Obsternte Trockenheit mindert Safternte

Niederbachem. · Sonnenbrand beim Obst: Die Mitglieder des Streuobstwiesenvereins Wachtberg wenden eine modifizierte Schnitttechnik an, um dies zu vermeiden.

 Joachim Brauß zeigt im Lager die Apfel- und Birnensaftflaschen für den Samstagsverkauf des Streuobstwiesenvereins.

Joachim Brauß zeigt im Lager die Apfel- und Birnensaftflaschen für den Samstagsverkauf des Streuobstwiesenvereins.

Foto: Petra Reuter

Rund 2500 Flaschen Apfelsaft liegen seit der ersten Apfelernte im kleinen Lager des Streuobstwiesenvereins. Jeden Samstag von 11 bis 13 Uhr verkaufen die Aktiven in der Bondorfer Straße 7 die Früchte ihrer Arbeit in Form von frischem Saft und Bränden. Während der Kelter für die Naturschützer in den Vorjahren bis zu 9000 Flaschen in einem Jahr abgefüllt hatte, wird die Ausbeute in diesem Jahr voraussichtlich deutlich geringer ausfallen.

„Die Bäume trennen sich wegen der Trockenheit früher von einigen Früchten“, beschrieb der Vorsitzende des Vereins, Stefan Thomas, eine natürliche Reaktion der Bäume auf den Wassermangel. Wegen dieses Effekts sei es auch nicht immer einfach, den günstigsten Erntezeitpunkt zu finden. Es lägen zwar viele Äpfel auf dem Boden, das bedeute zurzeit aber nicht zwangsläufig, dass die anderen reif wären. „Erntet man zu früh, geht das auf Kosten des Aromas“, erklärte Thomas ein Problem. Das entwickele sich nämlich besonders intensiv in der letzten Reifephase, zu der auch kalte Nächte gehören. In Farbe und Geschmack sei der Unterschied dann deutlich, so Thomas.

Wenn es dann zur Ernte geht, stehen – vergleichbar mit den Plantagenernte in der Erwerbslandwirtschaft – große Kisten für die schmackhaften Früchte bereit. Was man allerdings im Erwerbsanbau eher nicht finden wird, sind die großen Planen. Zuerst sammeln die Helfer von Hand auf den Streuobstwiesen das noch verwendbare Fallobst auf und trennen es von jenen Früchten, die für eine Verarbeitung zum Lebensmittel nicht mehr geeignet sind. „Dann breiten wir die Planen aus und schütteln die Bäume“, beschrieb der zweite Vorsitzende Joachim Brauß. „So kann man den Aufprall etwas dämpfen.“ Das könne auch schon mal an Feuerwehrleute mit einem Sprungtuch erinnern. Bekommen die Äpfel und Birnen nämlich zu starke Druckstellen, verderben sie schnell.

Dem in den vergangenen Jahren bekannter gewordenen Problem des Sonnenbrands bei Äpfeln rückt der Verein mit einer veränderten Schnitttechnik zu Leibe. „Normalerweise hat man immer die oberen Äste gelichtet, damit die Sonne durchscheinen kann. So sollten die Früchte optimal belichtet werden“, sagte Thomas. Auch in alten Lehrbüchern finde man fast ausschließlich diese Schnittvariante. Im Streuobstwiesenverein lassen die Mitglieder seit dem letzten Schnitt das schützende obere Blätterdach als Sonnenschutz stehen. Messbar seien die Ergebnisse bisher nicht. „Wir reagieren damit auf die Situation und werden beobachten, wie es sich entwickelt“, so Thomas.

Die Möglichkeiten der Bäume, Hitze und Trockenheitsphasen gut zu überstehen, sind auf den ausgedehnten Wiesen weitgehend natürlicher Art. Hochstämmige Bäume verschiedenen Alters und diverser Sorten stehen auf naturbelassenen Wiesen oder solchen, auf denen gezielt zur Unterstützung der Biodiversität passende Gewächse gesät oder gepflanzt wurden. Im Gegensatz zu den niedrigstämmigen, in Reih und Glied angeordneten Exemplaren der örtlichen Obstplantagen liegt der Fokus nicht auf einer leiterlosen Ernte, sondern auf dem Erhalt traditioneller Landschaftsstrukturen und alter, bewährter Obstsorten.

Unter den Flächen der Streuobstwiesen befinden sich viele gemeindeeigene Areale, erklärte Bauß. Einige davon werden gezielt in dieser Form belassen, weil sie zur Ausgleichsfläche für andernorts versiegeltes Bauland deklariert wurden. Der Beitrag zum Naturschutz und für mehr Biodiversität ist beträchtlich. Die weitgehend naturbelassenen Wiesen bieten Bodenbrütern gute Voraussetzungen für ihren Nachwuchs. Vor allem Höhlenbrüter profitieren von den Streuobstwiesen. „Bei diesen Bäumen darf auch mal ein Ast abbrechen. So entstehen Hohlräume, in denen sich beispielsweise Spechte ihre Höhle einrichten“, erklärte Brauß.

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