„Gern gesehene Nützlinge“ in der Region Was es mit den Turmfalken in Wachtberg auf sich hat

Wachtberg-Niederbachem · Vor Kurzem wurde auf einer Straße in Niederbachem ein kleiner Falke gefunden. Die Tiere fühlen sich in Wachtberg sehr heimisch und spielen eine wichtige Rolle – welche, verrät der Naturschutzbund (Nabu).

Ein junger Turmfalke musste sich offenbar nach einem Unfall nahe der Niederbachemer Grundschule auf einem Zaunpfal erholen.

Ein junger Turmfalke musste sich offenbar nach einem Unfall nahe der Niederbachemer Grundschule auf einem Zaunpfal erholen.

Foto: Axel Vogel

Vor ein paar Wochen saß ein Greifvogel ganz ruhig mitten auf der Straße vor der Drachenfelsschule in Niederbachem. Autofahrer mussten kehrt machen, weil das Tier keine Anstalten machte, wegzufliegen. Neugierige Kinder beäugten den Greifer aus sicherer Distanz, bis dieser dann doch auf einen benachbarten Zaunpfahl flog, um dort weiter auszuruhen. Peter Meyer, Vorstandsmitglied im Bonner Naturschutzbund (Nabu) ist für den Greifvolgeschutz viel unterwegs in Wachtberg und hatte die Spezies schnell bestimmt: ein junger Turmfalke, der möglicherweise mit einem Hindernis wie einem Auto kollidiert war, lautete seine Fernanalyse per Foto.

Meyer freuen Begegnungen wie diese: Sie seien ein Indiz dafür, dass die umfangreichen Maßnahmen von Naturschützern auf einem guten Weg seien, Greifvögeln wie den Turmfalken in der Region wieder einen gesicherten Lebensraum zu bieten und für eine steigende Population zu sorgen. Dabei können es natürlich auch wie im Fall von Niederbachem zu vermehrten Kontakten zu Mensch und Greifvogel kommen.

„Der Turmfalke ist unser häufigster Greifvogel in Deutschland“, sagt Meyer. „Er wird auch Rüttelfalke genannt, weil er die Fähigkeit besitzt, sich im richtigen Moment auf die erspähte Maus zu stürzen, um sie zu fangen.“ Mit einer Größe von rund 35 Zentimetern und einer Spannweite von etwa 75 Zentimetern gehöre er aber eher „zu den kleineren Greifvögeln“. In Deutschland wird der Bestand laut Meyer auf rund 50.000 Brutpaare geschätzt, im Rhein-Sieg-Kreis und Bonn auf etwa 150 Brutpaare laut der Ornithologische Arbeitsgemeinschaft (OAG) Bonn.

Der Turmfalke sei in der Bonner Region erfreulicherweise der häufigste Greifvogel, „da er gut in unserer Kulturlandschaft überlebt, auch in einer recht intensiv genutzten“, sagt Monika Hachtel, wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Biologische Station Bonn/Rhein-Erft. Sein Vorkommen hänge allerdings maßgeblich davon ab, ob er einen Nistplatz findet, erklärt Hachtel: „Hier kann man ihn recht einfach fördern, indem man gezielt Kästen aufhängt: an Gebäuden wie Scheunen, Hallen oder anderen höheren Häusern, besonders auch in Kirchtürmen.“ Auch das Anbringen dieser Nester an mindestens fünf Meter hohen Stangen, die frei in der Landschaft stehen, sei möglich. Die Vorliebe für hoch gelegene Nester hat der Turmfalke auch seinen Namen zu verdanken.

Monika Hachtel weist daraufhin, dass insbesondere der Turmfalke in dem von der Rewe Group finanzierten Projekt „Biodiversität im konventionellen Obstanbau“ unterstützt werde. Daran seien der NABU Bonn und Obstbauern im Süden der Stadt beteiligt. Einer der Nistkästen stehe beispielsweise am Rodderberg. Ingesamt hätten die Obstbaubetriebe in der Region fast 100 Kästen aufgehängt, sagt Hachtel. Das habe die Population der Turmfalken maßgeblich gefördert: „Wir hatten in den letzten Jahren jeweils 20 bis 30 Bruten mit bis zu 100 Jungtieren pro Jahr.“ Seit dem Projektstart 2014 seien in den Kästen 491 junge Falken flügge geworden.

Turmfalken sind „gern gesehene Nützlinge“ in der Region

Der Turmfalke jagt laut Hachtel aus der Luft und braucht dafür offene, strukturreiche Landschaften mit Grünland und Acker: „Seine Hauptnahrung besteht bei uns zu über 90 Prozent aus Feldmäusen, die im Garten und in der Landwirtschaft größere Schäden anrichten können, vor allem in Jahren mit hohem Aufkommen.“ Da die Falken zur Jungenaufzucht pro Jahr 2.000 bis 3.000 Mäuse fangen, trügen die Raubvögel wesentlich zu einem Gleichgewicht bei und seien daher „gern gesehene Nützlinge“.

Begegnungen zwischen Mensch und Raubvogel gehen aus Sicht von Peter Meyer oft auch nicht gut aus für die Falken: „Da Turmfalken gerne auch in der Nähe von Straßen jagen, führt das zu häufigen Zusammenstößen mit Fahrzeugen.“ Das könnte laut Meyer auch die Ursache für das auffällige Verhalten des jungen Turmfalkens vor der Niederbachemer Grundschule gewesen sein. Sollte ein solcher Unfall passieren, rät Meyer, man sollte versuchen, den Vogel einzufangen und in einen Karton zu setzen. Anschließend sollte man den Karton in einen möglichst dunklen Raum stellen und dann den NABU Greifvogelnotruf unter den Nummern 0177 694 32 44 oder 02254 846537 wählen.

Der junge Turmfalke, der auf der Straße in Niederbachem gelandet war, flog nachdem er wieder zu Kräften gekommen war, aus eigener Kraft davon.

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