Mikroplastik in der Landwirtschaft Wachtberger ärgert sich über Plastikbänder an Jungpflanzen

Wachtberg · Nicht alle Obstbauern im Wachtberger Ländchen entfernen das Plastik zur Aufzucht von Jungpflanzen zeitnah. Der Naturschutzbund Deutschland sieht jedoch allgemein stärkeres Umweltbewusstsein bei Landwirten.

 Wie hier in Oberbachem sind Jungpflanzen zum Anwachsen meist mit Kunststoffbändern an Stäben befestigt.

Wie hier in Oberbachem sind Jungpflanzen zum Anwachsen meist mit Kunststoffbändern an Stäben befestigt.

Foto: Axel Vogel

Tote Wale, in deren Mägen sich Unmengen an Plastikmüll befinden, angeschwemmte Kunststoffverpackungen an einstigen Traumstränden – diese Bilder haben 2019 viele empört. „Wir müssen aber nicht nur in andere Länder schauen, um uns zu empören“, meint dagegen ein Wachtberger, der anonym bleiben möchte. Hobbybedingt kommt er viel im Ländchen herum. „Und mir ist aufgefallen, dass die Landwirtschaft in vielen Ortsteilen Mikroplastik hinterlässt“, so der Wachtberger. Konkret geht es ihm um die Befestigung von Jungpflanzen mit Plastikbändern.

An der Pflanze selbst stören den Mann die Bändchen nur bedingt. „Aber da sie nicht entfernt werden, trägt der Wind sie zu Zigtausenden umher, und sie landen im Erdreich.“ Das somit durch die Mikroplastikteilchen verschmutzt werde.

Die Gemeinde teilte auf Anfrage mit, dass das generelle Problem bekannt und bereits vom Runden Tisch „Geschützter Anbau in der Landwirtschaft“ angesprochen worden sei. „Meldungen oder Beschwerden über die Gefahr von Mikroplastik aufgrund kleiner Plastikbänder zur Befestigung von Jungpflanzen liegen der Gemeindeverwaltung wie auch dem Runden Tisch jedoch nicht vor“, sagte Pressesprecherin Margrit Märtens.

Bändchen aus Papier laut Fachmann nur für Unterglasanbau geeignet

Bei den blauen Bändern handele es sich um sogenanntes Maxband eines Herstellers, mit dem Jungpflanzen an Pflanzstäben befestigt würden, führte Ferdinand Völzgen, Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau Bonn-Rhein-Sieg, aus. „Diese sind in der Tat aus Kunststoff, da sie der Witterung und einer hohen mechanischen Belastung ausgesetzt sind“, so Völzgen, der seinen Betrieb in Plittersdorf hat. Die Bändchen gebe es auch aus Papier, allerdings seien sie dann nur für den Unterglasanbau geeignet.

Nach dem Laubfall würden die Pflanzstäbe entfernt, wobei die Bänder an der Heftungsstelle auseinanderreißen würden. „All unsere Obstbaukollegen sind für Kunststoffreste im Feld sensibilisiert und sorgen für eine fachgerechte Entsorgung dieser Abfälle“, betonte der Vorsitzende der Fachgruppe. Dies geschehe jedoch nie parallel, und da viele Mitgliedsbetriebe über mehrere Flächen mit Pflanzenanzucht verfügten, könne sich die Arbeit verzögern. Völzgen will nun in einem der kommenden Anschreiben an seine Kollegen noch einmal auf dieses Thema hinweisen.

Als größtes Problem beim Mikroplastik sieht der NABU die „Verunreinigung von Wasser“. „Wir wünschen uns einen anderen Umgang mit Plastik und finden die Sorglosigkeit mit seinem Umgang erschreckend. Das betrifft unsere ganze Gesellschaft und schließt auch Landwirte und Obstbauern ein, die sich natürlich nicht unbedingt besser verhalten als der Rest der Gesellschaft“, sagte Biologin Monika Hachtel von der Kreisgruppe Bonn.

Der NABU weist auf fehlende Alternativen hin

Auch bei diesem Berufsstand gebe es solche, die sehr ordentlich agierten und saubere Anlagen hätten und eben die anderen. „Wir stellen allerdings bei den Obstbauern unseres Projektes Pro Planet ein erhöhtes Bewusstsein und mittlerweile großes Interesse fest, solche Sachen zu ändern“, meinte Hachtel. Sie habe den Eindruck, dass viele Landwirte auch nicht glücklich seien mit der Situation. „Aber zum einen stimmen die Grundbedingungen nicht, denn aufgrund der billigen Lebensmittelpreise zählt nur Effizienz, und Plastik einsammeln mit der Hand ist kostenintensiv. Zum anderen existieren noch fast keine Alternativen“, führte die Naturschützerin aus.

 Wind und Regen verteilen die Plastik­reste in der Natur.

Wind und Regen verteilen die Plastik­reste in der Natur.

Foto: Axel Vogel

Im Bereich Folien, eingesetzt beim Spargel- und Erdbeeranbau, ist die Plastiknutzung ebenfalls zunehmend Thema. „Und es gibt schon vielversprechende Alternativen in Richtung Plastikreduzierung, Recycling und Verwendung abbaubarer Bioplastikfolien“, so Hachtel. Aber die umweltfreundlicheren Folien seien wie fast immer deutlich teurer und man stehe erst am Anfang.

Der Baumschulverband Nordrhein-Westfalen im Bund deutscher Baumschulen beobachtet das Problem Mikroplastik ebenfalls. „In den letzten Jahren wird vermehrt darauf geachtet, Plastikschnüre oder Verbissschutz  aus Plastik sowie sämtliche Plastikanbindungen vorzeitig aus den Quartieren zu entfernen“, sagte Vorsitzender Christoph Dirksen, der Geschäftsführer der Wilhelm Ley GmbH in Meckenheim ist. Werde  ein Feld geräumt oder würden Pflanzen entnommen, würden also  im Vorhinein alle Kunststoffbänder und -reste von der Pflanze entfernt.

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