Auch eine posthume Würdigung bei Feierstunde in Berkum Wachtbergs Bürgermeister ehrt ausgeschiedene Lokalpolitiker

Wachtberg · In der Berkumer Schulaula ehrt Wachtbergs Bürgermeister Jörg Schmidt 60 ausgeschiedene Ratsmitglieder und Sachkundige Bürger für ihren Einsatz. Die Pandemie hatte das zeitnah verhindert. Amtsvorgängerin Renate Offergeld erhält den Titel Altbürgermeisterin in Abwesenheit.

 In der Berkumer Schulaula ehrt Bürgermeister Jörg Schmidt Renate Zettelmeyer mit dem Titel Gemeinderätin.

In der Berkumer Schulaula ehrt Bürgermeister Jörg Schmidt Renate Zettelmeyer mit dem Titel Gemeinderätin.

Foto: Axel Vogel

Das begehrteste Objekt des Abends lag zu Beginn recht unbeachtet auf dem Tisch. Dabei sollte sich das Goldene Buch am Freitag ordentlich füllen. Mit coronabedingter gut eineinhalbjähriger Verzögerung galt es, nach der Wahl ausgeschiedene Ratsmitglieder und Sachkundige Bürger zu ehren. Immerhin 60 Namen standen auf der Liste von Bürgermeister Jörg Schmidt (CDU).

Das Orga-Team des Wachtberger Rathauses hatte für die Feierstunde einen mehr als würdigen Rahmen in der Berkumer Schulaula geschaffen. Festlich eingedeckte Tafeln warteten auf Gäste; die jedoch konnten sich nach Monaten des Lockdowns und der Maskenpflicht von den Gesprächspartnern im Foyer kaum lösen. Dort nämlich war das Programm mit einem Sektempfang gestartet. Drinnen spielten sich derweil Musikerinnen des Wachtberger Kammorchesters warm.

Jörg Schmidt würdigt seine Amtsvorgängerin

Ehrenbürgermeister Peter Schmitz hatte sich aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen lassen, aber die Altbürgermeister Hans-Jürgen Döring, Paul Giersberg und Hans-Joachim Pagels waren anwesend. Warum dies Ex-Bürgermeisterin Renate Offergeld nicht möglich war, blieb offen. Schmidt hatte ihr den Titel Altbürgermeisterin persönlich verleihen wollen, für die Veranstaltung aber sagte seine Vorgängerin ab. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, das liege daran, dass sie lieber eine andere Würdigung erhalten hätte.

Ende 2020 war darüber debattiert worden; nach einer Amtszeit wird man zum Altbürgermeister, nach zweien zum Ehrenbürgermeister. Offergeld war jedoch statt normalerweise fünf, sechs Jahre im Amt gewesen. Doch für das Gros der Politiker ließ der Passus in der Ratsordnung keinen Spielraum. Schmidt fand für die Abwesende lobende Worte. Sie sei die erste Frau und das erste SPD-Mitglied im Bürgermeisteramt in Wachtberg gewesen. Sie habe sich besonders für soziale Themen stark gemacht. „Frau Offergeld liegen die Menschen am Herzen“, so seine Bewertung der Villiperin.

Wilfried Laupert wird posthum geehrt

Zuvor hatte Schmidt für alle zu Ehrenden Respekt gezeigt: „Das politische Ehrenamt bringt eine hohe Belastung mit sich und nicht selten wird man für seine Meinung stark kritisiert.“ In Zeiten, in denen viele den Individualismus mit Egoismus verwechselten, hätte diese Männer und Frauen sich für das Allgemeinwohl entschieden. „Sie haben sich für die Interessen der Gemeinde und der Wachtbergerinnen und Wachtberger stark gemacht“, so Schmidt.

Einer, auf den das zutrifft, war der vor einem Jahr verstorbene Wilfried Laupert (UWG). Als seine Tochter Miriam Köhring für ihn posthum Urkunde und Anstecknadel als Gemeinderat entgegennahm, war es mucksmäuschenstill im Saal. Mehr als 20 Jahre lang hatte sich der Züllighovener in der Ratsarbeit eingebracht, war Vorsitzender des Planungsausschusses.

Mit der UWG hatte auch Renate Zettelmeyers politische Laufbahn im Drachenfelser Ländchen begonnen, die sie nun mit dem Titel Gemeinderätin beschließt. Allerdings hatte die Niederbachemerin die Wählerfraktion in der letzten Wahlperiode im Streit verlassen, sie blieb als Fraktionslose im Rat. Ein Nachbar hatte sie vor mehr als 30 Jahren zu einer Sitzung der UWG eingeladen. „Da war so eine Freiheit, man durfte zu allen Themen mitreden, es gab keinen Fraktionszwang“, erklärt sie im GA-Gespräch ihre Begeisterung. In 20 Jahren Ratsarbeit gab es kaum einen Ausschuss, in dem sie nicht mal Mitglied war.

Renate Zettelmeyer wird Gemeinderätin

Gegen die Kunstrasenplätze ist sie aus Umweltgründen noch heute, eine Gesamtschule in Wachtberg hätte sie als weiterführendes Angebot gerne umgesetzt. „Wenngleich auch einiges für die Hauptschule spricht“, meint die gelernte Verlagskauffrau. Einmal hat sie ein Bürger „Frau Wichtig“ genannt, das hat sie getroffen. „Viele meckern nur, aber wenige machen mit“, umschreibt sie Kommunalpolitik. In der Opposition hätten sie und ihre Mitstreiter stets dicke Bretter bohren müssen. Weshalb sie zum Schluss anriet, sich mit den Kollegen von „Unser Wachtberg“ zusammenzutun. „Dann hätten die mehr Stimmen als die Grünen, aber ich bin nicht mehr durchgedrungen“, so Zettelmeyer. Nun steht das Reisen an erster Stelle.

Wie er als Neu-Pensionär und Nicht-mehr-Ratsmitglied die Lücken füllt, hat sich Hartmut Beckschäfer (CDU) noch nicht überlegt. „Ich entschleunige, musste das aber lernen“, meint der Ließemer auf Anfrage. Vielleicht auch, weil der Abschied nicht so ganz geplant war: Innerparteiliche Querelen über die Bürgermeister-Kür hatten 2019 zum Rücktritt als Fraktionsvorsitzender geführt. Zur Wahl 2020 war der Vollblut-Kommunalpolitiker für seinen Ort nicht mehr angetreten. 2004 hatte er das Mandat für Ließem II geholt und war sogleich Vorsitzender des Schulausschusses, später auch der Ortsvertretung geworden. „Als Vater junger Schulkinder hatte ich eine gewisse Neigung zu bildungspolitischen Themen“, so Beckschäfer.

Hartmut Beckschäfer war zweimal Fraktionsvorsitzender

Von 2009 bis 2014 hatte er den Fraktionsvorsitz erstmals innegehabt. Nachdem Bürgermeister Theo Hüffel (CDU) spät verkündet habe, nicht mehr zu kandidieren, musste der Fraktionsvorsitzende als Kandidat ran. Und unterlag im klassischen CDU-Land gegen SPD-Frau Offergeld. „Natürlich findet man es besser zu gewinnen“, sagt er rückblickend. Er gab als Konsequenz den Vorsitz ab, blieb aber im Rat. Bis er nach einem Personalkarussell wieder den Vorsitz erbte. Die Belastung der Gremien glaubt er, könne man noch besser steuern. „Man muss nicht bei jedem Kanaldeckel den Ausschuss beteiligen.“ An der Neuauflage des Flächennutzungsplans hat der frühere Abteilungsleiter im Bundesamt für soziale Sicherung ebenso mitgewirkt wie an der Umsetzung des Bernareggio-Platzes. Und wie alle 60 Geehrten an vielen kleinen Schritten zum Wohlergehen Wachtbergs.

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