild sich nachts häufiger aufgehalten, nach Nahrung gewühlt und dabei Schäden angerichtet. „Für das Totholzbiotop haben wir alte Wurzeln aus der Plantage aufgeschichtet. Die sind mit Brombeerranken zugewachsen, da wollen die Wildschweine nicht durch“, erklärt Ippendorf Junior.

Die zusätzlich in den Blühstreifen und -parzellen gedeihenden Pflanzen locken viele Insekten an, die auch die benachbarten Nutzpflanzen bestäuben. Alles in Allem eine Win-Win-Situation für Natur und Mensch. Von den 550 in Deutschland heimischen Wildbienen lebten normalerweise etwa 350 Arten auch in Nordrheinwestfalen, so Hachtel. Allerdings seien einige Arten bereits in ihrer Existenz bedroht, für andere wachse das Bedrohungspotenzial, erfuhr man von der Diplom-Biologin. In einigen blühenden Bienenoasen habe eine Kollegin schon jetzt die erste Ansiedlung bereits selten gewordener Arten gefunden.

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