Meckenheim/Wachtberg Wachtberger spenden für die Ukraine

Meckenheim/Wachtberg · Der Konvoi von „Meckenheim hilft“ zur polnisch-ukrainischen Grenze hat auch Hilfsgüter aus dem Ländchen dabei

 „Meckenheim hilft“ bereitet einen Hillskonvoi für die Ukraine vor und Bürger aus der ganzen Region liefern den ganzen Tag über Spenden an, die dann an die polnische Grenze geliefert werden. Hier werden die Spenden sortiert und verpackt.

„Meckenheim hilft“ bereitet einen Hillskonvoi für die Ukraine vor und Bürger aus der ganzen Region liefern den ganzen Tag über Spenden an, die dann an die polnische Grenze geliefert werden. Hier werden die Spenden sortiert und verpackt.

Foto: Axel Vogel

Ob Michael Pauli aus Wormersdorf, dessen Kofferraum proppenvoll mit Lebensmitteln war oder die Rheinbacherin Sabine Mertes, die quasi aus dem Stand heraus 200 Euro an Spenden in ihrer Nachbarschaft gesammelt hatte: Unglaubliche Szenen der Hilfs- und Spendenbereitschaft waren am Dienstag viele Stunden lang vor der Lagerhalle der Flutopfer-Organisation „Meckenheim hilft“ im Industriepark Kottenforst zu erleben.

Die überwältigende Hilfsbereitschaft galt dieses Mal allerdings nicht den Flutopfern an Ahr und Swist, sondern den von russischen Invasoren mit Krieg überzogenen Menschen in der Ukraine. Die „Meckenheim hilft“-Organisatoren Stefan Pohl und Brigitte Kuchta hatten nämlich zu Spenden für die Bestückung eines Hilfskonvois aufgerufen, der, wie berichtet, am Mittwochmorgen aus Meckenheim in Richtung ukrainische Grenze aufbrechen soll. Wie das Spendenaufkommen im Industriepark belegte: Das Schicksal der Ukrainer, die sich gegen den russischen Überfall wehren, lässt auch in der Region kaum ein Herz kalt.

Mit Batterien, Anziehsachen und Verbandszeug hatte sich Familie Röttgen aus Niederbachem nach Meckenheim aufgemacht. „Die Bilder aus der Ukraine erschrecken einen sehr und sie machen einem Angst“, meinte Sandra Röttgen. Sie habe nicht gedacht, mal einen Krieg in Europa mitzuerleben. Mit Tochter Mia hatten sie am Montag erstmals über die Vorgänge gesprochen. „Sie hat es im Radio gehört, und es ist wirklich nicht einfach, das zu erklären“, so die Mutter. Mia selbst findet Krieg schlicht doof. „Aber es ist toll zu sehen, wie viel hier los ist“, sagte die Viertklässlerin.

Der Andrang berührte auch Alina Lägel, die einen ganz persönlichen Bezug zur Ukraine hat: Die Adendorferin stammt daher. „Mein 63-jähriger Bruder und seine Familie leben noch in Kiew“, erzählte Lägel. Der Neffe sei 37 Jahre alt und damit noch wehrpflichtig. „Sie sind bereit, für die Unabhängigkeit der Ukraine zu kämpfen, haben viel Mut und Hoffnung“, erzählte die Frau, die 2004 nach Deutschland übergesiedelt ist. Ihre Familie denke nicht ans Weggehen und wolle „bis zum bitteren Ende bleiben“.

Gemeinsam mit ihrem Mann Paul, wie sie SPD-Ratsmitglied in Wachtberg und darüber hinaus noch im Kreistag, hatte sie umfängliche Hilfsgüter für die Aktion Meckenheim hilft zusammengestellt. Auch dank der Unterstützung von fremden Menschen, die am Montag bei den Adendorfern „von 8 bis 20 Uhr“ geklingelt hatten, um Sach- und Geldspenden abzugeben. 2650 Euro kamen für die Transportkosten zusammen. Unter anderem hatten die Lägels ihre „Annahmestelle“ bei Facebook beworben.

Lebensmittel gäbe es derzeit ausreichend, doch die Krankenhäuser bräuchten Verbandsmaterial, Desinfektionsmittel und Medikamente, um die Soldaten zu versorgen. „Aber aktuell dürfen die Laster von Polen aus noch nicht über die Grenze, soviel ich weiß“, so Lägel. Weshalb sich das Ehepaar eher auf die Versorgung von Frauen und Kindern spezialisiert hatte, die nach Polen geflüchtet sind. So hatten sie unter anderem Hygieneprodukte, Babynahrung, Schlafsäcke und warme Kleidung dabei.   

Wo Gutes getan werden muss, ist meist Albert Schmitz nicht weit. Der Villiper Landwirt war mit einem prall gefüllten Transporter nach Meckenheim gekommen. „Der abscheuliche Krieg in der Ukraine ist nicht zu verstehen, weshalb jeder, den ich kenne, sofort helfen wollte“, erzählte Schmitz. Kleine Babycremes, Rucksäcke, tragbare Babybetten, Stofftiere und vieles mehr hatte er im Gepäck. „Traurig, dass wir als NATO nicht eingreifen, sondern nur mitfühlen können“, sagte Schmitz, der sich bei und nach der Ahr-Flut ebenfalls sehr für die Betroffenen eingesetzt hatte.     

„Mit dem, was hier zusammengekommen ist, können wir drei Konvois bestücken“, freute sich Brigitte Kuchta. Zunächst konzentrieren sich jetzt aber alle Beteiligten mit viel Respekt vor Unwägbarkeiten und Risiken darauf, dass die erste Tour gelingt. Die hatte Pohl ganz spontan angestoßen. Zusammen mit seinem Sohn hatte er am Samstagmorgen einen Fernsehbericht aus dem Kriegsgebiet gesehen, in dem sich ein Vater auf dem Weg an die Front tränenreich von seiner Familie an der polnischen Grenze verabschieden musste.

Anschließend fragte ihn der Siebenjährige aufgewühlt: „Papa, was ist denn da los?“ Daraufhin rief Pohl sofort Mitstreiterin Kuchta an und appellierte an sie: „Da müssen wir was machen.“ Gesagt, getan. Dank des ohnehin bestehenden Fluthilfe-Netzwerkes bekam das Projekt sofort eine unglaubliche Eigendynamik, so Kuchta.

Der Plan für den Hilfskonvoi sieht vor, dass sich gegen 11 Uhr am Mittwoch Pohl, Kuchta und eine Handvoll Gleichgesinnter auf die insgesamt sechs Sprinter-Transporter verteilen. Insgesamt rund 15 Tonnen Hilfsgüter werden die Fahrzeuge geladen haben. Es geht dann in Richtung polnisch-ukrainischer Grenze. Ein Zwischenstopp ist in Dresden eingeplant: Am dortigen Flughafen werden sie von der Flughafengesellschaft empfangen: „Da laden wir noch drei Kubikmeter Verbandmaterial und Erste-Hilfe-Pakete dazu, die wir aus Berlin bekommen.“

Von Dresden geht es weiter zum Grenzübergang Görlitz: „Dann sind es nochmals 600 Kilometer bis zu unserem Ziel, der polnisch-ukrainischen Grenze“, führte Pohl aus: „Wir haben von der ukrainischen Regierung Papiere bekommen, die uns die Durchfahrt durch Polen gewähren.“ Donnerstagmittag wollen die Meckenheimer ihr Ziel erreichen.

Einen Grenzübertritt wird es dabei nicht geben: „Das ukrainische Konsulat hat uns zwar versichert, dass in der westlichen Grenzregion des Landes kein Krieg stattfindet. Trotzdem wollen wir jedes Sicherheitsrisiko vermeiden“, betonte der Mit-Organisator. „Zumal wir dann auch nicht mehr auf EU-Gebiet wären.“

„Meckenheim hilft“ will daher die Spenden in den einzelnen Auffanglagern für die ukrainischen Flüchtlinge verteilen. „Dabei müssen wir sehen, wie das klappt“, gab Stefan Pohl die Devise aus. Allerdings ist er sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen einer Tatsache voll bewusst: „Wir fahren in ein Kriegsgebiet und natürlich habe ich ein mulmiges Gefühl.“ Ähnliches sagte auch Brigitte Kuchta, die selbst am Steuer eines Sprinters sitzen wird: „Mir ist auch sehr flau im Magen, weil ich nicht weiß, was uns da erwartet.“ Auf jeden Fall glauben die Organisatoren des Konvois, für alle Fälle gerüstet zu sein. Beispielsweise, wenn Kriegsopfer sofort und schnell Hilfe brauchen. „In dem Fall wollen und können wir rund ein Dutzend Menschen sofort mit nach Deutschland nehmen“, so Pohl.

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