Leitlinien zum Klimaschutz SPD will Energie zu 100 Prozent aus Wachtberg
Wachtberg · Um die Klimawende in Wachtberg voranzutreiben, braucht es jetzt Leitlinien, meint die SPD. Mit ihrem Im Arbeitskreis Klima hat sie daher ein Papier entwickelt, das Grundlage für Gespräche sein soll. Vor allem mit den Bürgern.
Welche Auswirkungen der Klimawandel schon jetzt in anderen Ländern hat, haben Kristian Lempa und Roswitha Schönwitz bei beruflichen Einsätzen oft gesehen. Er über seinen Job als Politikwissenschaftler bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit, sie zu ihren aktiven Zeiten als Biologin für die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Bereich Biodiversität. Beide engagieren sich politisch in Wachtberg für die SPD, Lempa als Vorstandsmitglied, Schönwitz unter anderem als Ratsmitglied. Über ihre Mitgliedschaft im parteieigenen Arbeitskreis Klima sei die Erkenntnis gewachsen, das Ländchen bestmöglich auf alles Kommende vorzubereiten.
So entwickelten sie mit anderen Mitstreitern das Konzept „Zukunft sichern in Wachtberg – Leitlinien für unser kommunalpolitisches Handeln auf dem Weg zur Klimaneutralität“, das die Mitgliederversammlung des Ortsverbandes kürzlich verabschiedet hat. Sowohl Lempa wie auch Schönwitz machen im Gespräch über die Eckpunkte dieses Papiers deutlich, dass für sie der Einsatz für den Klimaschutz nicht mit der Oppositionsrolle endet. „Im besten Fall bringen wir gute Anträge ein, die von allen getragen werden“, so Lempa. Noch vor der Behandlung von Sachthemen sei aber ein Bewusstsein dafür notwendig. „Dass der letzte Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz und Mobilität beispielsweise ohne Rücksprache mit den Fraktionsvorsitzenden angeblich mangels Themen einfach abgesagt wurde, kann nicht sein“, meint Lempa.
Der Fokus liegt zunächst auf Energie und Mobilität
Um die per Gesetz vorgesehene Minderung von Treibhausgasen voranzutreiben, habe man sich zunächst auf die Bereiche Energie und Mobilität fokussiert. „Wir haben das Ziel, den Endenergiebedarf Wachtbergs schrittweise komplett über erneuerbare Energien und vor Ort zu erzeugen“, sagt Schönwitz. Dafür aber sei es wichtig, die Bürger mehr als bislang mitzunehmen und auch deren Expertise zu nutzen. „Wir sind für Infoveranstaltungen der Gemeinde, wo Bürger Ideen und Probleme einbringen können. Ist ihnen die Photovoltaik zu kompliziert oder die Geothermie zu teuer, kann man sich zusammentun“, so die Ratsfrau. Gerade wegen des Photovoltaik-Aspekts würde es die SPD begrüßen, wenn sich die Gemeinde an einer bestehenden Energiegenossenschaft der Region beteiligt. Ein Wunsch, den man, wie berichtet, mit den parteiübergreifend arbeitenden Fridays for Future Wachtberg teilt, denen Lempa ebenfalls angehört.
Der Arbeitskreis hat ausgerechnet, dass es im Ländchen mindestens 35 Hektar an nutzbarer Dachfläche für Photovoltaik-Anlagen gibt. Für eine autarke Versorgung seien aber 312 Hektar notwendig, sodass der Rest über Agrar-Photovoltaik oder über Windkraftanlagen erzeugt werden müsse. „Nicht sofort, aber man muss sich einen Stufenplan zurechtlegen“, fordert Lempa.
SPD setzt auch auf Agrar-Photovoltaik und Windkraft
Vor allem die Agrar-Photovoltaik hat es Schönwitz angetan. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme teste aktuell im Bio-Obstbaubetrieb von Johannes und Christian Nachtwey in Grafschaft-Gelsdorf diese Anlage. Sie ist über den Pflanzen errichtet, dient als Schutz der Apfelbaumkulturen und liefert parallel Strom, den die Obstbauern wieder für ihren Betrieb nutzen wollen. „Die Solarmodule könnten entweder auf im Ländchen ohnehin bestehende Folientunnel aufgesetzt werden oder diese ersetzen“, sagt Schönwitz zum optischen Aspekt. Allerdings müsse es – egal ob für Landwirt oder Privatmann – Förderprogramme geben, die Anreize schafften.
Beim Thema Verkehr wünscht sich der Arbeitskreis ein ganzheitliches Mobilitätskonzept. „Natürlich wäre ein Ein-Euro-Ticket für die Kleinbuslinie schön, es steht aber noch nicht für einen insgesamt bezahlbaren ÖPNV in Wachtberg und der Region“, moniert Lempa. Eine Ausweitung des ÖPNV (gefördert durch Land und Bund) sowie eine kostenlose Radmitnahme seien weitere mögliche Maßnahmen. Für sinnvoll erachten die Sozialdemokraten zudem ein Ausleihsystem für eine begrenzte Zahl von elektrischen Lastenfahrrädern am Einkaufszentrum in Berkum.
Günstige Taxi-Tickets für Jugendliche
Um das Angebot für Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 zu verbessern, möchte die SPD diese zumindest am Wochenende und am Vorabend von gesetzlichen Feiertagen kostengünstig nach Bonn oder Meckenheim bringen. Vorbild könnte das Projekt „fiftyfifty-Taxi“ im Ostalbkreis in Baden-Württemberg sein. Dazu wurde eine spezielle App entwickelt, sodass junge Leute zum halben Preis mit dem Taxi fahren können. Was auch immer am Ende für den Klimaschutz in Wachtberg getan wird, für Lempa steht fest: „Es braucht politischen Willen und politische Führung in diesem Bereich.“