Museen in Wachtberg Zu jeder Scherbe eine Geschichte

ADENDORF · Familie Hansen sammelt seit Jahrzehnten Exponate für ihr privates Töpfereimuseum.

 Joachim und Walli Hansen stehen vor dem Nachbau eines zweizügigen Salzbrandofens, in dem Gebrauchsstücke gebrannt wurden, vor allem Töpfe und Krüge.

Joachim und Walli Hansen stehen vor dem Nachbau eines zweizügigen Salzbrandofens, in dem Gebrauchsstücke gebrannt wurden, vor allem Töpfe und Krüge.

Foto: Axel Vogel

Vorbei sind die Zeiten, als der Feuerschein der Brennöfen Adendorf nachts förmlich glühen ließ. Von den ehemals rund 40 Töpferbetrieben gibt es heute noch fünf Standorte. In die Geschichte des Handwerks kann man im privaten Töpfermuseum der Familie Hansen an der Erhard-Fischer-Straße eintauchen. Joachim und Walli Hansen sammeln dort seit mehr als 50 Jahren Gefäße und Figuren, Werkzeug, Fotos und Dokumente.

Grundstein der Sammlung waren zwei große Töpfe aus salzglasiertem Steinzeug, die Walli Hansen 1960 mit in die Ehe brachte. Heute füllen Vorratsgefäße in allen Größen, Milchkrüge und Wasserflaschen, Salbentöpfe und dekorative Geschenkartikel die Regale. Zu nahezu jeder Scherbe gibt es eine Geschichte. Auf diese Weise halten die Hansens die Adendorfer Töpfertradition lebendig.

Öllampen und Ziegel, die den Abdruck einer Hundepfote tragen, führen die Besucher bis in die Römerzeit zurück. Die Blüte der Töpferei begann Mitte des 18. Jahrhunderts, als Westerwälder Töpfermeister die Not in ihrer Heimat hinter sich ließen und nach Adendorf auswanderten. Hier gab es guten Ton in geringer Tiefe, Holz zum Brennen aus dem nahen Kottenforst und gute Verkehrsverbindungen für den Verkauf. Eines der Prunkstücke des Privatmuseums ist ein kunstvoller Dachreiter, der einst den Dachfirst einer Töpferei an der Schützenstraße schmückte.

Das Interesse der Adendorfer, ihr Handwerk bewahrt zu wissen, war schon immer groß. "Teilweise haben die Leute aus dem Dorf uns Krüge gebracht", erzählt Walli Hansen. "Und wir haben auf den Speichern im Ort nachgeguckt", ergänzt ihr Mann. Auf Trödelmärkten kaufen die Sammler heute nur noch besondere Stücke, die ihnen bisher fehlten, wie kürzlich eine kleine Teekanne.

Herzstück der Ausstellung ist ein nachgebauter Salzbrandofen. Hier können die Besucher sehen, wie die fertigen Tongefäße für den Brand geschichtet wurden, getrennt mit sogenannten Brennhilfsmitteln. Diese kleinen Steinzeugfliesen haben die Hansens gesammelt und zu einem blau-grauen Mosaikboden zusammengesetzt, der dem Museumsraum und dem benachbarten Veranstaltungsraum eine besondere Atmosphäre verleiht.

Wer mit den Hansens spricht, kann viel über das Handwerk lernen. Beide haben jahrzehntelange Erfahrung und Zeit für Museumsführungen, denn den Betrieb führt inzwischen die nächste Generation. Joachim Hansen zeigt zum Beispiel, wie schwer es war, an einer nur mit Händen und Füßen betriebenen 150 Jahre alten Töpferscheibe große Töpfe zu drehen. Die Malerei war Frauenaufgabe. "Jeder Pinselstrich saß", sagt Walli Hansen mit Blick auf die dekorativen blauen Muster. Am Farbauftrag kann man übrigens die wirtschaftliche Situation des Töpfers erkennen. "Hatten sie wenig Geld, dann war die Farbe so blass wie hier", zeigt die Expertin. Walli Hansen zieht die Steinzeuggefäße heute noch jeder Kunststoffdose vor. "Es fängt nichts an zu schwitzen und es bleibt alles wunderbar frisch", sagt sie.

Das Gästebuch zeigt, dass das Töpfereimuseum beliebtes Ziel beim Damenprogramm war, wenn Staatsgäste die nahe Hauptstadt Bonn besuchten. Es gibt Dankesschreiben aus dem Bundespräsidialamt und aus der US-Botschaft. Die Zeiten, in denen die Adendorfer Straßen für Staatsbesuche gesperrt wurden, sind vorbei. Heute freuen sich die Hansens, wenn Schulklassen vorbeikommen, um etwas über die Geschichte ihrer Heimat zu erfahren.

Infos

Wer sich für eine Führung durch das Privatmuseum interessiert, kann sich in der Töpferei Thomas Hansen unter der Telefonnummer 02225/7874, melden. Eine Übersicht über die Adendorfer Töpferbetriebe und ihre Angebote gibt es unter der Rubrik Tourismus auf www.wachtberg.de.

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