Viel zu tun für die Tierschützer Fundtiere aus Wachtberg finden ein Zuhause auf Zeit in Remagen

Wachtberg/Remagen · 16 ausgesetzte Kaninchen aus Holzem belegen zurzeit drei Boxen im Tierheim Remagen. Es könnten noch mehr werden, denn die Weibchen sind wahrscheinlich trächtig. Herbert, Grawi und Cody, drei junge Katzen, würde gern bald aus ihrer Wachtberg-WG ausziehen.

Claus-Peter Krah mit Grawi (links) und Cody, zwei Kätzchen aus Wachtberg, die ein neues Zuhause suchen.

Foto: ahr-foto

Im Katzenzimmer ist eine Wachtberg-WG entstanden. Herbert und Grawi, die geretteten Kitten vom Dach in Fritzdorf, toben dort mit Cody, den das Wachtberger Ordnungsamt mit gebrochenem Kiefer und gelähmtem Bein gefunden hatte. Die drei munteren Kätzchen suchen jetzt ein Zuhause. Jede Minute, 365 Tage im Jahr, kann ein Anruf kommen, der ein neues Fundtier ankündigt. Das Tierheim Remagen im Kreis Ahrweiler ist seit Jahresbeginn auch für Wachtberg zuständig.

In drei Boxen im früheren Pferdestall tummeln sich insgesamt 16 Wachtberger, über deren Herkunft die Tierschützer gern mehr wüssten. Die Kaninchen wurden in Holzem ausgesetzt. Nach der Einfangaktion des Tierschutzvereins Wachtberg holte der Tierschutzverein Kreis Ahrweiler sie nach Remagen, wo sie sich mit Rohkost stärken und zutraulich durchs Stroh hoppeln. Vor allem die Jungtiere waren unterernährt.

Alle Kaninchen rochen stark nach Rauch, sodass die Tierschützer davon ausgehen, dass sie drinnen gehalten wurden. Bisher haben sie allerdings vergeblich nach Hinweisen gefragt.

Zwei von insgesamt 16 Kaninchen, die in Wachtberg ausgesetzt wurden und jetzt im Tierheim Remagen versorgt werden.

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Tiere auszusetzen ist eine Straftat

„So ein großer Tierbestand von Kaninchen muss doch auffallen, zum Beispiel durch den Geruch oder Mengen von Mist“, sagt der Vorsitzende des Tierschutzvereins Kreis Ahrweiler, Claus-Peter Krah. Er verweist darauf, dass es eine Straftat ist, Tiere auszusetzen, die mit einer Geldbuße von bis zu 25.000 Euro geahndet werden kann. „Nicht nur die Versorgung, sondern auch die Kosten für Kastration, Impfungen, Heu, Stroh, Frischfutter, Kräuter und Einstreu werden unser kleines Tierheim sehr belasten“, so heißt es in einem Spendenaufruf auf Facebook. Vermutlich werden aus 16 Kaninchen bald viermal so viele, denn die weiblichen Tiere waren vermutlich schon trächtig, als sie eingefangen wurden.

Im Tierheim Remagen ist Platz für 25 Hunde, 60 Katzen und unzählige Kleintiere. Vier Festangestellte und sechs Auszubildende kümmern sich auf dem grünen Gelände oberhalb der Apollinariskirche um die Tiere. Grundsätzlich werden alle aufgenommen. Exoten wie Echsen und Schlangen geben die Remagener aber weiter, weil sie keinen Platz für einen temperierten Raum mit Terrarien haben. „Wir arbeiten mit Auffangstationen zusammen. Seltene Arten gehen auch in Zoos“, sagt Krah.

Keine „Rückläufer“ aus der Coronazeit

Der kranke Pinscher Bubi, der in Wachtberg in letzter Minute vor dem Ertrinken gerettet wurde, ist inzwischen in eine Pflegestelle umgezogen. Für andere Hunde suchen die Tierschützer ein neues Zuhause. „Rückläufer“ aus der Coronazeit haben sie bisher nicht. „Wir haben sehr genau hingeschaut und waren vorsichtig. Wenn das Wort Home­office als Hauptargument im Raum stand, haben Leute auch kein Tier bekommen“, berichtet Krah. Das habe zwar gelegentlich für verärgerte Reaktionen gesorgt, sich aber letztlich bewährt.

Alle Fundtiere aus Wachtberg kommen wegen der Kooperation mit der Gemeinde automatisch nach Remagen. Möchte man ein Tier abgeben, kann man das Tierheim selbst auswählen. Dafür wird eine Gebühr fällig, die Höhe berechnen die Tierschützer je nach Fall. „Viele Leute geben ihr Tier ab und wissen, dass es krank ist. Deshalb müssen sie die ersten 50 Tage auch die Tierarztkosten zahlen“, erklärt Krah.

Damit Mensch und Tier zusammenpassen, schauen Tierheimleiterin Madeleine von Falkenburg und ihr Team bei der Vermittlung genau hin. Freigängerkatzen zum Beispiel werden nur in ruhige Wohngebiete vermittelt, nicht etwa in ein Zuhause zwischen Bahnlinie und B9. „Wir betrachten immer den Einzelfall, denn wir wollen ja vermitteln“, so Krah. Die Tierschützer informieren auch über die Kosten, die auf künftige Halter zukommen. Für Katzen liegt der Unterhalt bei mindestens 50 Euro im Monat, bei Hunden können mit Futter und Tierarztkosten schnell 100 bis 150 Euro zusammenkommen.

Auszubildende gehören zu den Jahrgangsbesten

Stolz ist Krah, dass die Auszubildenden immer wieder zu den Jahrgangsbesten gehören. Sie besuchen zusätzliche Seminare und hospitieren bei den Tier- und Naturfreunden Schwanenteich in Bad Bodendorf, wo sie auch den Umgang mit Schafen, Ziegen und Eseln lernen. Im Schulungszentrum des Deutschen Tierschutzbunds in Weidefeld an der Ostsee verbringen sie ebenfalls zwei bis drei Wochen. „Wie wollen Generalisten ausbilden“, sagt Krah über die angehenden Tierpflegerinnen und Tierpfleger.

Das Tierheim ist zurzeit voll mit jungen Katzen, obwohl es im Rhein-Sieg-Kreis und in Brohl eine Kastrationspflicht für Freigänger gibt. „Normalerweise müsste das Ordnungsgeld für unkastrierte Katzen so hoch sein wie die Kosten für die Kastration“, sagt Krah. Auch die Schildkröten, die im Tierheim abgegeben werden, werden von Jahr zu Jahr mehr. „Die Tiere werden sehr alt. Die Anschaffung einer Schildkröte muss man sich genauso überlegen wie die eines Papageis, der 80 Jahre alt werden kann“, so der Vorsitzende.

Immer wieder geraten Tierkäufer an unseriöse Händler. „Lebende Tiere über das Internet zu verkaufen, sollte verboten sein“, sagt Krah. Im Tierheim warten Herbert, Grawi und die anderen gechippt, geimpft und kastriert auf ein Zuhause. Die ersten Kaninchen wurden am Montag schon vermittelt.