Verbannte Busse in Oberbachem Wird der Weg für Senioren zu weit und für Kinder zu gefährlich?

Wachtberg-Oberbachem · Eigentlich war alles in trockenen Tüchern: Um die Ortsmitte Oberbachem zu entlasten, sollen Busse künftig einen anderen Weg nehmen. Die Alternative stößt aber auf Kritik, auch bei denen, die für sie gestimmt haben.

 Parkende Autos und durchfahrende Busse machen die Ortsdurchfahrt in Oberbachem problematisch und äußerst eng.

Parkende Autos und durchfahrende Busse machen die Ortsdurchfahrt in Oberbachem problematisch und äußerst eng.

Foto: Axel Vogel

Eigentlich schien die Sache nach der jüngsten Sitzung des Oberbachemer Ortsausschusses Mitte März klar – und vor allem einvernehmlich entschieden. Die Rede ist vom einstimmigen Ja der Mitglieder zu einem Wegfall der Bushaltestelle Blankenheimer Weg wegen der teils schwierigen Ortsdurchfahrt für die Busse vorbei an geparkten Autos. Stattdessen sollte laut Beschluss die Linie aus dem Ort ganz auf die Landesstraße 123 verlegt werden.

Gegen einen Wegfall der Haltstelle machten jetzt allerdings eine Reihe Oberbachemer um Kristian Lempa (SPD) und Benjamin Menke (Unser Wachtberg), der eigentlich ebenfalls im Ortsausschuss für den Wegfall gestimmt hatte, anlässlich eines Ortstermins mit dem GA mobil.

„Die Auswirkungen des Wegfalls der Haltestelle Blankenheimer Weg müssen vor allem die Kinder tragen, die am wenigsten souverän und am gefährdetsten im Straßenverkehr sind“, nennt Lempa einen zentralen Punkt, der gegen den Wegfall der Haltestelle spricht: „Wegen ein paar parkenden Autos müssen Kinder unnötige Gefahren auf sich nehmen.“ Er ärgere sich darüber, dass man Autofahrern keine begrenzten Parkmöglichkeiten und keine engen Ortsdurchfahrten zumuten wolle, wohl aber „ungleich höheren Risiken für die Kinder“ in Kauf nehme. Im Kern geht es ihm darum, dass sich große und kleine Fahrgäste aus Oberbachem, wenn die Haltstelle Blankenheimer Weg wegfällt, dann allein auf die Haltestelle Raifffeisenbank an der viel befahrenen Landstraße 123 konzentrieren müssen.

„Selbst als gesunder und flinker Erwachsener ist es gefährlich, die Landstraße zu überqueren“, gibt Kristian Lempa zu bedenken. Es fehlt aus seiner Sicht beispielsweise eine sichere Querungsmöglichkeit. Zustimmung erntet er von Nicole Fuchs, deren beiden schulpflichtigen Kindern ebenfalls auf den Bus angewiesen sind: „Es kann ja passieren, dass ein Kind den Bus sieht und einfach blind losrennt, um diesen zu erreichen.“ Schlimmstenfalls dann eben auch unvermittelt über die Landstraße läuft.

Gemeinde erwartet deutliche Verbesserung

Dazu sagt Gemeindesprecherin Margrit Märtens: „Der Umbau der Haltestelle wird die Querungssituation deutlich verbessern, da die haltenden Busse jeweils eine der Fahrspuren blockieren werden.“ Aber nicht nur die Querung der Landstraße 123 ist ein Problem für manche Bürger. „Auch der Weg durch den Ort zur Haltestelle ist nicht sicher“, führt Lempa aus. Schließlich sei in der Ortsmitte stellenweise kein Bürgersteig und Sichtachsen seien durch parkende Pkw verstellt.

Von einem Wegfall wären aber nicht nur Schulkinder betroffen, sondern auch ältere Oberbachemer, so wie die 83 Jahre alte Anneliese Watzl, die am Steinacker wohnt. Für die Seniorin, die nicht mehr gut zu Fuß ist, sind bereits die rund 400 Meter von ihrer Wohnung Am Steinacker zur Haltestelle ein weiter Weg. Wenn sie jetzt noch rund 300 Meter weiter zur Haltestelle an der L 123 gehen müsse, wäre das für sie ein ganz großes Problem: „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe“, sagt sie. Zwei mal die Woche mit dem Bus zu fahren, sei aber für sie sehr wichtig, etwa um zur Apotheke „oder einfach mal raus zu kommen“.

Die Gemeinde hält dagegen: Die Stellungnahme des Rhein-Sieg-Kreises besage, dass der Entfernungsradius zur neuen Haltestelle „vollumfänglich eingehalten wird“, stellt Sprecherin Margrit Märtens klar. Der zumutbare Radius beträgt 500 Meter.

Lärm wird für Anwohner zum Problem

„Der Schutz der Schulkinder liegt auch uns am Herzen“, ergänzt eine Frau, die an der Dreiköniginnenstraße wohnt, aber namentlich nicht genannt werden will. Trotzdem wäre sie für einen ersatzlosen Wegfall der Haltestelle – und mit der Meinung fühlt sie sich nicht allein. Als Grund führt sie die Lärmbelästigung durch die Busse an. Die Frau zählt allein werktags 56 pro Tag und Fahrtrichtung, hinzu kämen oft Belästigungen durch „Feierlustige“, die den Garten auch gern einmal als Urinal und Mülleimer benutzen würden. Abgesehen davon seien die durchfahrenden Busse zu gut 75 Prozent leer oder fast leer (siehe Infokasten).

Nicht zuletzt verweist die Frau auf Anwohner am Ortseingang, die sich ebenfalls durch die Busse „massiv" beeinträchtigt fühlten, zudem komme es regelmäßig zu Unfällen bei deren Ortsdurchfahrt.

Angesichts der widerstreitenden Interessen hätte sich Ortsausschussmitglied Menke eine Diskussion mit mehr Vorlauf gewünscht: „Es war eindeutig von allen teilnehmenden Mitgliedern des Ortsausschusses ein Fehler, zu diesem Zeitpunkt so unvorbereitet überhaupt eine Empfehlung abzugeben.“ Solche für einen Ort wichtigen Themen müssten auf die Tagesordnung „und können nicht spontan in der Sitzung angesprochen, beurteilt und entschieden werden“. Dabei übt er auch Selbstkritik: „Ich muss mir da natürlich auch an die eigene Nase packen, wünsche mir in Zukunft aber vom Vorsitzenden des Ortsausschusses sowie vom Beigeordneten ein verantwortungsvolleres und transparenteres Vorgehen.“

Dem Vorwurf der Überrumpelung widerspricht Gemeindesprecherin Margrit Märtens: „Es wurde in der Sitzung ausführlich über die Möglichkeiten diskutiert.“ Das Thema hätte auch vertagt werden können, stattdessen sei aber einstimmig entschieden worden. Zum weiteren Verfahren sagt sie: „Die einstimmige Empfehlung, den Linienweg zu verlegen, wurde an den Ausschuss für Umwelt Klima und Mobilität verwiesen.“ Aufgrund des vorgetragenen weiteren Diskussionsbedarfs werde die Verwaltung empfehlen, den Sachverhalt nochmals in den Ortsausschuss zu verweisen.

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