documentus Wachtberger Unternehmen vernichtet sensible Dokumente für Ministerien

Wachtberg-Villip · Wenn vertrauliche Dokumente entsorgt werden müssen, dürfen sie nicht einfach im Müll landen. Das Wachtberger Unternehmen documentus ist darauf spezialisiert, Papier und Daten zu vernichten.

 Stefan Jerger vor 500-Kilo-Paketen aus vernichteten Akten. Diese gehen hauptsächlich an die Toilettenindustrie.

Stefan Jerger vor 500-Kilo-Paketen aus vernichteten Akten. Diese gehen hauptsächlich an die Toilettenindustrie.

Foto: Axel Vogel

Die kleinen silbernen Teilchen in dem überdimensionierten Reagenzglas lassen den Laien zunächst rätseln. Erst als Stefan Jerger ein Handy daneben hält, dämmert es. „Das hier ist das klein geschredderte Innere von Handys“, erzählt der Unternehmer. Mit Martin Dinier führt er im Villiper Gewerbegebiet die Firma documentus, die bis 2017 Reisswolf hieß. Ihr Kerngeschäft: Daten, egal ob auf Papier, Festplatte, Bankkarte, USB-Stick oder eben Handy vernichten.

Als der GA Jerger angefragt hat, ob er seine Arbeit zum Europäischen Datenschutztag einmal vorstellen könnte, war er überrascht. Den Tag kannte er nicht, vielleicht auch, weil der Umgang mit sensiblen Daten für ihn eben Alltag ist. Schon lange vor der berühmt-berüchtigten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) 2018 hatte er sich selbstständig gemacht in dem Metier; 1999 mit einer Firma an der Bonner Straße. Irgendwann habe Reisswolf angeklopft, um den Konkurrenten ins eigene Boot zu ziehen. 2014 schließlich erfolgte der Umzug an die Gimmersdorfer Straße ins Ländchen. „Wir konnten uns nicht mehr vergrößern in Godesberg“, so Jerger, der die Entscheidung nie bereut hat.

Die Wachtberger handeln eigenständig, sind aber Lizenznehmer

18 Standorte von documentus gibt es in Deutschland, Jerger und Dinier handeln zu 100 Prozent eigenverantwortlich, sind aber Lizenznehmer. „Wir kümmern uns um Bonn, den Rhein-Sieg-Kreis, die Eifel und die Rheinschiene Richtung Koblenz“, sagt Jerger. Der Wachtberger Ableger sei der einzige, der die Datenvernichtung in „P7 mit Nachauflösung“ anbiete. „Das nutzen unter anderem Ministerien“, so der Geschäftsführer. Heißt: Die Akten werden auf dem kleinstmöglichen Sieb zermahlen und anschließend sogar noch gewässert. Das Resultat sind Papierklumpen.

Nach Papier riecht es auch in der großen Halle, die nur mit entsprechendem Schlüssel über eine Sicherheitsschleuse betreten werden kann. „Wir müssen Durchzug verhindern, damit keine Papiere raus geweht werden“, erklärt der Chef. Zugänglich für jedermann darf der Bereich natürlich ebenfalls nicht sein, die Notausgangstüren lösen nach zehn Sekunden einen Alarm aus. Das ganze Objekt ist videoüberwacht. In den Verträgen mit den Kunden stehen diverse Sicherheitsauflagen, die es zu erfüllen gilt.

3000 Festplatten werden pro Monat geschreddert

 Auch Handys werden bei documentus geschreddert. Die gesicherten Erden werden weiter genutzt. 

Auch Handys werden bei documentus geschreddert. Die gesicherten Erden werden weiter genutzt. 

Foto: Axel Vogel

„Unsere 18 Mitarbeiter mussten unter anderem alle ein aktuelles polizeiliches Führungszeugnis vorlegen und Verpflichtungserklärungen zum Datenschutz unterzeichnen“, so Jerger. Trotzdem geht vieles nur über Vertrauen, denn es kommen auch Smartphones der neuesten Generation an – zur Vernichtung. Warum aber das? Über diese Kunden schweigt er sich aus, zwischen den Zeilen könnte es sich um Bundesbedienstete in speziellen Missionen handeln.

Pro Monat werden zwar immer noch 500 Tonnen Akten zerstört, das Geschäft mit Datenträgern ziehe aber an. Und zwar nicht nur von Akteuren wie Telekom oder Post. Warum, erklärt sich Jerger wie folgt: „Ein Profi kann Festplatten wieder herstellen, selbst wenn sie 1000 Mal überschrieben wurden.“ Da helfe nur physisches Schreddern. 1999 kamen bei ihm zehn bis 20 Festplatten pro Monat an, jetzt seien es etwa 3000. Stark im Trend lägen zudem USB-Sticks: „Die Datenmenge eines Sticks entspricht etwa 30 Aktenordnern.“

20 Prozent Umsatzeinbußen durch Corona-Krise

Die Corona-Krise hatte für sein Gewerbe dank Homeoffice zunächst nur negative Seiten. „Zu 80 Prozent haben wir Verträge, wo wir auf Abruf die Behälter tauschen, das wurde ausgesetzt, weil einfach nichts mehr anfiel“, erzählt der Geschäftsführer. Dafür aber hätten viele Ärzte, Rechtsanwälte und Unternehmer zu Hause ausgemistet: „Die haben uns mit Aufträgen zugebombt.“ Das und Angebote wie die versiegelbare „Home Box“ zur Abholung sorgten für einen erträglichen Verlust: „Wir haben 20 Prozent Umsatzeinbußen.“

Um die weiter aufzufangen, haben die beiden Geschäftspartner die 2017 gestartete Digitalisierung weiter ausgebaut. „Vorher hatten wir da Subunternehmer, jetzt haben wir die Sparte selbst übernommen“, sagt Jerger. In einem extra Raum wandern Urkunden, Rechnungen, Verträge oder Fahrzeugscheine via Scanner nicht nur in den PC, sondern in spezielle Programme. Und wer sich doch eher aufs Haptische verlässt, kann seine Dinge im Hochregallager in Wesseling unterbringen.  

Es bereite ihm schon ein wenig Kopfzerbrechen, dass die Gesellschaft immer papierloser arbeite. Aktuell aber gebe es noch riesige Aktenbestände in Deutschland. „Für die nächsten 20 Jahre haben wir noch genug Papier, aber das Geschäft ist endlich“, meint Jerger. Und er fügt mit einem Schmunzeln hinzu, dass sein Schreddergut in 500-Kilo-Paketen vor allem zu Toilettenpapier verarbeitet werde. In der Krise ein gefragtes Gut.

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