Hochwasserschutz in Wachtberg Vogelschutz kontra Hochwasservorsorge

Niederbachem · Eine Hochwasserschutzmaßnahme wie ein Retentionsbecken ist gut – allerdings nur solange, wie ein Becken voll funktionstüchtig ist.

 Ein Anwohner der Austraße zeigt das neue Retentionsbecken mit dem beim letzten Unwetter verlandeten Teilstück.

Ein Anwohner der Austraße zeigt das neue Retentionsbecken mit dem beim letzten Unwetter verlandeten Teilstück.

Foto: Axel Vogel

Sind Ausbesserungsarbeiten nötig, so sollten die gerade mit Blick auf die anstehende Unwettersaison zügig erledigt werden. Das findet zumindest ein Anlieger der Austraße, vor dessen Garten das neue Retentionsbecken der Gemeinde liegt. Nach dem letzten Unwetter am 4. Juni 2016 war das ein Stück weit verlandet mit weggespültem Erdreich und umgerissenen Bäumen. Aus Sicht des Anliegers bestand daher dringender Handlungsbedarf.

Der Bagger war Ende April auch schon angerückt, sogleich aber auch wieder unverrichteter Dinge abgerückt, denn: Der Vogelschutz kollidierte nach den Informationen des Anliegers wohl mit der Maßnahme. Die Abwägung konnte er nicht nachvollziehen und beschwerte sich bei der Gemeinde. Dort fand man allerdings eine schnelle und einvernehmliche Lösung.

In Wachtberg jährt sich am 4. Juni das Unwetter, das im vergangenen Jahr verheerenden Schäden im Ländchen angerichtet hat. Kein Wunder, das mancher Bachanrainer der bald beginnenden Unwettersaison sorgenvoll entgegenblickt. So auch besagter Hausbesitzer an der Austraße in Niederbachem, vor dessen Haustür sich der Mehlemer Bach entlang- schlängelt. Der Mann wohnt seit 2003 mit seiner Familie an der Austraße „und somit auch Zeuge der schweren Hochwasserereignisse der Jahre 2010, 2013 und 2016.“

Dabei konnte er allerdings im vergangenen Jahr erleben, wie das von der Gemeinde nach den Unwettererfahrungen 2014 neue errichtete Retentionsbecken an der Austraße „bestens funktioniert hat“. Der Überflutungspegel sei „erkennbar gesenkt“ worden, „wie sicherlich auch bei anderen Anrainern“. Letztendlich habe die Maßnahme „auch unser Haus und Grundstück vor Schaden bewahrt“. Auch Beigeordneter Jörg Ostermann betonte auf Anfrage, dass die Maßnahme „sehr gute Dienste geleistet hat“.

Allerdings galt es nach der ersten Bewährungsprobe des Beckens im vergangenen Jahr einige Hinterlassenschaften der Flut zu beseitigen: „Es gab Ablagerungen, die entfernt werden müssen, um das Volumen des Beckens zu erhalten“, erklärte Ostermann. Dass sollte Ende April erledigt werden, der Bagger stand auch schon am Mehlemer Bach.

Doch dann musste der Anlieger „entsetzt zur Kenntnis nehmen, dass diese Arbeiten bereits wenige Stunden nach ihrem Beginn mit dem Hinweis auf geltende Vogelschutzbestimmungen wieder eingestellt wurden.“ Nach Auskunft der Gemeindeverwaltung solle es mit den Arbeiten erst im Herbst weitergehen. „Dies heißt, dass wir in der Starkregensaison 2017 mit einem lediglich eingeschränkten Schutz des Retentionsbeckens leben müssten“, ärgerte sich der Anlieger, aus dessen Sicht der Schutz der Bürger eine höhere Priorität verdiene: „Auch wird es kaum der Mehlemer Bevölkerung zu vermitteln sein, dass dort sehr aufwendige, mehrjährige Kanalbauarbeiten für den Hochwasserschutz durchgeführt werden, aber in Wachtberg unter Verweis auf Vogelschutzbestimmungen notwendige Hochwasserschutzmaßnahmen unterbleiben.“ Der Mann wandte sich an die Gemeinde. Dort gab Beigeordneter Ostermann allerdings zu bedenken, „dass man alle Belange in den Blick nehmen und abwägen“ müsse. Gleichwohl habe man in Abstimmung mit den Fachbehörden jetzt einen Weg gefunden, „dass die Arbeiten fortgesetzt werden können“.

Volker Strehl, Vorstand der Wachtberger Gemeindewerke, konkretisierte das in einer Mail an den Anlieger: Nach erfolgter Abstimmung mit der Naturschutzbehörde würden die Arbeiten im Laufe dieser Woche ausgeführt. Dauer der Maßnahme: „ungefähr einen Tag.“

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