Neubaugebiet Rondo Wachtberg Wohnen ohne Durchgangsverkehr

BERKUM · Rondo. Das klingt nach klassischer Musik, Wanderzirkus und Italien. Anstelle von Musik gibt es im Wachtberger Neubaugebiet mit diesem Namen zurzeit Baulärm. Wie kleine Manegen sind die drei Quartiere eingeteilt und machen das Straßennetz für Fremde zum Irrgarten. Dafür gibt es ein alteingesessenes italienisches Restaurant um die Ecke.

 Justus und Freundin Finja plantschen im Vorgarten.

Justus und Freundin Finja plantschen im Vorgarten.

Foto: Nicolas Ottersbach

Von dessen Biergarten aus konnten die Gastronomie-Brüder Giuseppe und Alessio Schito genau beobachten, wie sich die grüne Wiese seit 2008 zum Wohngebiet verändert hat. „Früher standen hier die Kühe, man konnte bis hoch zur Hauptstraße gucken“, sagt Giuseppe Schito. Zuerst ragten die Häuschen am „Rosenhain“ gegenüber dem Hallenbad in die Höhe, dann folgte der Lavendel- und zuletzt der Apfelgarten. Mittlerweile sind alle 91 Grundstücke verkauft, gebaut wird nur noch im zweiten Abschnitt des Apfelgartens.

Dort werkelt die vierköpfige Truppe um Polier Matthias Renter seit Monaten, um die Häuser so schnell wie möglich schlüsselfertig zu bekommen. Vier Eigenheime haben sie schon gebaut, im Moment sind die letzten beiden im „klassischen Stil“ dran, daneben gibt es noch moderne und mediterrane Häuser. Er selbst wohnt in Troisdorf, könnte sich aber vorstellen, ins Rondo zu ziehen. „Die Lage hier ist schon gut, nicht weit weg von der Stadt und trotzdem ziemlich ruhig.“ Am besten gefällt ihm aber der Ausblick: auf der einen Seite das Siebengebirge, auf der anderen das Radom, das größte der Welt. Die große weiße Kugel der Fraunhofer-Gesellschaft ist eine geschlossene Hülle für (Radar-) Antennen. „Beim Bretterschneiden darauf gucken zu können, ist schon etwas Besonderes“, sagt Renter.

Während die Bauarbeiter ziemlich einsam schuften, tun sich die Rondo-Bewohner zusammen – und das nicht nur fürs Aufräumen nach dem Unwetter, von dem auch diese Siedlung nicht verschont geblieben war. „Wir haben hier alle dieselben Probleme: Keiner weiß, wie's geht“, beschreibt Alexander Racek die Nachbarschaft. Von gegenüber kommt Ralf Merchel oft vorbei. Zurzeit säen sie gemeinsam bei Raceks den Rasen ein. Dabei tauschen sie nicht nur Erfahrungen aus, sondern auch Werkzeuge. So muss sich nicht jeder alles kaufen.

„Unser Ziel ist ja, einmal hier zu bauen und dann nie wieder“, sagt Racek. Seine Frau Anke und er hatten sich das Grundstück 2011 im Internet ausgesucht, da lebten die gebürtigen Bayern aus beruflichen Gründen noch in den USA. Sie wollten nicht mehr umziehen und entschieden sich letztlich dann Eigenheim. „Das ist natürlich teuer, aber das ist wie mit einem Neuwagen: Wir können alles so gestalten, wie wir möchten“, sagt Alexander Racek.

Dass die Häuser in einem Neubaugebiet nicht günstig sind, dürfte jedem klar sein. „Aber dennoch erschwinglich“, findet Astrid Bernhart. Die junge Mutter lebt mit ihrem Mann und drei Kindern seit einem Jahr an der Alten Gasse. Als die Familie auf der Suche nach einem Baugrundstück war, stieß sie sofort aufs „Rondo-Wohnen“, wie es die Gemeinde Wachtberg nennt. „Obwohl hier nur Familien mit Kindern leben, ist es fast immer ruhig“, sagt Bernhart. Das liegt vor allem am Wegekonzept. Jedes Quartier ist für Autos nur über eine Einfahrt zu erreichen, Durchgangsverkehr gibt es also nicht.

Für Besucher ist es ganz schön nervend, sich durch die Rondelle zu schlängeln und dann festzustellen, dass man wieder an der Stelle ist, an der man reinkam. „Das haben mir schon viele gesagt“, so Astrid Bernhart. Aber sie nimmt das gerne in Kauf. Denn die Kinder können auf der Straße spielen und sich gegenseitig besuchen, ohne an gefährlichen Straßen vorbeigehen zu müssen. Anders ist das, wenn es in den katholischen Kindergarten geht: Dafür müssen die Knirpse über die Hauptstraße laufen. Die meisten Eltern bringen den Nachwuchs deshalb persönlich vorbei.

Den Genuss, den Kindergarten direkt vor der Tür zu haben, haben auch nur die wenigsten. Denn die Plätze sind im Gegensatz zur Grundschule ausgebucht. Auch der Spielplatz ist für ein Familien-Wohngebiet unterdimensioniert: Außer einem Klettergerüst gibt es dort nur Sandkasten und Sitzbank.

So schön das Rondo-Wohnen ist, so viel Sorgen macht man sich wegen der Neuen Mitte in Berkum, die direkt oberhalb geplant ist. „Wir befürchten, dass es durch das Verkehrsaufkommen richtig laut wird“, sagt Astrid Bernhart. Schon jetzt verstopfen die Straßen, wenn samstags viele Wachtberger im Einzelhandelszentrum einkaufen gehen. Sie stapft deshalb nur noch zu Fuß mit den Einkaufstüten los. Wegziehen kommt für sie nicht infrage.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort