Es geht um die Zulässigkeit von Dringlichkeitsentscheidungen Opposition klagt gegen Wachtberger Bürgermeister

Wachtberg · Die vier Oppositionsparteien in Wachtberg hinterfragen die Zulässigkeit von Dringlichkeitsentscheidungen in Wachtberg in Corona-Zeiten. Sie haben deshalb Klage eingereicht beim Verwaltungsgericht in Köln. Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU) sieht sein Handeln durch die Gemeindeordnung gedeckt.

 Die Opposition hinterfragt die Zulässigkeit von Dringlichkeitsentscheidungen durch Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU).

Die Opposition hinterfragt die Zulässigkeit von Dringlichkeitsentscheidungen durch Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU).

Foto: Privat

Jetzt, da die Corona-Maßnahmen wesentlich gelockert sind, ist es für die Wachtberger Opposition an der Zeit, noch einmal zurückzublicken. Konkret auf die Monate, in denen auch die Kommunalpolitik von Einschränkungen betroffen war. Von Oktober 2020 bis April 2021, so teilt FDP-Fraktionsvorsitzender Friedrich Oettler mit, habe die Gemeinde Wachtberg „geltende Corona-Regeln durch vollständige Absage von Rats- und Ausschusssitzungen übererfüllt“. Insgesamt elf Dringlichkeitsentscheidungen habe Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU) in dieser Zeit gefällt und diese gemäß Gemeindeordnung in einer nachfolgenden Sitzung des Rates oder des anstelle dessen tagenden Hauptausschusses bestätigen lassen.

„Aus unserer Sicht war die Dringlichkeit einer Reihe dieser Entscheidungen fraglich“, betont Oettler, der, wie berichtet, schon im März 2021 dem Punkt „Festlegung einer Konzentrationszone für Windräder“ die Eile abgesprochen hatte.

CDU und Grüne in Wachtberg sind nicht beteiligt

Unser Wachtberg, SPD und UWG teilen die Einschätzung der Liberalen und haben deshalb laut Oettler jetzt gemeinsam eine Feststellungsklage vor dem Verwaltungsgericht Köln erhoben, um die Zulässigkeit der Dringlichkeitsbeschlüsse zu klären. CDU und Grüne, also die Koalition, sind nicht beteiligt.

Oettler moniert, dass selbst im August noch solche Beschlüsse gefallen seien, wegen vorangegangener Formfehler bei Entscheidungen zum Gemeindehaushalt 2021 und der Entlastung der früheren Bürgermeisterin Renate Offergeld (SPD) für die Haushaltsjahre 2018 und 2019. „Diese sind nach Gemeindeordnung vom Gemeinderat zu fassen. Der Bürgermeister beantragte wiederum Dringlichkeitsentscheidungen, nicht mehr wegen Corona-Hindernissen, sondern wegen Urlaub von Ratsmitgliedern“, so der FDP-Fraktionsvorsitzende. Schmidt habe eine Sondersitzung des Haupt- und Finanzausschusses angesetzt, obwohl für den gleichen Tag eine Sondersitzung des Gemeinderats hätte einberufen werden können.

Unser Wachtberg wollte Tagesordnungspunkte absetzen

Das hatte auch Unser Wachtberg sehr verärgert. Fraktionsvorsitzender Uli Feyerabend hatte versucht, die Punkte noch von der Tagesordnung abzusetzen. Seiner Auffassung nach hätte genug Zeit bestanden, den Rat einzuberufen, denn die Ladungsfrist von sieben vollen Tagen hätte noch eingehalten werden können. „Zumal ein fixes Datum, zu dem die beabsichtigten Entscheidungen getroffen sein mussten, nicht bestand“, teilte Feyerabend seinerzeit vor der Sitzung mit.

Die Opposition aus FDP, Unser Wachtberg, SPD und UWG meint: Kommunalpolitik kann ihre Steuerungs- und Kontrollaufgabe nur erfüllen, wenn Verfahrensregeln strikt eingehalten werden. Auf rechtzeitige Nachfragen habe der Bürgermeister nicht reagiert. „Die Urlaubsbegründung für Dringlichkeit erschien uns willkürlich“, so Oettler. Deshalb habe man den Klageweg gewählt, wenngleich man eigentlich eine entgegenkommende kommunalpolitische Zusammenarbeit pflegen wolle – „das geht aber nicht einseitig und setzt voraus, dass Dringlichkeitsentscheidungen auf unabweisbar notwendige Fälle beschränkt bleiben“.

Der Bürgermeister verweist auf Rückendeckung der Fraktionsvorsitzenden

Der GA fragte Bürgermeister Schmidt, ob er die Kritik in Teilen verstehen könne. „Ich kann die Verärgerung nicht wirklich nachvollziehen“, meinte der CDU-Mann. Die Absagen zu den Ausschüssen zu Beginn des Jahres seien immer mit allen Fraktionsvorsitzenden abgestimmt worden. „Während der erste Sitzungsblock im Januar im vollständigen Einvernehmen abgesagt wurde, wurde der Sitzungsblock im Februar zumindest mit Mehrheit wegen der Corona-Krise abgesagt“, so Schmidt.

Es liege in der Natur der Sache, dass dadurch Situationen entstehen, wo dringliche Entscheidungen getroffen werden müssen. „Auch diese Entscheidungen wurden mit allen Fraktionsvorsitzenden im Vorfeld abgestimmt und von mir und einem Ratsmitglied, in der Regel von dem Vorsitzenden des jeweils zuständigen Ausschusses, unterschrieben“, betonte der Bürgermeister.

Schmidt glaubt nicht, dass die Kläger eine Klagebefugnis haben

Dem Verfahrensausgang zur Klage der vier Oppositionsfraktionen sieht er „sehr gelassen entgegen, da ich davon ausgehe, dass die Kläger in diesem Fall gar keine Klagebefugnis haben, da die Rechte der Fraktionen aus meiner Sicht nicht verletzt wurden“. Allenfalls der Rat hätte ihm zufolge eine etwaige Verletzung seiner Rechte rügen und in letzter Konsequenz klagen können. „Das hat allerdings das Verwaltungsgericht zu entscheiden“, sagte Schmidt. Seine Vorgehensweise sei von der Kommunalaufsicht als „vollkommen rechtmäßig“ eingestuft worden. „Einschlägige Kommentierungen bestätigen dies ebenfalls“, führte Schmidt an.