Geflüchtete in Wachtberg Mit persönlichen Porträts auf Wohnungssuche

Wachtberg · In Wachtberg wohnen viele Menschen in Flüchtlingsunterkünften, die längst ausziehen dürften. Sie wenden sich nun direkt an Vermieter.

Unterkunft im Container in Berkum: Die Flüchtlingshelferinnen Katja Ackermann (links), Tülün Kahlenberg und Marie Grzenia (rechts) sprechen mit Ismael Abdulghafor und seiner Tochter. Viele Menschen in den Sammelunterkünften hoffen auf eine eigene Wohnung.

Unterkunft im Container in Berkum: Die Flüchtlingshelferinnen Katja Ackermann (links), Tülün Kahlenberg und Marie Grzenia (rechts) sprechen mit Ismael Abdulghafor und seiner Tochter. Viele Menschen in den Sammelunterkünften hoffen auf eine eigene Wohnung.

Foto: Axel Vogel

Familie Abluschev lebt inzwischen seit neun Monaten in einer Unterkunft in Wachtberg. Im Dezember ist ihr Porträt auf der Homepage der Gemeinde online gegangen, mit dem sich die Fünf um eine Wohnung bewerben: Vater Rustam (44), Mutter Khava (34), die Töchter Aliya (16) und Yasmina (14) sowie Sohn Murat (11). „Wir kommen aus Tschetschenien, haben aber lange Zeit in Sibirien gelebt, bevor wir im Januar 2022 nach Deutschland gekommen sind“, berichten sie über sich. Und weiter: „Wir suchen dringend eine 3- bis 4-Zimmer-Wohnung für uns in Wachtberg. Wir möchten gern hier als Familie ankommen und unser Leben gestalten können.“

So wie den Abluschevs geht es vielen Geflüchteten in Wachtberg. Sie finden keine bezahlbare Wohnung und müssen deshalb viel länger in den Sammelunterkünften der Gemeinde bleiben als nötig. „Die Wohnsituation für Menschen, die vor Krieg, Hunger und Verfolgung geflüchtet sind, ist in Wachtberg nicht einfach. Eine Wohnung zu finden, erscheint wie ein Lottogewinn – fast unmöglich“, so die Gemeinde. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat sich die Situation verschärft.

Arbeitsgruppe Integration unterstützt Wohnungssuche

Die Mitglieder der Arbeitsgruppe Integration, bestehend aus Bürgermeister Jörg Schmidt und Mitgliedern aus Verwaltung, Parteien und Ökumenischem Arbeitskreis, haben deshalb im vergangenen Jahr beschlossen, „öffentlich auf die Wohnsituation von Menschen mit Fluchterfahrung aufmerksam zu machen und sie bei der Wohnraumsuche zu unterstützen“. Porträts auf der Homepage sollen den Menschen, die so dringend eine Wohnung brauchen, ein Gesicht geben.

 Suchen eine Wohnung in Wachtberg: (von links) Yasmina, Rustam, Khava, Murat und Aliya Abluschev.

Suchen eine Wohnung in Wachtberg: (von links) Yasmina, Rustam, Khava, Murat und Aliya Abluschev.

Foto: Gemeinde Wachtberg

Unter ihnen ist Rehaset, eine junge Mutter aus Eritrea mit zwei kleinen Söhnen. Sie spricht Deutsch und möchte eine Ausbildung beginnen, wenn die Kinder groß genug sind. Ihr Mann ist zurzeit wegen einer Arbeitsstelle in Berlin. „Ich bewohne seit sechs Jahren verschiedene Gemeinschaftsunterkünfte der Gemeinde Wachtberg und wünsche mir sehnlichst eine eigene Wohnung, in der wir uns endlich wohl und zu Hause fühlen können und meine Kinder genug Platz haben“, schreibt Rehaset, die auf zwölf Quadratmetern lebt. Jede Vergrößerung wäre für sie „bereits ein großer Luxus“. Nur bezahlbar sollte die Miete sein, die das Jobcenter übernimmt.

Jude Audu kann seine Miete selbst zahlen, er arbeitet beim Paketdienst GLS im Lager. „Wegen der Unruhen in Nigeria habe ich mein Heimatland verlassen müssen und bin 2019 nach Wachtberg gekommen. Ich lebe hier seitdem in verschiedenen Flüchtlingsunterkünften mit mehreren Personen in einem Zimmer“, schreibt er. Wegen der schweren körperlichen Arbeit suche er dringend eine kleine Wohnung oder ein Zimmer, denn: „Ich brauche Ruhe für mich.“

Auch Prince Ewumba hat „große Sehnsucht nach Privatsphäre“. Der Nigerianer kam 2019 nach Wachtberg. „Ich habe die deutsche Sprache in Sprachkursen gelernt und arbeite im British Shop in Meckenheim. Ich suche dringend eine Wohnung für mich! Ein oder zwei Zimmer, möbliert oder nicht“, so sein Aufruf. Für die Miete kann er selbst aufkommen. „Ich danke Ihnen sehr für Ihre Unterstützung und freue mich auf ein persönliches Kennenlernen“, sagt Ewumba.

Beruflich läuft es auch bei Thierno Khalifatou Keita aus Guinea gut an. Er durchläuft eine Einstiegsqualifizierung zum Ausbildungsberuf Glaser in einem Betrieb in Meckenheim. Vorher hat er seinen deutschen Schulabschluss gemacht. „Ich habe große Sehnsucht nach Ruhe und Privatsphäre, da ich auch gut meine Ausbildung hier schaffen möchte, um mir ein Leben in Deutschland aufzubauen“, sagt er.

Zwei erfolgreiche Vermittlungen bisher

Laut Margrit Märtens, Sprecherin der Gemeinde Wachtberg, haben bisher zwei Familien mit der Porträtaktion Wohnungen gefunden. „Allerdings befindet sich ein Großteil unserer Flüchtlinge, die in den Gemeinschaftsunterkünften wohnen und das Asylverfahren abgeschlossen haben, weiterhin auf der Suche nach Wohnraum. Somit ist auch immer noch ein großer Bedarf vorhanden“, sagt Märtens.

Familie Abluschev könnte die dritte Familie werden, bei der es mit der Wohnungssuche klappt – vorausgesetzt, es melden sich Vermieter auf ihren Aufruf. Alle sind motiviert, es mit dem Alltag in Deutschland aufzunehmen. Vater und Mutter lernen gerade Deutsch in einem Sprachkurs, Tochter Aliya hat die Sprache selbstständig gelernt und die Geschwister besuchen die Schule in Berkum. Die Miete, maximal 1150 Euro warm, übernimmt die Gemeinde Wachtberg. Es fehlt nur noch die Einladung zum persönlichen Kennenlernen.

Wer eine Wohnung oder ein Haus vermieten möchte, meldet sich bei Katja Ackermann, Ehrenamtskoordinatorin der Gemeinde Wachtberg, unter ☎ 0228/350 262 39, Mobil 0160/90501716 oder E-Mail an katja.ackermann@wachtberg.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort