Gemeinde Wachtberg setzt auf öko Warum ein Wachtberger Schaugarten selbst im Dürresommer kein Zusatzwasser brauchte

Wachtberg-Berkum · Ein kleines Faszinosum verbirgt sich hinter dem Rathaus in Wachtberg-Berkum. Der Schaugarten allein ist hübsch anzusehen. Wenn Diplom-Biologin Ulrike Aufderheide darüber hinaus erklärt, dass der vor 22 Jahren angelegte Garten selbst im Dürresommer 2022 kein zusätzliches Wasser gebraucht hat, lockt das selbst Meckenheimer nach Wachtberg.

Ulrike Aufderheide zeigt die Beeren einer Ebersche im Berkumer Schaugarten hinter dem Rathaus.

Ulrike Aufderheide zeigt die Beeren einer Ebersche im Berkumer Schaugarten hinter dem Rathaus.

Foto: Petra Reuter

Der naturnah bepflanzte Schaugarten hinter dem Rathaus in Berkum ist in diesem Sommer trotz wochenlanger Dürre ohne Bewässerung gut zurechtgekommen. Und jetzt noch besser, weil es wieder kräftig regnet. Diplom-Biologin und Mitinitiatorin des Schaugartens Ulrike Aufderheide erklärt, warum die Pflanzen so genügsam sind.

„Wir haben sie noch nicht gezählt“, sagt Aufderheide lachend auf die Frage, wie viele Pflanzen hier tatsächlich wachsen. Mindestens 200 gepflanzte Arten zuzüglich mindestens der gleichen Anzahl gesäter Gewächse leben hier in funktionierender Symbiose, schätzt die Biologin. Zudem hätten sich einige Pflanzenarten wie das Wiesenschaumkraut oder zwei Taubnesselarten dort angesiedelt. „Die haben wir hier gestalterisch integriert. Wir lassen sie da wachsen, wo sie gut hinpassen“, so Aufderheide.

In Wachtberg hat niemand mit so vielen Dürresommern gerechtnet

Als die ehemalige Wiesenfläche hinter dem Rathaus vor 22 Jahren naturnah bepflanzt wurde, hatte niemand mit so vielen aufeinanderfolgenden trockenen Sommern gerechnet, sagt die Biologin. „Wir haben die Pflanzen nicht gezielt danach ausgesucht.“ Dennoch kamen die hier wachsenden Arten in diesem Jahr ohne zusätzliches Gießen mit der Trockenheit zurecht. „Weil es sich um einheimische Wildpflanzen handelt und wir in großen Bereichen keinen nährstoffreichen Boden haben“, erklärt die Fachfrau einen Grund. So reichen die Wurzeln der Pflanzen noch tiefer als es ohnehin ihrer Art entspricht.

Die Pflanzen in den Wachtberger Schaugartenbeeten müssen selbst klarkommen

In den Schaugartenbeeten müssen die Wildpflanzen sich, wie seit Jahrtausenden, selbst versorgen. Weil vor Urzeiten niemand mit der Gießkanne durch die Wildnis gelaufen ist, mussten Akeleiblättrige Wiesenraute, Tüpfel-Johanniskraut, Frühlingsplatterbse und Co. schon immer mit dem zurechtkommen, was die Natur hergab. Dazu komme, so die Biologin, dass es während der Evolution dieser Arten schon wesentlich trockenere Perioden gab, als man sie jetzt habe. So sei es in der letzten Eem-Warmzeit vor rund 130 000 Jahren vier bis sechs Grad wärmer gewesen als zu Zeiten vor dem Beginn der Industrialisierung. „Auch da gab es diese Pflanzen schon.“

Deshalb enthalten die heute im Schaugarten stehenden Arten über Generationen gebildetes Erbgut für stabile und widerstandsfähige Pflanzen. Die Erfahrung aller Gestalter naturnaher Flächen zeige heute, dass standortgerecht gepflanzte Gewächse dieser Arten trotz anhaltender Trockenheit wie im Schaugarten gedeihen, erklärt die Fachfrau. „Vor allem die Kräuter.“

Die Gräser würden gelegentlich vertrocknen, erholten sich aber vielfach wieder oder säten sich für die nächste Generation aus. So bleibe die Art erhalten. Ein weiterer Vorteil im Schaugarten sei das viele Grün. Weil über das dichte Blätterwerk Wasser verdunste, sei es auf der Fläche deutlich kühler als in einem Garten mit viel nackter Erde oder Schotter.

In Wachtberg trifft man sich einmal im Monat zur Beetpflege

Um bei den monatlichen Pflegetreffen dabei zu sein, machen sich nicht nur Wachtberger auf den Weg. Ulrike Stüttgen ist aus Meckenheim gekommen, weil sie es nicht bei den bereits erfolgten Umstellungen im heimischen Garten belassen will. „Ich möchte lernen, was ich besser machen kann“, sagt sie. Gärtnermeister Philipp Stubenrauch will im Rahmen einer zweijährigen Fortbildung im Schaugarten Erfahrungen und Wissen außerhalb des Standardprogramms für Gärtner sammeln.

Im angenehmen Mikroklima entdeckt man wegen des intakten Lebensraums und passender Futterpflanzen auch Insekten und Vögel, die man in vielen Gebieten schon gar nicht mehr findet, sagt Aufderheide. Als bekanntes Beispiel zeigt sie eine Eberesche, die eine gute Nahrungsquelle für viele Vögel sei.

Die Broschüre zu den Pflanzen des Schaugarten ist im Rathaus erhältlich. Wer es eilig hat oder die Daten lieber digital hat, kann sich das kleine Werk auf der Internetseite der Gemeinde unter www.wachtberg.de herunterladen.

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