Kunstrasenplätze in Wachtberg Wer Asche loswerden will, braucht Kohle

WACHTBERG · Wie viel Kunstrasen kann sich die Gemeinde Wachtberg leisten? Mit dieser Frage beschäftigen sich zurzeit die politischen Gremien. Laut einem Beschluss des Sportausschusses soll die Verwaltung ein Konzept für den Bau eines Kunstrasenplatzes in Niederbachem vorlegen.

Ein Runder Tisch soll dann eine Prioritätenliste für den Bau weiterer Kunstrasenplätze erarbeiten. Das Problem: Weder die Gemeinde noch die Sportvereine können alle neuen Kunstrasenplätze sofort finanzieren. Außerdem ist die Gründung eines "Betriebs gewerblicher Art" im Gespräch, der nach Vorstellung des SV Niederbachem den neuen Kunstrasenplatz bewirtschaften soll. Ob dieser Betrieb tatsächlich ein tragfähiges Modell ist, muss noch weiter geprüft werden.

Die wichtigsten Fragen rund um das Thema Kunstrasen:

Warum brauchen Sportvereine überhaupt einen Kunstrasenplatz?
"Vereine mit Kunstrasenplatz werden stärker frequentiert als Vereine ohne", sagt Sportwissenschaftler Professor Lutz Thieme von der Hochschule Koblenz, der im Auftrag der Gemeinde Wachtberg ein Sportentwicklungskonzept erstellt hat. Vereinsvertreter sagten ihm, dass wegen der in den vergangenen Jahren eröffneten zwei Kunstrasenplätze die Konkurrenz unter den Vereinen in Wachtberg zugenommen habe. Den Vereinen ohne Kunstrasen laufen vor allem Kinder und Jugendliche weg, weil sie bei Nachbarvereinen wie dem SV Wachtberg bessere Trainingsbedingungen vorfinden. Die Kunstrasenplätze erlauben Training und Wettkämpfe auch bei schlechten Wetterverhältnissen.

Wo gibt es in Wachtberg bereits Kunstrasen, wo nicht?
Der Kunstrasenplatz des SV Wachtberg in Berkum wurde 2008 eingeweiht, der des FC Pech im Jahr 2010. Der SV Niederbachem, der SV Alemannia Adendorf und der SC Villip spielen noch auf Ascheplätzen. In Fritzdorf gibt es einen Rasenplatz.

Warum ist der SV Niederbachem als Nächster dran?
Er hat bereits ein Finanzierungskonzept vorgelegt und will die geforderte Eigenleistung aufbringen. Die Idee: Die Gemeinde finanziert die rund 470 000 Euro teure Anlage dank Vorsteuerabzug und zinsgünstiger Kredite, der Verein übernimmt das Management in Eigenregie. Aus steuerrechtlichen Gründen ist dafür die Gründung eines "Betriebes gewerblicher Art" (BgA) unerlässlich.

Geht die Rechnung mit einem Betrieb geweblicher Art auf?
So ganz genau weiß das zurzeit noch niemand. Erst wurde das Modell von einem Mitarbeiter des Landessportbunds (LBS) propagiert, später sagte ein LBS-Sprecher, das Konzept bewege sich in einer "gesetzlichen Grauzone". Ein Problem gibt es auf jeden Fall: Der SV Niederbachem alleine wird nicht für den erforderlichen Jahresumsatz von 31 000 Euro sorgen können, der für einen Betrieb gewerblicher Art notwendig wäre. Das bedeutet, die beiden Vereine, die bereits Kunstrasenplätze haben, müssten mit ins Boot. Das haben die Mitglieder des SV Wachtberg aber einstimmig abgelehnt.

Wie viel Geld kann die Gemeinde für Sportförderung ausgeben?
Die Gemeinde Wachtberg bekommt rund 54 000 Euro pro Jahr aus der Sportpauschale des Landes. Dieser Betrag wird zweckgebunden für den Sport verwendet. Hinzu kommen weitere Posten im Haushalt, zum Beispiel der Unterhalt der Sportanlagen und der Einsatz von Personal der Gemeinde.

Was zahlt die Gemeinde für die zwei vorhandenen Kunstrasenplätze?
Die Kommune hat die Messlatte hoch gelegt und wendet zurzeit pro Kunstrasenplatz und Jahr 12 000 Euro Investitionszuschuss, 10 000 Euro Pflegepauschale und 3000 Euro Energiekostenzuschuss auf. Dieser Beschluss gilt für 20 Jahre. Der SV Wachtberg und der FC Pech tragen, unter Verwendung der Gemeindezuschüsse, die Betriebskosten, die Instandhaltung der Plätze sowie Zins und Tilgung des Investitionskredits.

Lässt sich das auf die anderen Vereine übertragen?
Gutachter Lutz Thieme sagt in seiner Studie zum Sportentwicklungskonzept, dass sich das mit dem SV Wachtberg und dem FC Pech praktizierte Modell nicht auf einen weiteren Standort übertragen lässt. Die Sportpauschale müsste dann nämlich fast komplett für den Fußball ausgeschöpft werden. Für andere Vereine wie den Badminton-Club Wachtberg oder den Tischtennisverein Werthhoven wäre dann kein Geld mehr da. Heute schon werden andere Sportarten deutlich weniger unterstützt als der Fußball, so die Studie.

Wenn es konkret um die Kunstrasenplätze geht, plädierte Thieme für eine Gleichbehandlung der Fußballvereine. "Wenn Sie sich zu einer Lösung durchringen, muss diese auch für andere Vereine gelten, nicht nur für den SV Niederbachem", sagte er dem Sportausschuss. Die Politik muss aber letztlich selbst entscheiden. Es deutet sich an, dass keine Fraktion dem SV Niederbachem Steine in den Weg legen will. Die CDU favorisiert eine "kleine Lösung", das heißt den Bau der neuen Kunstrasenplätze, ohne den SV Wachtberg an einem möglichen Betrieb gewerblicher Art zu beteiligen. "Den SV Wachtberg würde das massiv benachteiligen", sagt der CDU-Vorsitzende Stephan Zieger, der auch Vorsitzender des Sportausschusses ist.

Wie geht es weiter?
Am Dienstag stehen die abschließenden Haushaltsberatungen im Wachtberger Rat an. Im Investitionshaushalt sind auch 400 000 Euro für den Neubau eines Kunstrasenplatzes in Niederbachem eingestellt. Die Finanzierung neuer Kunstrasenplätze ist somit auch Teil der Haushaltsdebatte. Der SV Niederbachem muss als nächstes nachweisen, dass er den erforderlichen Eigenanteil stemmen kann. Außerdem ist ein Runder Tisch geplant, der letztlich in die Gründung eines Gemeindesportbundes münden soll. Der soll nicht nur die Absprachen unter den Vereinen verbessern, sondern die Entwicklung des Wachtberger Sports insgesamt voranbringen.

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