Historischer Rundgang in Adendorf Zeitreise durchs rheinische Töpferzentrum

Wachtberg-Adendorf · Adendorf stieg im 18. Jahrhundert zu einem Zentrum der Töpferkunst auf. Die Kunsthistorikerin Margit Euler bietet historische Rundgänge.

 Margit Euler führt die Teilnehmer der Wanderung durch Adendorf.

Margit Euler führt die Teilnehmer der Wanderung durch Adendorf.

Foto: Axel Vogel

„Eine Kunst für sich“, wiederholt die Denkmal- und Keramikexpertin Margit Euler, um auf die besondere Kreativität der Adendorfer Töpfer aufmerksam zu machen, mit denen sie sich seit vielen Jahren wissenschaftlich beschäftigt. Einen Teil ihres Wissens gibt die promovierte Kunsthistorikerin regelmäßig bei Rundgängen auf dem von ihr mit konzipierten „Töpferpfad“ weiter.

Los geht es am so genannten Kasseler Langofen an der Töpferstraße, an der bis heute Familienbetriebe mit klassischen Produkten wie mit neuen Formen erfolgreich sind. Alles begann 1743, als die Herren von Burg Adendorf Töpferfamilien aus dem Westerwald ins „Ländchen“ holten. Begünstigt wurde die Ansiedlung durch den hellen Ton aus der Grube am Adendorfer Ortsrand, das Brennholz aus dem Kottenforst und den günstigen Zugang zum Salz für die Glasuren.

Die Öfen zum Brennen des Steinzeugs, die besagten „Kasseler Langöfen“, wurden von den Töpfern selbst mit Feldbrandziegeln gebaut, erläutert Euler. „Der innen und außen verputzte Ofenraum wurde von einer tonnengewölbten Decke mit vielen kleinen Öffnungen überspannt. Durch sie warf man beim Schlussbrand zentnerweise Salz hinein. Gleichzeitig dienten die Öffnungen dazu, Luft im Ofen zirkulieren und entstandene Chlordämpfe entweichen zu lassen.“

Auf die oberste Produktreihe wurden Probescherben gelegt, die in der Endphase des Brandes herausgenommen und zerbrochen wurden.

„An der Beschaffenheit der Bruchkanten las der erfahrene Töpfer ab, welchen Festigkeitsgrad die Ware besaß. Der voll besetzte Ofen wurde bis auf ein Guckloch zugemauert. Dann begann das langsame Anheizen, damit die Temperatur im Innern nicht zu schnell anstieg und die Ware durch zu raschen Feuchtigkeitsverlust keine Risse bildete. Im 18. Jahrhundert verwendete man zum Heizen hauptsächlich Buchen- und Eichenholz, später auch Briketts. Nach einer gewissen Brenndauer wurde der Brand begutachtet und nach Erreichen einer Temperatur von über 1 200 Grad mit dem Salzen begonnen.“

Der Aufstieg Adendorfs zu einem rheinischen Töpferzentrum begann Mitte des 18. Jahrhunderts mit dem Zuzug einiger Westerwälder Kannenbäcker. Damit steht Adendorf in der langen Tradition der rheinischen Steinzeugproduktion, die um 1200 begann, von wenigen Töpferfamilien beherrscht wurde und die von Frechen über Siegburg in den Westerwald gewandert war.

Der Besitzer der Burg Adendorf, Friedrich Ferdinand von der Leyen, der zugleich Landesherr der kleinen reichsunmittelbaren Herrschaft Adendorf war und seine Residenz in Koblenz hatte, kannte nicht nur die Not der Töpfer aus dem Westerwald, sondern auch die lokalen Adendorfer Vorzüge für dieses Handwerk: guter Ton in geringer Tiefe, Holz zum Brennen im nahen Kottenforst und die günstige Verkehrslage, die den Absatz der Töpferware garantierte.

Ein imposanter Blick in die „Grube Erhard“, wo der Rohstoff in so genannten Gewinnaktionen abgebaut wird, lässt die Größe der vor circa 20 Millionen Jahren entstandenen Tonlagerstätte halbwegs erahnen. Auf alten schwarz-weiß Fotos erkennt man, wie sich noch in den 40er Jahren mit Pressluftspaten der mühsame Tonabbau gestaltete.

Heute baut die Firma Sibelco Deutschland zweimal im Jahr Ton ab. „Zumindest noch in den nächsten Jahren. Wie es dann weitergeht, da muss man mal schauen“, so Euler. Zum Abschluss des Rundgangs gibt es für die Teilnehmer noch einen Blick in die mit Wasser gefüllten Trichter für „Tonlöcher“ im Adendorfer Wald.

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